In der sächsischen Landeshauptstadt Dresden sorgt aktuell ein unerklärlicher Vorfall für Aufregung. Mitten in der von Touristen überfüllten Altstadt wurde am helllichten Tag eine Gedenkinschrift abgeschliffen, die an die alliierten Bombenangriffe am 13. und 14. Februar 1945 erinnert hatte.
Über die Hintergründe gibt es unterschiedliche Darstellungen. Die örtliche Plattform für regionale Nachrichten Tag24 berichtet, dass am Mittwoch vergangener Woche ein unbekannter Mann mit einer "Flex" die Buchstaben der Inschrift abgeschliffen habe. Ein Passant habe den Mann darauf angesprochen und von diesem die Antwort erhalten, er "mache das weg, weil die Inschrift einem in der Stadt nicht gefallen hätte".
Erst am Sonntag – vier Tage nach der Tat – machte die Nachricht im Netz die Runde. Über die Urheberschaft herrschte weiterhin Rätselraten.
Der Oberbürgermeister von Dresden Dirk Hilbert (52, FDP) gab sich am Montag zunächst unwissend. Eine halbe Stunde später veröffentlichte die Stadt jedoch eine Erklärung, die viele Dresdener sprachlos machte. Darin hieß es:
"Die Umgestaltung der Erinnerungsstätte für die Opfer der Luftangriffe des 13. und 14. Februar 1945 geschieht planmäßig."
Zu weiteren Details wolle man am Dienstag informieren. Auf eine Anfrage von RT DE teilte die Stadt Dresden der TV-Redaktion mit, dass es sich um geplante Bauarbeiten gehandelt habe. Man bedauere, dass dies der Öffentlichkeit nicht vorab kommuniziert worden sei:
"Im Zuge der planmäßigen Bauarbeiten auf dem Altmarkt wurde eine Inschrift auf dem Bauwerk der Tiefgarage entfernt, die zum Erinnerungsort gehört. Das wurde vorab nicht kommuniziert und sorgte so berechtigterweise für viele Fragen in der Bevölkerung dazu."
Die Entscheidung, die Inschrift zu entfernen, sei bereits 2017 getroffen worden und Bestandteil der Bauverträge. In der Zukunft soll auf dem Altmarkt eine Stele mit neuer Inschrift installiert werden. Die neue Inschrift solle nach dieser Auskunft der Stadtverwaltung wie folgt lauten:
"An dieser Stelle wurden von Ende Februar bis Anfang März 1945 die Leichen von 6.865 Menschen verbrannt. Ihre Asche wurde auf dem Heidefriedhof in einem Massengrab beigesetzt. Sie waren Opfer der Bombenangriffe auf Dresden vom 13. bis zum 15. Februar 1945, bei denen 25.000 Menschen ihr Leben verloren."
Der bisherige, nach dem Ende der DDR im Zuge des Wiederaufbaus der Dresdner Frauenkirche und des Altmarktes aufgebrachte und nun weggeschliffene Text lautete:
"Dies ist ein Ort der Mahnung. Des Erinnerns und Gedenkens. Hier wurden die Leichname Tausender Opfer der Luftangriffe des 13. und 14. Februar 1945 verbrannt. Damals kehrte der Schrecken des Krieges, von Deutschland aus in alle Welt getragen, auch in unsere Stadt zurück."
Die Unterschiede zwischen der geplanten und der bisherigen Inschrift kann der Leser selbst beurteilen.
Britische und US-amerikanische Bomber hatten die sächsische Landeshauptstadt am 13. und 14. Februar 1945 in mehreren Wellen massiven Bombenangriffen unterzogen, die weite Teile der Stadt einschließlich der kulturhistorisch wertvollen Altstadt in Schutt und Asche legten. Über die Zahl der Todesopfer, hauptsächlich Zivilisten und Kriegsflüchtlinge aus den von der sowjetischen Armee bereits besetzten Teilen Deutschlands, gibt es nach wie vor keine endgültige Klarheit. Offiziellen Angaben beläuft sich die Opferzahl auf 25.000 bis 30.000, nicht offizielle Schätzungen setzen weitaus höher an.
Auch über den militärischen Sinn der Angriffe gibt es Streit: In der sowjetischen Geschichtsschreibung, der sich auch die DDR angeschlossen hatte, galten die Bombardierungen Dresdens so kurz vor dem Sieg der Alliierten als militärisch sinnlos. Außerdem merken Kritiker an, dass die britisch-US-amerikanischen Bomber kaum militärische Ziele angriffen. Die vorrückende sowjetische Front befand sich im Nordosten, rechtsseitig der Elbe. Ebenfalls rechtsseitig waren militärische Ziele wie Kasernen, Betriebe der Rüstungsindustrie sowie der Flugplatz konzentriert, und dort liefen zur Front führende Straßen und Bahnlinien zusammen. Von den Bombardements waren jedoch hauptsächlich links der Elbe gelegene Wohnviertel betroffen, was den Verdacht erhärtet, dass das Ziel der Planer in London und Washington ein anderes war, als der vorrückenden sowjetischen Armee zu helfen.
Nach dem Ende der DDR ist das Gedenken an die beiden Höllentage von Dresden zum Gegenstand eines regelrechten Kulturkampfes geworden. Während vereinzelte rechtsextreme Kreise das Gedenken für die Tagespolitik zu vereinnahmen suchen, zelebrieren Teile der Grünen und der Linken das Ereignis wie ein Fest und stigmatisieren das traditionelle Gedenken als "rechts" und "faschistisch". Häufig in diesen Kreisen sind provokative Äußerungen wie "Bomber Harris, do it again" (dies bezieht sich auf Arthur Harris, der die Angriffe als Oberbefehlshaber der britischen Luftwaffe angeordnet hatte; Anm.) und Ähnliches.
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