Gestern hat der Bundestag beschlossen, die beiden Gruppen der Linken und des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) anzuerkennen. Da die Geschäftsordnung des Bundestages derartige Fragen regelt, wohingegen die Bestimmungen über Fraktionen gesetzlich festgelegt sind, musste dies im Parlament beschlossen werden. Die Anerkennung war erforderlich geworden, nachdem sich die Fraktion der Linken in die beiden Gruppen aufgespalten hatte.
Die Anerkennung als Gruppe beinhaltet zusätzliche Mittel – nach Angaben der Tagesschau 7,4 Millionen für die Linke und 4,9 Millionen für das BSW – und einen besseren Zugriff auf die Redezeit als für einzelne Abgeordnete. Gegen die Redezeitzuteilung, die bei Debatten von 90 Minuten ganze drei Minuten je Gruppe beträgt, bestanden keine Einwände. Beide Gruppen sowohl im Ältestenrat vertreten als auch in den Ausschüssen. Beide Gruppen erhielten das Initiativrecht, sie dürfen also eigene Gesetzentwürfe in den Bundestag einbringen.
In einem Punkt führte die neue Geschäftsordnung allerdings eine neue, restriktive Regelung ein: Jede Gruppe darf maximal zehn Große oder Kleine Anfragen stellen. Große Anfragen führen zu einer Debatte im Bundestag; Kleine Anfragen müssen binnen zwei Wochen schriftlich beantwortet werden. In der parlamentarischen Arbeit sind sie oft der einzige Weg, um die eigene Position darzulegen und gelegentlich die Regierung tatsächlich ins Schwitzen zu bringen.
Die Beschränkung löste schon vor ihrer Verabschiedung eine Debatte aus; Dietmar Bartsch, langjähriger Fraktionschef der Linken, hatte bereits vorab erklärt, die Kleinen Anfragen seien "eines der wirksamsten Mittel der Oppositionsarbeit". Er forderte "die Regierungsfraktionen auf, das zu korrigieren". Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger sagte, "wenn notwendig, ziehen wir für unsere Rechte vors Bundesverfassungsgericht".
Am Freitag erklärte nun auch Sahra Wagenknecht im Interview mit der Welt: "Wir werden nochmal überlegen, ob wir dagegen auch rechtlich vorgehen." Sevim Dağdelen unterstützte diese Position. Gegenüber der Berliner Zeitung sagte sie: "Minderheitenrechte sind ein Wesensmerkmal unserer Demokratie. Wer das Frage- und Kontrollrecht von Minderheiten neuerdings beschränken will, droht die demokratische Kultur weiter zu beschädigen."
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