Der Theaterregisseur Stephan Suschke hat sich in einem offenen Brief an den eskalationsfreudigen Politiker Anton Hofreiter von den Grünen gewandt und ihn aufgefordert, doch selbst zur Waffe zu greifen und zu kämpfen. Er solle endlich nicht immer nur den Mund aufmachen, sondern "dienen – IN STAHLGEWITTERN". Die Berliner Zeitung veröffentlichte den wütenden Text bereits am Donnerstag.
"Sehr geehrter Herr Hofreiter", beginnt Suschke seine Zeilen noch. Er finde es gut, dass Hofreiter mit den ebenfalls als Hardlinern bekannten Politikern Norbert Röttgen und Marie-Agnes Strack-Zimmermann "Seit' an Seit'" marschieren wolle:
"Da wird deutlich, dass auch ein ungedienter Grünen-Politiker sein patriotisches Herz auf dem richtigen Fleck hat. Ich finde auch, dass Sie – natürlich gemeinsam mit den anderen beiden – endlich die Waffe ergreifen sollten und unsere Freiheit am Dnjepr, also am Dnipro, um genau zu sein, verteidigen sollten."
Das mit dem "Verteidigen der Freiheit" habe ja am Hindukusch auch schon gut geklappt. Es sei auch gut, "gegen die Russen endlich mal auf der richtigen Seite" zu stehen "und diese Schmach des verlorenen Weltkriegs ausmerzen" zu können. Suschke erinnert an die fragwürdige Verdrehung der Geschichte durch Hofreiters Parteifreunde:
"Für Ihre, die Geschichte mutig umdeutende, Grünen-Kollegen Marieluise Beck und Ralf Fücks hat ja eigentlich das ukrainische Volk Hitler besiegt. Das waren wahrscheinlich die von Herrn Melnyk so geschätzten Bandera-Leute, die sich nach ihren Judenmorden als Wiedergutmachung in die Rote Armee eingereiht haben. Es werden sich Quellen in amerikanischen Archiven finden lassen, da werden die Kollegen von Annalena findig sein, waren sie immer. Die Russen hatten nichts anderes zu tun, als unsere deutschen Frauen zu vergewaltigen, während die Ukrainer mutig und keusch vorangestürmt sind."
Dann fordert der Regisseur den Politiker auf, doch endlich selbst zur Tat zur schreiten – und zu kämpfen:
"Aber ich denke, für Sie wäre es gut, wenn Sie nicht nur immer den Mund aufmachen, sondern endlich konsequent sind und dienen – IN STAHLGEWITTERN. Die Deutschen brauchen solche Vorbilder wie Sie. Ich auch. Dann gewinne ich endlich den Glauben an Politiker zurück."
Suschke prangert sodann den "Etikettenschwindel mit der Heinrich-Böll-Stiftung". Dieser Etikettenschwindel müsse aufhören, es gebe "etliche bessere Namen" als den des Pazifisten Böll:
"Da gibt es doch : Ernst Jünger wäre vielleicht ein bisschen feige, besser wäre Erwin Rommel – ein Siegertyp, hatte dummerweise Kontakt zu den Verrätern vom 20. Juli; bleibt nur General Rudel, aufrechter Kämpfer gegen die Russen in 2.530 Feindflügen, mit einer Abschussquote, bei der Putin bleich werden würde: 3 Schiffe, 70 Landungsfahrzeuge und 519 Panzer! Das waren noch deutsche Soldaten. Aber da fuhr auch die Deutsche Bahn regelmäßig."
"Die Grünen", fordert Suschke weiter, sollten sich nun auch praktisch zu ihren lange schamhaft verborgenen ideologischen Wurzeln bekennen – und "gegen den Russen, den gemeinsamen Feind" kämpfen. "Die Reihen fest geschlossen ...", mit Annalena und Katrin in der ersten Reihe, der Gleichberechtigung wegen:
"Das wird vielleicht mit der Frisur bei der Annalena ein bisschen schwierig werden, aber von dem gesparten Steuergeld kann sie noch die eine oder andere Granate für die Ukraine im Diplomatenkoffer mitbringen. Wenn die Agnes SZ mit ihren Freunden von Rheinmetall spricht, würden die vielleicht eine Sonderedition produzieren: DIE GUTE ANNALENA."
Auf den Friseur könne man verzichten, doch der Fotograf werde gebraucht:
"Aber der Fotograf müsste unbedingt dabei sein, weil er den neuen Akzent von Annalena dokumentieren muss: das role model feministischer Außenpolitik im Schützengraben, in den Weiten der Ukraine, das entscheidende Add-on für die Weltpolitik und das in Tarnfarben – ich sehe den Oscar schon vor mir. Nicole Kidman könnte das gut spielen. Des einen Stahlhelm ist das Gesicht der anderen."
Er vermute allerdings, dass Hofreiter "Argumente gegen den deutschen Stahlhelm" auf seinem Kopf habe, weil er sich für unverzichtbar an der Heimatfront halte. Er solle aber diese Position noch einmal überdenken und mehr Mut wagen, "gerade im Angesicht dieses feigen, läppischen Kanzlers, der halsstarrig versucht, Deutschland aus dem Schussfeld russischer Waffen rauszuhalten":
"Eine dumme, man darf ja nicht mal sagen, rückwärtsgewandte Position. Leider, wegen dem Hitler und der Moral, die Sie und Ihre Partei ja klugerweise gepachtet haben; das müsste man erst ein bisschen zurechtbiegen, aber da denken ja die Marieluise und der Ralf vor. Nichtsdestotrotz vorwärts, oder wie das so schön im Ersten Weltkrieg hieß: Jeder Schuss ein Russ!"
"In kriegerischer Verbundenheit", mit dieser Formal schließt Suschke seinen bitteren Brief, um dann noch ein Postskriptum anzufügen:
"Weil vom Namensgeber Ihrer Stiftung die Rede war. Pflichtlektüre für Sie und nicht nur Ihre Grünen-Kollegen wäre Heinrich Bölls "Der Zug war pünktlich": die Reise eines deutschen Soldaten, die ins Herz der Ukraine führt und in den Tod."
Der 1958 in Weimar geborene Autor und Theaterregisseur Stephan Suschke ist noch bis zum Ende der Saison Schauspieldirektor am Landestheater Linz. In den späten 1980er und frühen 1990er Jahren war er enger Mitarbeiter des Dramatikers Heiner Müller.
Anton Hofreiter aus Bayern ist Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen und dort der Vorsitzende des EU-Ausschusses im Deutschen Bundestag. Anders als viele seiner Fraktionskollegen verfügt Hofreiter über eine abgeschlossene Ausbildung – er ist promovierter Biologe. Bei der Bundeswehr wurde er nach eigenen Angaben 1990 ausgemustert. Gemeinsam mit den ebenfalls im Text genannten Scharfmachern seiner Partei war er bei der Verteilung der Ministerposten 2021 leer ausgegangen, gehört jetzt aber zu den vehementesten Verfechtern einer Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an die Regierung in Kiew.
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