In einer Standort-Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), die der Welt am Sonntag vorliegt, bekommt die deutsche Wirtschaftspolitik historisch schlechte Noten.
An der Umfrage nahmen mehr als 2.200 Unternehmensvertreter unterschiedlicher Industriezweige teil. Die Befragung wird seit 2008 alle drei Jahre durchgeführt.
Laut dem Bericht der Welt am Sonntag bewerten Unternehmer die Wirtschaftspolitik der aktuellen Bundesregierung schlechter als die aller Regierungen unter Angela Merkel (CDU). Den Ergebnissen zufolge gibt es lediglich die Schulnote 4,8, also fast eine 5, was so viel wie mangelhaft bedeutet.
Dem Bericht zufolge ist das noch einmal eine Notenstufe schlechter als im Jahr 2020. Damals bewerteten die Betriebe die Wirtschaftspolitik mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts zumindest noch als ausreichend (3,9), drei Jahre davor sogar noch als befriedigend (2,9).
"Hausgemachte Probleme"
Wie die Welt am Sonntag schreibt, sind die schlechten Noten "viel mehr als eine persönliche Stilnote für Robert Habeck". Die Unzufriedenheit der Unternehmer sei schon mit dessen Vorgänger Peter Altmaier (CDU) hoch gewesen, da dieser bei vielen den Ruf eines "Dampfplauderers" gehabt habe.
Allerdings wurden in der aktuellen Umfrage die Rahmenbedingungen für die industrielle Produktion im Land von den betroffenen Betrieben so kritisch bewertet wie nie zuvor. Die Unternehmer stuften nahezu alle 24 abgefragten Standortfaktoren schlechter ein als drei Jahre zuvor. Der Mittelwert rutscht auf 4,0 und ist damit noch einmal kritischer als in den Jahren 2020 mit 3,6 und 2017 mit 3,3.
DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben sagte gegenüber der Zeitung:
"Stärker denn je belasten strukturelle und oft hausgemachte Probleme unseren Industriestandort."
Und weiter:
"Zunehmende bürokratische Auflagen, hohe Energiekosten und langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren prägen die betriebliche Praxis."
Der Welt am Sonntag zufolge wurden diese Faktoren allesamt mit mangelhaft bewertet. Notwendige Investitionen blieben ganz aus oder würden im Ausland getätigt. Dazu Wansleben:
"Das kann sich unser Land nicht leisten, wenn wir es mit der Zukunft der Industrie am Standort Deutschland und deren Transformation in Richtung Digitalisierung und Dekarbonisierung ernst meinen."
Laut Wansleben sind die Erwartungen an Wirtschaftsminister Habeck für das Jahr 2024 hoch:
"Die Politik hat es weiterhin in der Hand, das Vertrauen der Unternehmen in den Standort Deutschland wieder zu stärken."
Konkret sollte der "Pakt für Beschleunigung", der Planungs- und Genehmigungsverfahren schneller machen soll, rasch in den Fachgesetzen umgesetzt werden, so der Verbandschef. Wansleben fügte hinzu:
"'Solche Hoffnungszeichen sind in der schwierigen wirtschaftlichen Lage ganz wichtig', sagt Wansleben. Dazu gehöre auch ein 'deutlich ausgeweitetes Bürokratieentlastungsgesetz'."
Der Welt am Sonntag zufolge könnte das seit Langem angekündigte sogenannte Wachstumschancengesetz für eine bessere Stimmung in der Wirtschaft sorgen, wenn es zügig käme.
Der Gesetzentwurf sieht unter anderem großzügigere Abschreibungsregeln und eine Investitionsprämie vor. Doch zuletzt, so die Zeitung weiter, zeichnete sich allerdings ab, dass von dem versprochenen "ambitionierten Steuerprogramm" nicht viel übrig bleibe.
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