Von Richard Mahnke
Unter dem Begriff "De-Banking" versteht man das Kündigen von Bankkonten politisch nicht genehmer oder auffälliger Kunden. Derartige Kündigungen von Konten, die Privatpersonen oder auch Unternehmen gehören, sind mittlerweile alltäglich, ohne dass die Öffentlichkeit davon Notiz nehmen würde. Für die Betroffenen ist der Verlust des Bankkontos nicht nur unangenehm, sondern oft auch existenzbedrohend. Ziel dieser Maßnahme ist es offenbar, abweichende Stimmen zum Schweigen zu bringen.
Die Betroffenen
Im Magazin Freilich, das sich selbst als freiheitlich-konservativ beschreibt, ist vor einigen Tagen ein zweiteiliger Artikel erschienen, der versucht, das Phänomen und seine Hintergründe zu beleuchten. Das Magazin bezeichnet das "Debanking" als "eine der schärfsten Waffen des woken Establishments". Als prominente Betroffene werden unter anderem der frühere Sprecher der Identitären Bewegung Österreich, Martin Sellner, der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla und der rechte Verleger Götz Kubitschek genannt.
Sellner befinde sich demnach bei "Konto Nummer 77". Chrupalla erklärte erst im September in einer Talkshow, dass die Postbank ihm sein Konto gekündigt habe, ohne dass dies beim Moderator oder den anderen Gästen in irgendeiner Form Empörung auslöste. Kubitscheks Verlag musste bereits im Jahr 2005 alle Abonnenten der hauseigenen Zeitschrift Sezession schriftlich über eine neue Bankverbindung informieren.
Anders als im Artikel dargestellt werden allerdings nicht nur rechtsgerichtete Aktivisten, Publizisten und Medien zum Ziel von "Debanking". Auch der RT DE Productions GmbH wurden in der Zeit ihres Bestehens wiederholt Geschäftskonten gekündigt. Die Volksbank Pirna geriet erst kürzlich medial unter Druck, weil dort das Bündnis Sahra Wagenknecht und das Medienportal Apolut Konten unterhalten.
Akteure und Mechanismen im Hintergrund
Wirklich interessant wird es bei den im Freilich-Artikel beschriebenen und angedeuteten Mechanismen hinter den Kontokündigungen. Dass die "Debanking"-Opfer Gegenstand des Interesses von Geheimdiensten sind und waren, kann als gegeben vorausgesetzt werden. Relevant sind aber auch staatsnahe und -finanzierte Nichtregierungsorganisationen, die beim Ausforschen, Markieren und Diffamieren unliebsamer Meinungen eine zentrale Rolle spielen.
Ausdrücklich genannt wird die "Amadeu Antonio Stiftung" mit ihrem Portal Belltower News. Ähnlich agieren das im Artikel nicht genannte und den Grünen nahestehende "Zentrum Liberale Moderne" und die Berliner Organisation CeMAS. Zum Teil treten die Organisationen direkt an Banken heran, um diese zur Kündigung von Konten politisch missliebiger Personen zu bewegen. Auch Sellner erklärte gegenüber Freilich, er vermute hinter seinem "Debanking" "linksextreme Stiftungen und NGOs", die vom Staat finanziert würden.
"Charta der Vielfalt"
Als ideologisches Vehikel zur Einbindung von Unternehmen in Zensurmechanismen vermutet Freilich die "Charta der Vielfalt", einen von der Bundesregierung ab 2006 freundlich begleiteten Zusammenschluss von Unternehmen mit dem Ziel, "Vielfalt" und "Diversität" in der Arbeitswelt zu fördern. Zu den Gründern des Vereins gehören Unternehmen wie Daimler, Deutsche Bank und Deutsche Telekom. Die genannten "Werte" sind dabei nicht nur für die Personalpolitik der beteiligten Unternehmen maßgeblich, sondern auch für die Zulieferer – der Artikel verweist auf den Lieferantenkodex der Deutschen Telekom.
Auch bei der Kundenauswahl dürfte die Orientierung an diesen "Werten" eine Rolle spielen. Mit Kündigungen von Konten unliebsamer Kunden ist die Deutsche Bank ebenso aufgefallen wie die zu ihr gehörende Postbank. Und dieses Vorgehen beschränkt sich nicht auf Bankkonten. Auch von der Telekom ist bekannt, dass sie Verträge mit ihr unliebsamen Kunden gekündigt hat.
An private Akteure ausgelagerte Zensur
Der Artikel befasst sich noch ausführlich mit der Rechtmäßigkeit der Kontokündigungen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in einem solchen Fall vor zehn Jahren zugunsten der Bank entschieden und auf die Vertragsfreiheit verwiesen. Artikel 3 des Grundgesetzes mit seinem Verbot von Diskriminierung aufgrund politischer Ansichten greife im Privatrecht nicht. Der Autor verweist auch darauf, dass das Verbot der Diskriminierung politischer Ansichten für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes offenbar keine Rolle spielt.
Staatliche Stellen betonen in der Regel, mit Kontokündigungen nichts zu tun zu haben. Das ist allerdings bestenfalls nur formal richtig, weil, wie gesehen, die dahinterstehenden Strukturen gefördert und finanziert werden. Freilich kommt zu dem naheliegenden Schluss, dass der Staat dem "Debanking" den Weg bereite. Man könnte auch sagen, dass die Bundesregierung die Bestrafung abweichender Meinungen an private Akteure auslagert.
Das "Debanking" ist damit ein wichtiges Instrument zum Unterdrücken kritischer Meinungen und zur Einschränkung der Meinungsfreiheit. Es rangiert damit neben dem direkten Verbot kritischer Stimmen (wie im Fall von RT DE und Sputnik), der Zensur der sozialen Netzwerke unter dem Deckmantel des Kampfes gegen Desinformation und dem direkten juristischen Vorgehen gegen Kritiker – etwa durch abenteuerlich begründete Strafbefehle.
In diesem Zusammenhang sei noch einmal auf den Fall des Bloggers Hadmut Danisch verwiesen. Gegen Danisch wurde ein Strafbefehl wegen "Beleidigung gegen Personen des öffentlichen Lebens" beantragt, weil er die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang dick genannt hatte. Die Deutsche Bank kündigte ihm daraufhin ohne Angabe von Gründen sein Spendenkonto. Der Blogger äußerte den Verdacht, dass das Strafverfahren nur inszeniert war, um seine Kontodaten und die seiner Spender abzugreifen, und sprach von einem Netzwerk grün geprägter Strukturen in NGOs, Justiz, Polizei und Diensten, das versucht habe, ihn mit rechtswidrigen Mitteln "abzuschießen".
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