Lauterbach kann durchatmen ‒ Bundesrat bestätigt Cannabislegalisierung

Nachdrücklichen Warnungen und Mahnungen seitens Psychologen, Therapeuten und Kinderärzten zum Trotz ließ die final zuständige Länderkammer das Gesetz passieren. Ab dem 1. April eröffnen sich damit neue Märkte und zudem Chancen für Händler und Konsumenten.

Nach langer politischer und gesellschaftlich breiter kontroverser Auseinandersetzung hat der Deutsche Bundestag am 23. Februar 2024 den Gesetzentwurf der Bundesregierung "zum kontrollierten Umgang mit Cannabis" (20/870420/8763) abschließend gebilligt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte im Anschluss die Länder nachdrücklich davor gewarnt, die geplante Legalisierung zu verzögern. Das Gesetz sei wichtig beim Kampf um die Entkriminalisierung. Eine vorherige "Cannabis-Politik der letzten zehn Jahre" sei gescheitert, so der Minister gegenüber der ARD. Der Bundesrat hat nun in seiner Sitzung am 22. März das Cannabisgesetz gebilligt. Anträge auf Einberufung des Vermittlungsausschusses fanden dabei keine Mehrheit. 

SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag im Jahr 2021 vereinbart, eine "kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften" politisch umsetzen zu wollen. Sogenannte Eckpunkte der geplanten Legalisierung wurden laut dem frisch gekürten Bundesgesundheitsminister breit abgesteckt, die wiederum zwischen den Ministerien der Bundesregierung abgestimmt werden mussten.

Erste Formulierungen informierten, dass durch das Gesetz die Hanfpflanze Cannabis nicht mehr rechtlich als Betäubungsmittel eingestuft wird. Zudem soll die Straffreiheit auch gelten, wenn Jugendliche unter 18 Jahren mit Cannabis erwischt werden. Jugendämter könnten in diesen Fällen Teenager zur Teilnahme an Präventionskursen verpflichten. Vor allem die unionsgeführten Länder äußerten vehemente Kritik gegen die Pläne. Die nun im Bundesrat benötigte Stimmenmehrheit im Plenum – mindestens 35 der insgesamt 69 Stimmabgaben – konnte nicht umgesetzt werden. Das weitere Procedere lautet, dass abschließend Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz durch seine Unterschrift besiegelt.

Lauterbach erklärte heute vor den Bundesratsmitgliedern:

"Ich bin selbst über viele Jahre Gegner der Cannabis-Legalisierung gewesen. Ich habe meine Meinung geändert. Wir führen mit dem Gesetz nicht Cannabis in Deutschland ein. Der Konsum in Deutschland ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Ist es nicht an der Zeit, dass wir den Schwarzmarkt bekämpfen?"

Die nun geltenden Gesetzespunkte lauten gemäß der Seite des Bundesrats:

Der Deutsche Hanfverband informiert seine Mitglieder zudem darüber, dass laut grün-initiierten Gesetzesplänen "alle Menschen, gegen die ein Strafverfahren ausschließlich wegen Besitz, Anbau, Handel etc. von Cannabis geführt wurde und die sich sonst nichts weiter zuschulden haben kommen lassen (keine Gewalt etc.), vollständig amnestiert werden müssen". Die Bild-Zeitung zitiert zu diesem Punkt die Rede von Berlins Justizsenatorin vor dem Bundesrat:

"Felor Badenberg (parteilos) moniert den Straferlass (Amnestie) für verurteilte Kiffer. 3.500 Verfahren müssten die Staatsanwälte allein in Berlin wieder eröffnen. Ein Riesen-Aufwand! An Gesundheitsminister Lauterbach gewandt, sagt Badenberg: 'Ich bitte um Verständnis, dass es mir schwerfällt zu glauben, dass damit eine Entlastung der Justiz verbunden ist.'"

Berlin hat sich dann bei der Abstimmung zum Cannabis-Gesetz enthalten. Auch NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) argumentierte, dass der nun eingeforderte Straferlass "für schon verurteilte Kiffer einen großen Aufwand für die Bundesländer darstelle". Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), als Gegner des Gesetzes, attackierte Lauterbach mit der Feststellung: "Was Sie hier angerichtet haben, ist demokratieschädlich." Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) erkannte in seiner Rede, dass das Gesetz "die ersten Monate ein Booster für den Schwarzmarkt wird". Weitere Reaktionen nach dem Ja zum Gesetz lauten im Rahmen von X-Postings:

CSU-Parteichef Söder kommentierte: "Unser Land ist damit auf dem Irrweg." Marco Buschmann, FDP-Bundesminister der Justiz, stellte kurz und knapp fest: "Deutschland beendet die gescheiterte repressive Politik bei Cannabis." Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) rechnet mit kommenden Schwierigkeiten und einer Mehrbelastung für die Polizei. Der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende, Alexander Poitz, mahnte kritisch an:

"Die Länder haben die Chance vertan, angesichts vieler offener Fragen politische Vernunft walten zu lassen. Ab dem 1. April werden unsere Kolleginnen und Kollegen in zahlreiche Konfliktsituationen mit Bürgerinnen und Bürgern geraten."

Mitte März kritisierte der Verbandspräsident vom Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) die geplante Legalisierung:

"Sie ‒ die Bundesregierung ‒ sieht die berechtigten Einwände von Ärzten und Juristen nicht. Wir sehen schon bei Alkohol und Nikotin, dass das in der Lebensrealität nicht gelingt. Der Konsum ist problemlos an den gesetzlichen Regeln vorbei möglich. Schutz und Kontrolle werden nicht leichter, wenn mit der Cannabis-Legalisierung jetzt eine dritte Substanz dazukommt."

Karl Lauterbach gab gegenüber der ARD gewohnt überzeugt zu Protokoll, dass "besonders die Ausweitung des Schwarzmarktes und die Zahl der Drogentoten alarmierend und entscheidend" für die von ihm eingeforderte Legalisierung gewesen sei.

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