Das Land befindet sich in einem medial-politisch forcierten Zustand der emotionalen Erregung. Teile der Gesellschaft, ein verorteter "Aufstand der Anständigen", versammelt sich seit Wochen quer durch die Republik, um sich alleinig gegen die AfD zu positionieren. Der Deutsche Journalisten-Verband forderte in einer offiziellen Mitteilung "Warnhinweise" zur Partei AfD in Artikeln "wie auf Zigarettenschachteln". Nachweislich waren auch CDU-Mitglieder bei den künstlich aufgeblasenen "Deportationsabsprachen" in Potsdam anwesend. Dies provoziert keinerlei Reaktion, genauso wenig wie auch eine kürzlich erfolgte Attacke eines CDU-Mitglieds auf eine NDR-Mitarbeiterin.
Vollkommen unaufgeregt berichtet die NDR-Sendung Hallo Niedersachsen über die jüngste CDU-Regionalkonferenz in Hannover. Es kommt zu einer Live-Schaltung, im Hintergrund spricht der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz vor den Delegierten. So weit, so unspektakulär.
Kurz vor Ende ihrer Live-Ansage gesellt sich ein bis dato unbekanntes CDU-Mitglied aus dem Saal zu der NDR-Reporterin Katharina Seiler, um sie verbal wie auch körperlich zu bedrängen. An seinem Anliegen lässt er keinen Zweifel: "Können Sie das woanders machen?" Die NDR-Mitarbeiterin wehrt sich mit dem Hinweis: "Das geht so nicht!"
Der Sender schaltet umgehend zurück ins Studio, der anscheinend in diesem Falle amüsierte NDR-Moderator Jan Starkebaum bittet die Zuschauer, "die Störung zu entschuldigen". Ein Videoausschnitt des Ereignisses fand seinen Weg zur Plattform X. Dort reagierte Thorsten Hapke, Chefredakteur beim NDR Niedersachsen, höchstpersönlich auf die Belästigung einer Mitarbeiterin:
Im zweiten Teil seines X-Posting ergänzt Hapke:
"CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat sich entschuldigt – was nicht nötig war, für individuelles Fehlverhalten kann niemand etwas. Fall damit erledigt."
Ähnliche Güte und entspannte Reaktionen gegenüber vergleichbaren Ereignissen vor oder während AfD-Veranstaltungen sind so weit nicht recherchierbar. Auch eine Ermahnung durch den Deutschen Journalisten-Verband (DJV) war demnach nicht vonnöten. Dieser hatte am 27. Februar in einer Mitteilung darum gebeten, dass "Berichterstatter, die bedrängt, beschimpft oder angegriffen wurden, sich an ihren DJV-Landesverband wenden" sollten. Aber anscheinend nur, wenn es auf Veranstaltungen der AfD passiert und/oder der leitende Chefredakteur nicht schon vorher den "Fall für erledigt" erklärt.
Die Definition "individuellen Fehlverhaltens" obliegt damit nachweislich der tagespolitischen Vorgabe der jeweiligen Sender.
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