Deutschlands ehemaliger Außenminister Joschka Fischer wiederholt im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) die Rhetorik, mit der er die Beteiligung Deutschlands am Überfall der NATO auf Jugoslawien legitimiert hat. Dieses Mal richtet Fischer seine Gräuelpropaganda gegen Russland. Dort würden die Menschenrechte missachtet, behauptet Fischer. Fischer hat mit dem Argument, in Jugoslawien werde ein Völkermord begangen, den es durch den Einsatz von Militär zu verhindern gelte, Deutschland zum ersten Mal nach 1945 in einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen ein europäisches Land geführt.
"Nie wieder Krieg, nie wieder Auschwitz, nie wieder Völkermord, nie wieder Faschismus. Beides gehört bei mir zusammen", sagte Fischer damals.
Heute argumentiert er im Hinblick auf Russland (Rechtschreibung entsprechend dem Schweizer Original):
"Wenn die Menschenrechte mit Füssen getreten werden, muss der Pazifismus in den Hintergrund treten."
Der von Fischer behauptete Völkermord in Jugoslawien war eine Lüge. Die von Fischer behaupteten systematischen Menschenrechtsverletzungen in Russland, die einen militärischen Einsatz legitimieren würden, sind es ebenfalls.
Man müsse der von Russland ausgehenden Bedrohung gemeinsam begegnen. Diese Bedrohung liege in den imperialistischen Plänen Russlands. Wladimir Putin habe die Absicht, ein russisches Imperium wiedererstehen zu lassen. Nach der Ukraine sei Moldawien das nächste Ziel von Putins Ausdehnungsträumen, behauptet Fischer.
"Wenn die Ukraine gegen Russland verliert und als Staat ausgelöscht wird, dann endet das ja nicht. (...)
Putin wird sich mit grossem Appetit neuen Herausforderungen zuwenden; die Moldau wurde schon genannt."
Fischer fordert daher von der Schweiz die Aufgabe ihrer Neutralität. Staatliche Neutralität sei ein Überbleibsel aus dem 19. Jahrhundert. Sie schützte davor, von den Großmächten "erdrückt" zu werden. Dieser Grund existiere heute so nicht mehr, ist Fischers These.
"Wir werden bedroht von der grossen Revision Putins. In dieser Bedrohungssituation sollten die europäischen Demokratien zusammenstehen. Und da ist die Schweiz in der Mitte Europas mit ihrer grossen Tradition ein wichtiger Akteur."
Fischer bleibt damit der Konfrontation verpflichtet und ignoriert völkerrechtlich bindende Verträge. Sicherheit ist ein kollektives und kein konfrontatives Konzept. Gerade die Politik Fischers steht für den Rückfall hinter diese in Völkerrecht gegossene Erkenntnis. Entsprechend diesem zivilisatorischen Rückfall plädiert Fischer auch für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine.
"NZZ: Machen wir es konkret: Sollte Deutschland Marschflugkörper vom Typ Taurus an die Ukraine liefern?
Fischer: Vorsicht darf nicht zur Tatenlosigkeit führen. Wir sollten alles tun, was die Ukraine in die Lage versetzt, den Kampf erfolgreich zu bestehen.
NZZ: Sie würden das also begrüssen.
Fischer: Ja."
Die NZZ macht Fischer die Argumentation leicht, denn Fragen zum Vorlauf des Krieges und zum Anteil der NATO und Deutschlands an der Entwicklung hin zum Krieg unterbleiben.
Auch bei innenpolitischen Themen hat Fischer leichtes Spiel. Fischer war nicht bei den "Demos gegen rechts", sagt er. Er war zeitlich verhindert, wäre aber hingegangen, wenn er Zeit gehabt hätte.
Gegen wen sich die Proteste konkret richten, ist der NZZ klar, wie sie mit einer Frage an Fischer deutlich macht:
"NZZ: Ist denn die AfD eine grosse Bedrohung für die Demokratie in Deutschland?
Fischer: Ich will es nicht darauf ankommen lassen, dass eine Nachfolgepartei der Nazis wieder die Gelegenheit bekommt."
Fischer wiederholt im Anschluss die von der Rechercheplattform Correctiv behaupteten Anschuldigungen, bei einem Treffen in Potsdam, bei dem auch Parteimitglieder der AfD zugegen waren, sei es um die massenweise Ausweisung von Menschen auch deutscher Staatsbürgerschaft aus Deutschland gegangen.
Fischer setzt die AfD mit der NSDAP gleich und verharmlost daher erneut den Nationalsozialismus. Auch hier wiederholt Fischer seine rhetorische Strategie, mit der er bereits den Völkerrechtsbruch gegenüber Jugoslawien legitimiert hat. Um die Wiederkehr des Faschismus zu verhindern, sind alle Mittel recht. Anscheinend auch die des Faschismus.
Mehr zum Thema – Ex-Außenminister Fischer: "Das Beste, was wir für den Frieden tun können, ist massiv aufzurüsten"