Die Schülerin, die vor etwa drei Wochen wegen eines TikTok-Posts von Polizisten und Schulleiter aus dem Unterricht in einem Gymnasium in Ribnitz-Damgarten geholt und einer Art "Gefährderansprache" unterzogen wurde, hat der Darstellung des Vorgangs durch Polizei und den Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns in wesentlichen Punkten widersprochen.
Anlass für die Maßnahme war ein Post des Mädchens auf TikTok, in dem sie für die AfD warb. In diesem erschienen Schlümpfe und eine Deutschlandkarte, und es hieß: "Die Schlümpfe sind blau – und Deutschland auch!". Zum Zeitpunkt des Polizeieinsatzes hatte sie den Post wieder gelöscht.
In einem Interview, das die Zeitung Junge Freiheit mit der Schülerin und ihrer Mutter führte, kritisierte zunächst die Mutter die Aussage von Innenminister Christian Pegel, der Einsatz sei verhältnismäßig gewesen:
"Ich bitte Sie, meine Tochter wurde vor aller Augen quasi abgeführt! Und Herr Pegel meint, sie wäre ja schließlich nicht in Handschellen gelegt worden. Das ist zynisch."
Das Mädchen widersprach der Darstellung der Polizei, die anderen Schüler hätten die Beamten gar nicht wahrgenommen. In deren Pressemitteilung vom 14.03.2024 hieß es:
"Hierfür [für ein "Aufklärungsgespräch mit präventivem Charakter"] bat der Schulleiter die Schülerin aus dem Unterrichtsraum, während sich die Beamten in der Nähe auf dem Flur befanden und somit nicht von Mitschülern der Klasse wahrgenommen wurden."
Die 16-Jährige stellte den Vorgang gegenüber der Jungen Freiheit so dar:
"Es war am 27. Februar, einem Dienstag, so kurz vor zehn: Wir hatten gerade Chemieunterricht, Säuren und Basen. Da sehen wir durchs Fenster, wie ein Polizeiwagen vorfährt. Drei Beamte steigen aus. Sie betreten die Schule. Kurz darauf steht Schuldirektor Zimmermann in der Tür."
Die Polizisten hätten den Unterrichtsraum tatsächlich nicht betreten – seien aber sehr wohl zu sehen gewesen:
"Nein, das stimmt nicht. Es klopfte an der Tür und Herr Zimmermann trat herein, die Tür wurde dabei von ihm so weit geöffnet, dass der Rest der Klasse deutlich wahrnehmen konnte, dass dort drei Beamte stehen. Alle dachten wir, was ist jetzt los? Und dann fiel mein Name – da schwante mir sofort, worum es ging."
Dann beschreibt die Schülerin, wie sie von Polizisten und Schulleiter ins Lehrerzimmer geführt wurde:
"Also bin ich rausgekommen und dann ging es zum Lehrerzimmer: ein Polizist vor, einer hinter mir, einer seitlich und auf der anderen Seite halbschräg Herr Zimmermann."
Ob sich Polizisten und Schulleiter zufällig so positionierten oder ob es darum ging, die Strenge der Maßnahme zu verdeutlichen, wisse sie nicht:
"Ich weiß nur, was ich erlebt habe, und das war, von Polizisten umrahmt durch die Schule geführt worden zu sein, durchs Atrium, wo mindestens zwei höhere Klassen saßen: Sämtliche Stimmen verstummten und alle haben mich angestarrt – das war wirklich sehr, sehr unangenehm. Gott sei Dank erreichten wir endlich das Lehrerzimmer. Aber leider waren dort schließlich noch Herr Zimmermanns Sekretär, unsere Hausmeister und ein Lehrer, was mir wieder sehr peinlich war, denn was würden sie denken, wenn ich so hereingeführt werde?"
Im Lehrerzimmer sagten ihr die Polizisten, dass ihre Handlung keine strafrechtliche Relevanz besäße. Dennoch sei die Rede von Volksverhetzung und Verfassungsfeindlichkeit gewesen. Als sie erklärt habe, die AfD sei weder rechtsextrem noch verfassungsfeindlich, habe der Schulleiter die Augen verdreht.
Ein Polizist habe ihr gesagt, sie habe auf TikTok schon "zu viel Nationalstolz gezeigt". Die Polizisten hätten gefordert, dass sie das künftig unterlasse. Sie habe zugestimmt, weil sie "sowieso mit den Videos aufgehört habe". Ihre Videos seien ohnehin immer wieder von TikTok gelöscht worden, obwohl sie darauf geachtet habe, nichts Unerlaubtes zu posten. AfD-feindliche Inhalte würden dagegen nie gelöscht, selbst wenn sie Gewaltaufrufe enthielten.
Die Polizisten hätten die "Gefährderansprache" mit der Aussage gerechtfertigt, sie "wüssten ja nicht, wie ich so drauf bin, ob ich nicht vielleicht anderen 'die Fresse poliere'", und hätten betont, dies diene nur ihrem eigenen Schutz.
Von der Polizei durch die Schule geführt zu werden, war "das absolut Peinlichste, was mir je geschehen ist". Mittlerweile gehe es ihr wieder gut. Sie sei überwältigt von der Solidarität, "die mir in den sozialen Netzwerken von vollkommen fremden Menschen zuteil wird".
Die Mutter erklärte, dass die Schule an ihrer Tochter ein Exempel statuieren wollte: "Schaut her, das machen wir mit Schülern, die politisch nicht in unserer Spur laufen!". Sie sieht die Schuld nicht bei den Polizisten, die nur ihre Arbeit getan hätten, sondern beim Schulleiter.
Dieser habe sich bei einem Telefonat hinter einer Anweisung des Bildungsministeriums verschanzt, wonach bei Verdacht auf rechtsextremistische und verfassungsfeindliche Inhalte Ministerium und Schulamt zu informieren und die Polizei zu verständigen sei. Ihre Frage:
"Warum aber wissen wir Eltern nichts davon?"
Sie hoffe, dass die AfD im Landtag den Vorgang aufklären könne und dass Konsequenzen daraus gezogen würden. Jeder könne bei einer derartigen Vorgabe falsche Behauptungen über einen Mitschüler aufstellen, dies sei "ein Freifahrtschein für Mobbing". Wenn Schulen die Polizei rufen, ohne wenigstens parallel die Eltern einzuschalten, sei eine rote Linie überschritten.
Vom Schulleiter hätte sie eine Entschuldigung und eine Klarstellung gegenüber den Mitschülern erwartet, nachdem sich herausstellt hatte, dass ihre Tochter nichts falsch gemacht hatte.
Über den Polizeieinsatz im Gymnasium in Ribnitz-Damgarten hatte am Mittwoch zunächst die Junge Freiheit berichtet, dann folgten andere Medien wie RT DE und Nius. Nach der ersten Berichterstattung veröffentlichte die Polizei – über zwei Wochen nach dem Vorfall – am Donnerstag eine Pressemitteilung.
Erst dann folgte eine dpa-Meldung, die von den zahlreichen Mainstream-Medien übernommen wurde, und in der der Einsatz als normal dargestellt wurde. Kurz darauf erschienen Berichte über eine "Hetzkampagne" gegen das Gymnasium, die auf "eine Kampagne rechtspopulistischer Medien und von AfD-Politikern" zurückgingen.
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