Das Bonner Amtsgericht hat den Schriftsteller und Blogger Akif Pirinçci wegen wiederholter "Volksverhetzung" zu neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. In dem jüngsten Streitfall gegen den türkischstämmigen Schriftsteller, wurde ihm seitens der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, in seinem Online-Blog 'Der kleine Akif' mutwillig und herabsetzend gegen Migranten gehetzt zu haben. Das Urteil fällt nun höher aus, als die geforderte Strafe von sieben Monaten. Der Verteidiger kündigte unmittelbar Berufung an. Für Pirinçci ist es nicht die erste Verurteilung wegen Volksverhetzung.
Der finale Schuldspruch erfolgte nach vier Verhandlungstagen und zwei abgelehnten Befangenheitsanträgen. Pirinçcis Strafverteidiger argumentierte in der Verhandlung zum kritisierten Blog-Eintrag:
"Der Artikel mag provokant, grenzwertig und nicht für alle akzeptabel sein. Aber nicht alles, was nicht allen gefällt, ist automatisch eine Straftat."
Zudem rügte der Anwalt laut WDR die Anklage als "zu pauschal. Darin wird nicht ausreichend dargestellt, welche Passage genau eine Volksverhetzung darstellt". Der zuständige Bonner Amtsrichter beendete das Verfahren gegen den Schriftsteller mit dem Schuldspruch. Der Kläger vor Gericht war laut dem Bonner Generalanzeiger (BG) ein "Vertreter der auf Cyberkriminalität spezialisierten Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime (ZAC NRW)". Bezüglich des Blog-Texts, auf welchem die jüngste Anzeige gegen Pirinçci basiert, erläutert der BG-Artikel:
"In dem Text hatte der Blogger sich über 'Moslems oder Afros' erregt, die sich 'mikrobenartig immer weiter vermehren' und einer 'Ausländerisierung' des Landes Vorschub leisten würden. Der gesamte Text stelle einen Angriff auf die Menschenwürde dar und stachele seines Erachtens zum Hass auf Migranten auf, so der Richter weiter."
Im Juni des Vorjahres informierte Pirinçci persönlich in einem Blog-Eintrag seine Leser zu den jüngsten juristischen Auseinandersetzungen:
"Das hat Gründe. Der erste ist, dass ich auf jeden zweiten Artikel hin von der NRW-Justiz verklagt werde. Entweder wegen Beleidigung oder noch effektiver wegen Volksverhetzung, was mit den Gummi-Paragrafen 'Störung des öffentlichen Friedens' und Erschütterung 'der öffentlichen Rechtssicherheit' gerechtfertigt wird. Da ich inzwischen niemanden mehr 'beleidige', bleibt meinen Gegnern nur noch die Keule der Volksverhetzung übrig."
Für Pirinçci kam es nun zur Verurteilung, welche für ihn nicht die erste ist. Zuvor war der Autor im Dezember 2021 vom Landgericht Frankfurt am Main zu einer Geldzahlung verurteilt worden, da er die Klimaaktivistin Luisa Neubauer mit einem "sexistischen, erniedrigenden Kommentar auf Facebook" attackiert hatte. Da Pirinçci sich weigerte zu zahlen, bewirkten die Anwälte der Klimaaktivistin eine am Ende erfolgreiche Zwangsvollstreckung.
Die jüngste Verurteilung zu einer Haftstrafe konnte laut dem Deutschlandfunk nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, da sich "Pirinçci derzeit noch in der Bewährung für eine vorherige Verurteilung befindet". Das Landgericht Bonn hatte "den einstigen Katzenkrimi-Erfolgsautor", so t-online darlegend, zu vier Monaten Haft verurteilt. Pirinçci erläuterte argumentierend in seinem Blog-Eintrag im letzten Jahr zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen:
"Heißt aber weiter, dass auf gar keinen Fall die inzwischen in die Tausende gehenden Messerstechereien und Abschlachtungen im Lande, ausgeführt vornehmlich und in der Masse von einer bestimmten Gruppe von Menschen, zur Sprache gebracht werden dürfen ('Sie tun es ja nicht alle').
Wenn man sich bei diesem Thema so quer durch die Zeitungen und Blogs durchliest, ist es äußerst schwer auseinanderzuhalten, was nun in der veröffentlichten Meinung erlaubt ist und was nicht."
Der 64-Jährige würde demgegenüber nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft "zum Hass gegen die Bevölkerung aufstacheln", so der WDR-Beitrag. Außerdem unterstelle er, sie – die Ausländer – wären für eine "bis heute nicht abreißende Serie bestialischer Verbrechen vor allem an Frauen" verantwortlich.
Insgesamt wurde Pirinçci mittlerweile sechsmal wegen "strafrechtlich relevanter Äußerungen" verurteilt. Unter anderem wegen Volksverhetzung sowie mindestens einmal zivilrechtlich wegen Schmähkritik. Diese Urteile sind teilweise noch nicht rechtskräftig.
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