Laut Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) wurden die Herausforderungen durch die deutsche Wirtschaft insgesamt ganz gut gemeistert. Die Energiewende kommt zügig voran, Deutschland erreicht voraussichtlich seine für 2030 gesteckten Klimaziele, die Abkopplung von russischen Energieträgern gelang ohne größere Probleme. Wer das nicht so sieht, äußert "nicht nachvollziehbare Kritik". Der Bundesrechnungshof stellte Habecks Energiewende ein verheerend schlechtes Zeugnis aus und Habeck daraufhin selbiges dem Bundesrechnungshof.
Daher wird es sicherlich interessant sein, wie Habeck auf die nun geäußerte Kritik von herausragenden Wirtschaftswissenschaftlern reagieren wird. Diese lässt sich einfach zusammenfassen: Keine Krise der letzten Jahrzehnte hat den Lebensstandard der Deutschen so gesenkt wie Habecks Management der Energiekrise in der Folge der Russland-Sanktionen. Weder die Wirtschaftskrise, die durch die politischen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung von Corona ergriffen wurden, noch die Finanzkrise in den Jahren nach 2008 hat so tief auf die deutsche Gesellschaft durchgeschlagen wie Habecks Management der Energiekrise.
Die Kritiker sind namhaft. Tom Krebs war Berater von Olaf Scholz (SPD) während dessen Zeit als Finanzminister. Er ist wissenschaftliches Mitglied der Mindestlohnkommission und einer der Autoren. Die in den USA lehrende Wirtschaftswissenschaftlerin Isabelle Weber war im Beraterstab von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) und ist Co-Autorin der Veröffentlichung. Das Ergebnis der Studie ist vernichtend: Mit der späten Reaktion auf die Energiekrise habe die Bundesregierung eine "starke Verringerung des Lebensstandards" hingenommen, "mit der Menschen weit in die Mitte der Gesellschaft hinein konfrontiert wurden". Gleichzeitig hat das Missmanagement maßgeblich zum Erfolg der AfD beigetragen.
Ein schlechteres Zeugnis lässt sich einem Wirtschaftsminister kaum ausstellen. Habeck hat den Lebensstandard der Deutschen gesenkt.
Die Autoren belegen das mit viel Material. Aus den Zahlen geht hervor, dass die Reallohnverluste in der Energiekrise von 2022 weit höher ausfielen als zur Zeit der Finanzkrise 2008 und in der Corona-Krise von 2020.
Die Autoren fassen das Ergebnis ihrer Untersuchung der Reallohnentwicklung im Krisenjahr 2022 prägnant zusammen: Arbeiter und Angestellte mussten die "höchsten Reallohnverluste in der deutschen Nachkriegsgeschichte" hinnehmen. Die Energiepreisbremse kam zu spät und sorgte für Verunsicherung. Die Bundesregierung lässt die Bürger im Zweifelsfall mit von ihr ausgelösten Problemen allein, war die Botschaft. Die AfD war dank tatkräftiger Untätigkeit Habecks im Aufwind.
Dabei deuten die Studienautoren an, dass die Zerstörung der deutschen Wirtschaft unumkehrbar sein könnte.
"Zu Beginn des Jahres 2024 gibt es immer noch keine Anzeichen für eine wirtschaftliche Erholung, und die gesamtwirtschaftliche Produktion liegt mittlerweile rund sieben Prozent und die Reallöhne rund zehn Prozent unter ihrem Vorkrisen-Trend."
Sollte nicht unmittelbar gegengesteuert werden, drohe Deutschland der Verlust seiner wirtschaftlichen Stärke.
"Dieser Politikfehler, zusammen mit dem Fehlen einer kohärenten Industriepolitik, könnte der Anfang vom Ende der industriellen Stärke Deutschlands gewesen sein."
Signale, die auf "Umsteuern" hindeuten könnten, sucht man allerdings unter den Ampelkoalitionären vergeblich. Doch auch die größte Oppositionspartei im Bundestag, die CDU, setzt nicht auf Investitionen und Steigerung der Kaufkraft. In der Krise fällt auch ihr immer nur "Sparen" ein.
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