Der russischen VTB Bank werden in Deutschland offenbar Rechte aus ihrer Beteiligung an einer Tochterbank kalt entzogen. Wie die Moskauer Zeitung Iswestija am Donnerstag unter Berufung auf den Pressedienst der Großbank berichtet, weigert sich die in Frankfurt am Main ansässige Bank OWH SE (ehemals VTB Bank Europe), Anteile der Mutterbank anzuerkennen, und fordert gar in den zurückliegenden zehn Jahren nach Moskau überwiesene Dividenden aus der Beteiligung zurück. Auch andere russische Medien berichten darüber.
Die VTB, heißt es in den Meldungen von Iswestija und RBK, habe von der deutschen OWH SE eine Mitteilung über Maßnahmen erhalten, die darauf abzielen, der VTB Bank das Recht auf den Besitz ihrer europäischen Tochtergesellschaft zu entziehen. Die VTB betrachte diese Aktionen als politisch motiviert.
Bereits im Jahr 2022 wurde der VTB das Recht entzogen, in Europa über finanzielle Vermögenswerte zu verfügen. Die Tochterbank wurde daraufhin umbenannt. Jetzt bestreitet die OWH SE das Recht der Muttergesellschaft, Anteile an der deutschen Bank zu halten, und fordert die Rückzahlung von zwischen 2013 und 2022 gezahlten Dividenden in Höhe von mehr als 433,8 Millionen Euro, so der Bericht.
Die Geschäftsführung der OWH SE hält offenbar Informationen über die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften durch die VTB beim Erwerb von Anteilen und im Rahmen von Unternehmensumstrukturierungen von 2001 bis 2020, einschließlich der Umstrukturierung der VTB Bank (Deutschland) AG im Jahr 2017, zurück, um die Beteiligungsverhältnisse zu verschleiern und der Muttergesellschaft den Rechtsweg zu erschweren.
Die Gründe für das Vorgehen der deutschen Seite sieht man in Moskau auf der politischen Ebene. Bei weiteren Verstößen gegen Beteiligungsrechte werde man sich gezwungen sehen, Vergeltungsmaßnahmen gegen diejenigen zu ergreifen, die man einst als Partner betrachtet habe, zitiert Iswestija den Pressedienst der VTB Bank.
Am 9. April 2022 hatte die deutsche Bankenaufsicht die Kontrolle über die VTB Bank Europe übernommen. Wie aus der Stellungnahme der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hervorgeht, war es der VTB Bank Europe untersagt, den Anweisungen der Muttergesellschaft Folge zu leisten. Darüber hinaus durfte die VTB ihre Aktionärsrechte nicht ausüben.
Auf der Homepage der OWH SE selbst sind folgende Informationen zum aktuellen Status der Gesellschaft verfügbar:
"Die außerordentliche Hauptversammlung der VTB Bank (Europe) SE i.L., Frankfurt am Main, hat am 11. Dezember 2023 eine Änderung der Firma beschlossen. Mit Wirkung vom 2. Januar 2024 firmiert die Bank als OWH SE i.L. Mit Beschluss der außerordentlichen Hauptversammlung der Bank vom 24. März 2023 in Frankfurt am Main ist die Bank zum 1. April 2023 aufgelöst und in ein Liquidationsverfahren überführt. Die Abkürzung 'i.L.' im Firmennamen steht daher für 'in Liquidation'. Im Rahmen ihrer Liquidation wickelt die OWH SE i.L. alle bestehenden Geschäfts- und Kundenbeziehungen ab."
Auf der Homepage wird eingeräumt, dass die VTB Bank mit Sitz in Sankt Petersburg Mehrheitsaktionärin der OWH SE i.L. ist. Weiter heißt es, dass die zuständige Aufsichtsbehörde, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), der PJSC VTB Bank die Ausübung der Stimmrechte aus den von ihr gehaltenen Anteilen an ihrer Tochtergesellschaft VTB Bank (Europe) SE, also der heutigen OWH SE i.L., untersagt habe. Gleichzeitig habe die BaFin der Geschäftsleitung der Bank untersagt, Weisungen der VTB Bank zu befolgen. Im Juni 2022 habe das Amtsgericht Frankfurt am Main auf Antrag der BaFin einen Treuhänder, der seitdem die Stimmrechte der PJSC VTB Bank auf Hauptversammlungen ausübt. Diese Maßnahmen führen – zusammen mit dem angeordneten Verbot von Zahlungen oder sonstigen Vermögensübertragungen zugunsten der VTB-Gruppe – dazu, dass die Bank vollständig von ihrer russischen Muttergesellschaft und deren Konzern abgeschirmt ist.
Mehr zum Thema - Russischer Top-Banker: Sanktionierte Finanzinstitute hatten ein "äußerst erfolgreiches" Jahr