Das deutsche Verteidigungsministerium hat die Echtheit des Audiomaterials einer Besprechung von Bundeswehroffizieren bestätigt. Das berichtet das ARD-Hauptstadtstudio.
Nach dieser Meldung hat eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums dem ARD-Hauptstadtstudio mitgeteilt:
"Es ist nach unserer Einschätzung ein Gespräch im Bereich der Luftwaffe abgehört worden. Ob in der aufgezeichneten oder verschriftlichten Variante, die in den sozialen Medien kursieren, Veränderungen vorgenommen wurden, können wir derzeit nicht gesichert sagen."
Am 19. Februar war von den Russen offenbar eine Beratung hoher Luftwaffen-Offiziere abgehört worden, die per Zoom-Schaltung im Internet übertragen worden war. In der Offizierskonferenz habe man über die Vorbereitung eines 30-minütigen Briefings für Verteidigungsminister Boris Pistorius beraten. Pistorius sollte zur Machbarkeit eines "Taurus"-Einsatzes in der Ukraine gebrieft werden.
Die Bundeswehroffiziere hatten auch "offen" darüber geredet, dass US-amerikanische und britische Militärs als Bodentruppen in der Ukraine eingesetzt seien. Zudem hatten sie beraten, wie man ukrainisches Personal in Deutschland für den Taurus-Einsatz auszubilden könnte. Schließlich hatten sie über einen Einsatz von Taurus-Raketen zur Zerstörung der Krim-Brücke gesprochen. Diese Brücke verbindet das russische Festland mit der Krim.
Aktuell herrsche Verwunderung darüber, "wie offenkundig leichtfertig das Führungspersonal der Bundeswehr kommuniziert und auf ungeschützten Leitungen hochsensible Inhalte bespricht", heißt es in der ARD-Meldung. Nach Expertenmeinung ist das ein "Super-GAU" für die Bundeswehr. Der WDR-Journalist Florian Flade erklärte, damit sei der Dilettantismus der Bundeswehr im Sicherheitsbereich entlarvt.
"Dieser Vorfall ist durchaus schwerwiegend. Sicherheitspolitisch ist das nahezu ein Super-GAU, weil hier mehrere Dinge erreicht werden, die Moskau in die Karten spielen", so Flade.
Außerdem hätten die Offiziere dem Bundeskanzler widersprochen. Olaf Scholz hatte zuletzt eine Taurus-Lieferung an die Ukraine mit der Begründung verweigert, dann müssten deutsche Soldaten zur Bedienung der Taurus-Raketen in die Ukraine geschickt werden.
In dem insgesamt 38 Minuten dauernden Gesprächsmitschnitt seien weitere "hochsensible Informationen" durch die deutschen Offiziere bekannt gegeben worden. Die deutschen Bündnispartner sind bestimmt auch nicht glücklich über die Bekanntgabe, dass deren Militärs bereits in der Ukraine sind. Dazu kommentierte der WDR-Journalist Flade:
"Letztendlich muss man auch sagen, einige der Partnerstaaten, die USA, Großbritannien und auch Frankreich, dürften nicht sehr happy sein, dass sie da hören, dass ihr Personal in der Ukraine bereits präsent ist."
Wie die Bundeswehr mit dem "mutmaßlichen Spionagefall" umgehen wird, ist noch nicht geklärt. Als Vorsitzende des Verteidigungsausschusses äußerte sich Marie-Agnes Strack-Zimmermann schon zu der Aufdeckung. Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland hat sie die Naivität der Deutschen angeprangert. Mit "unserer Naivität" müsse nun "endlich Schluss sein" gab die ARD Strack-Zimmermanns Aussage wieder. Aufgrund des massiven Anstiegs von Cyberangriffen, Spionage und Desinformationen müsste Deutschland seine Spionageabwehr erhöhen, schlussfolgerte die FDP-Politikerin:
"Wir müssen dringend unsere Sicherheit und Spionageabwehr erhöhen, denn wir sind auf diesem Gebiet offensichtlich vulnerabel."
Verteidigungspolitiker wie der Unionspolitiker Florian Hahn verlangen eine "umfassende Aufklärung" des Vorfalls. Scholz solle im Verteidigungsausschuss dazu Stellung nehmen. Roderich Kiesewetter nimmt an, dass Russland weitere Gespräche abgehört hat. Diese könnte das Land zu einem für es passenden Moment ebenfalls veröffentlichen, teilte der CDU-Politiker dem ARD-Hauptstadtstudio mit.
Am Freitag publizierte RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan auf ihrem Telegram-Kanal den Mitschnitt eines Gesprächs hochrangiger Offiziere der Bundeswehr. Simonjan schreibt, sie habe den Mitschnitt vom russischen Geheimdienst erhalten.
Eine Sprecherin des deutschen Verteidigungsministeriums lehnte es am Freitag auf RT-Anfrage ab, die Information über den Mitschnitt mit dem Gespräch der Bundeswehroffiziere zu kommentieren:
"Bitte beachten Sie, dass wir Medienberichterstattungen und deren Inhalte grundsätzlich nicht kommentieren."