Bartsch blickt besorgt auf Ost-Wahlen – Linke fordert von BSW Mandate in Sachsen zurück

Das Superwahljahr 2024 wirft schon jetzt seine Schatten voraus: Vor allem bei der Partei Die Linke geht die Angst um, bei den anstehenden drei Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg unter die Räder zu kommen. Speziell mit Blick auf das "Bündnis Sahra Wagenknecht" wird mit harten Bandagen gekämpft.

Den durch den Austritt von Sahra Wagenknecht und ihre Gefolgsleute verloren gegangenen Fraktionsstatus bezeichnete Dietmar Bartsch als "Tiefpunkt" für seine Partei Die Linke. Im Interview mit dem Portal web.de sagte der ehemalige Fraktionsvorsitzende mit Blick auf das Jahr 2024 und die anstehenden Landtagswahlen:

"Politischer Druck von links wird dringend gebraucht. Das sehen wir in diesen Tagen. Ob es die berechtigten Bauernproteste sind, die Inflation, die wieder anzieht, oder der obszöne Reichtum einiger weniger – all das erfordert eine linke Opposition im Bund. Vor allem, da die Ampel so hilflos agiert. Ich sehe es so: Wir haben nach einer viel zu langen Zeit der quälenden Selbstbeschäftigung nun die Chance, wieder Politik zu machen."

Die Situation sei "dramatisch, aber sie ist nicht chancenlos". Man wolle sich nun verstärkt auf die Länder- und kommunale Ebene begeben. Der Bundesregierung unterstellte Bartsch eine "katastrophale Politik". Davon habe Die Linke allerdings nicht profitieren können. Das "Bild der Zerstrittenheit", das nach außen dringt, sei schuld daran: "Es wirkte so, als würden wir uns nur mit uns selbst beschäftigen. Natürlich: Wir müssen in der Sache um den besten Weg streiten. Aber die persönlichen Angriffe müssen aufhören, das ist verheerend. Ich weiß aus Erfahrung: Der Abstieg geht schnell, zurückzukommen dauert länger, das ist harte Arbeit."

Auf Twitter/X tat sich Bartsch mit ähnlichen Plattitüden hervor. Er postete am Donnerstag:

"Die Linke muss ihren Charakter als gesellschaftliche Opposition deutlicher machen. Die nächsten zwei Jahre entscheiden. Der Abstieg geht schnell, zurückzukommen dauert länger, das ist harte Arbeit. Nur gemeinsam haben wir eine Chance. Der Osten ist die Herzkammer der Linken."

Mit Blick auf Wagenknecht gab sich Bartsch zunächst eher verhalten. Die Partei der langjährigen Weggefährtin, das "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW), sei nur "ein Konkurrent mehr – nicht mehr und nicht weniger". Er sei aber nicht froh, dass sie nun weg ist:

"Nein, ich habe bis zum Schluss darum gekämpft, dass sie und ihre Mitstreiter in der Fraktion bleiben. Historisch haben Spaltungen und Abspaltungen in der Linken noch nie zu mehr Erfolg geführt – das gilt bis heute. Schauen wir nach Griechenland: Dort hat Syriza regiert, inzwischen ist sie mehrfach gespalten. Schauen wir nach Italien. Die Kommunistische Partei hat in besseren Zeiten bis zu 35 Prozent geholt. Heute gibt es fünf linke Parteien, mehr oder weniger alle bedeutungslos."

Ostdeutsche Interessen allerdings habe Die Linke vernachlässigt, für viele gelte sie als Teil des Establishments. Beides müsse sich wieder ändern: "Die Löhne im Osten sind Tausende Euro niedriger als im Westen. Wie sind die Spitzenpositionen in Politik, Wirtschaft, Justiz, Medien besetzt? Vor allem mit Westdeutschen. Kennen Sie einen Ostdeutschen, der im Westen Minister ist? Ich nicht. Umgekehrt aber schon. Ich will das Thema der benachteiligten Ostdeutschen wieder stärker ins Zentrum unserer Politik rücken."

Dennoch gönnt man Wagenknecht und ihren Mitstreitern nichts. Laut MDR kracht es gerade in Sachsen: Anlass ist der Austritt von vier Zwickauer Stadtratsmitgliedern aus der siebenköpfigen Fraktion der Linken. Diese haben nun selbst eine eigene Fraktion des BSW im Stadtrat gebildet. Lars Kleba, Landesgeschäftsführer der Linken in Sachsen, forderte die Politiker am Montag dazu auf, ihre Mandate zurückzugeben. Er betonte:

"Die Stadträte sitzen dank des Programms und der Ressourcen der Linken im Stadtrat. Auch wenn die Zusammenstellung unserer Listen eine Personenwahl ist: Als Einzelkandidatinnen und -kandidaten hätten sie wohl kaum den Sprung in den Stadtrat geschafft."

Die Wähler hätten ihre Stimme für linke Politik abgegeben. "Wer inmitten der Wahlperiode plötzlich für ein anderes Wahlprogramm eintritt, betrügt seine Wähler", so Kleba. Wagenknecht und Co. betonen jedoch stets, dass Die Linke ohne sie als prominentes Flagschiff und ihre Mitstreiter bei den letzten Wahlen erst gar nicht mehr in den Bundestag oder eben auf kommunaler Ebene in die entsprechenden Gremien eingezogen wäre.

In Sachsen kommt Die Linke derzeit laut Forsa-Umfrage nur noch auf sechs bis sieben Prozent der Wählerstimmen, in Brandenburg zeichnet sich ein ähnlich trübes Bild ab, und auch in Thüringen muss die Partei von Ministerpräsident Bodo Ramelow mit 16 Prozent deutlich Federn lassen: Die Regierungskoalition mit SPD und Grünen steht derzeit nur bei gut 28 Prozent. Die Wagenknecht-Partei käme dort derzeit auf 11,1 Prozent.

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