Seit Oktober kann man vergünstigte Fahrkarten bei der Deutschen Bahn nur noch gegen Preisgabe seiner Identitätsdaten erwerben. Ohne großes Aufsehen und erst recht ohne öffentliche Debatte hat die Deutsche Bahn im Oktober den Kauf einer Sparpreis-Fahrkarte oder die Nutzung einer Bahncard mit 25-prozentiger oder 50-prozentiger Fahrtarifersparnis fast über Nacht nur noch für Reisende mit Identitätsfreigabe ermöglicht. Während es zu den Bahnstreiks und Sturmstörungen bei der Bahn täglich mehrere Sondersendungen gibt, bleibt es zur allmählichen Totalüberwachung der Reisenden medial ganz ruhig.
Wenn man heutzutage noch anonym reisen möchte, muss man sich inzwischen am Bahnschalter im Bahnhof eine Fahrkarte der teuersten Kategorie erwerben und bekommt keinerlei Ermäßigung mehr. Entsprechend kann sich nur noch die betuchte Bahnkundschaft das anonyme Reisen erlauben. Alle anderen, auch diejenigen, denen das beim Kauf einer Bahncard zuletzt nicht erklärt wurde, können diese nur noch unter Preisgabe ihrer Identität nutzen. Bisher war es so, dass man beim Fahrkartenkauf die Bahncard-Ermäßigung mündlich angeben konnte, und dafür erhielt man wunschgemäß den vergünstigten Tarif.
Diese Vergünstigung wird einem jetzt nur noch nach Vorlage der Bahncard gewährt. Die Bahnbeamtin trägt die persönlichen Kundendaten vor Ausdruck der Fahrkarte in der digitalen Reiseverwaltung der Deutschen Bahn ein. Auch die Reisenden, die ganz ohne Bahncard ein Sparpreis-Ticket erwerben möchten, müssen sich identifizieren. Am Fahrkarten-Automaten kann man Spartickets nicht mehr ziehen. Am Montag berichtete Neopresse dazu: "Die Bahn kommunizierte diese einschneidende Neuerung bislang sehr zurückhaltend." Es sei aber dennoch klar, wohin diesbezüglich die Reise gehen solle:
"Ohne Smartphone und damit ohne rund um die Uhr Überwachung durch Google, Microsoft und andere Datenkraken geht in Zukunft nichts mehr,"
so das Online-Magazin.
Die Aufsichtsräte der Ampel-Regierung hätten diese Überwachungsmaßnahme seitens der Deutschen Bahn abgenickt. Neben der Bewegungskontrolle der Bürger würde die Bahn damit zukünftig Menschen diskriminieren, die sich kein persönliches digitales Überwachungsgerät kaufen wollten und diese Form der Überwachung ablehnten. Schließlich würden Menschen vom Reisen ausgeschlossen, die digitale Geräte nicht bedienen könnten.
Dabei gebe die Bahn keine "ernst zu nehmende Begründung für diese Neuerung". Im Laufe dieses Jahres sollen zudem alle Bahncards auf den Smartphone- und App-Zwang umgestellt werden. Dann gibt es Preisermäßigung grundsätzlich nur noch für Bahnreisende, die bereit sind, ihre Fahrkarte auf ihr persönliches Handy zu laden. Sie werden damit gezwungen, vielfältige persönliche Daten zusammenzubringen – und beim Reisen quasi nebenbei noch verpflichtet, das Smartphone auf Schritt und Tritt mit sich herumzutragen.
Gegen das digitale Tracken der Bahnkunden mittels des installierten DB-Navigators hatte das Fachmagazin Digitalcourage bereits im Oktober 2022 Klage gegen die Bahn eingereicht. Das Fachmagazin beschwerte sich, dass man als Bahnnutzer dem Tracking seitens des DB-Navigators nicht widersprechen könne. Das Nachverfolgen der Kunden sei rechtswidrig, so Digitalcourage in der Klage. Die Klageerwiderung der Deutschen Bahn fasste Digitalcourage im Juni 2023 wie folgt zusammen: "Sehr kurz gefasst steht auf diesen vielen Seiten: Die Bahn möchte gerne auch weiter ihre Nutzer.innen tracken, ohne ihnen eine Möglichkeit zu geben, dies abzustellen."
Seitens der Regierung sei diese Kundenüberwachung von folgenden Politikern zu verantworten, zitierte Neopresse aus dem Bericht von Norbert Häring: "Anja Hajduk, Staatssekretärin im grün geführten Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Susanne Henckel, Staatssekretärin im FDP-geführten Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Michael Sven Puschel, Leiter der Abteilung Bundesfernstraßen im FDP-geführten Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Bernd Reuther, MdB (FDP), Stefan Gelbhaar, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) und Dorothee Martin, MdB (SPD)."
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