Die Redaktion der ARD-Talksendung "Caren Miosga" wollte den amtierenden Finanzminister mit den dringlichsten Problemen der Ampelkoalition, zu aktuellen Streitthemen, unterstellten Gerüchten über die angezählte Zukunft der Regierung, aber auch forcierten Belastungen für die Bürger konfrontieren. Lindner parierte als Medienprofi alle Fragen und formulierte unbeeindruckt von den Realitäten im Land inhaltsleere Worte wie "Es gehört zur ökonomischen Vernunft, dass Deutschland stabil bleibt".
Konfrontiert mit den real existierenden finanziellen Abgründen eines aktuellen Haushaltslochs von rund 30 Milliarden Euro, diese auch aufgrund der Ampelpolitik seit Dezember 2021, erklärte der Finanzminister, er wolle dieses "mit gestiegenen Steuereinnahmen durch eine boomende Wirtschaft" wieder ausgleichen. Zu dem Vorwurf anwesender Gäste, er würde sich zu der wiederkehrenden Frage, ob die FDP unter seiner Führung bezogen auf die derzeitige Koalition sich auch ein vorzeitiges Ende vorstellen könnte, nie unmissverständlich positionieren, antwortete Lindner:
"Es gibt keinen Blankoscheck in der Politik. Dann wäre ich ja erpressbar."
Sein Ziel sei es demnach weiterhin "einen guten Haushalt vorzulegen und eine Wirtschaftswende in dem Stil zu erreichen", wie er es regelmäßig darlegen würde. Es gebe dabei durchaus unterschiedliche Sichtweisen innerhalb der Ampel-Regierung. Diese würden "natürlich auch zu Streit führen", so Lindner. Er "spüre jeden Tag die Grenzen, an die wir stoßen." Trotzdem hätte die Ampel-Regierung es bisher immer geschafft, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Lindner meinte erklären zu müssen:
"Die Schulden von heute sind die Steuererhöhungen von morgen. Denn am Ende des Tages muss es immer jemand bezahlen, und das sind die Bürger!"
Das kontrovers wahrgenommene Thema Bürgergeld, auch bezüglich der Erhöhung zu Jahresbeginn, wurde dann in der Talkrunde mit Kristina Dunz, stellvertretende Leiterin des Hauptstadtbüros des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) und dem Ökonomen und Professor für Volkswirtschaftslehre, Jens Südekum, diskutiert. Linder darlegend für die ARD-Zuschauer:
"Wenn wir etwa die Geflüchteten aus der Ukraine nehmen, dass die im europäischen Ausland überproportional häufiger in Arbeit sind, als in Deutschland […] also müssen wir uns doch fragen: Was stimmt an unserem System nicht? […] Wenn Menschen arbeiten, dann hat das natürlich einen Effekt auf den Staatshaushalt, weil die Leute nichts empfangen, sondern sie zahlen Steuern und Abgaben."
Der Finanzminister führte dann weiter aus:
"Aber Arbeit ist doch mehr. Das ist doch auch Sinnstiftung. Das strukturiert den Alltag, das verbessert Lebenschancen. Aus diesem Grund spreche ich von einer Wirtschaftswende. Den Leuten Lust machen auf die Überstunde, weil sich die vielleicht (sic!) steuerlich lohnt, weil man nicht alles abgibt beim Staat. Dafür zu sorgen, dass sich Arbeit lohnt. Das brauchen wir. Vielleicht sogar eine Mentalitätsreform!"
Die statistisch belegte Kinderarmut im Land, "die Zahl der Kinder in Armut ist gestiegen", sei dabei eine Realität, so Lindner, "parallel zu der großen Migration nach Deutschland über die letzten Jahre". Lindner erläutert:
"Wir haben immer mehr Wünsche und Anforderungen an den Staat. Der Sozialetat wird immer größer, auch weil sich für viele die Arbeit nicht mehr lohnt. Ich bin dafür, für alle die Steuerlast zu senken!"
Aufgrund der seit Jahren hohen staatlichen Belastungen, "auch wegen der Corona-Krise", so Lindner ausführend, "zahlen wir gegenwärtig mehr Zins, als wir Wachstum haben". Der Minister warnt daher, dass "wir uns strangulieren würden", wenn wir noch mehr Schulden machen würden.
Abschließend wagt der FDP-Politiker die Prognose:
"Noch drei Jahre Disziplin, dann können wir es uns gut erlauben, auf die Tilgung der Pandemie-Schulden zu verzichten. Bringt zehn Milliarden Euro pro Jahr. Und wenn wir dann noch auf den Sport der Politik verzichten, jeden Tag eine neue Staatsaufgabe, eine neue Subvention, dann wird uns das gelingen."
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