SPD-Parteitag: Macht hoch die Tür, die Tor macht weit – Sozialdemokraten wollen noch mehr Migration

Die SPD will den Familiennachzug für Geflüchtete erleichtern und die "zivile Seenotrettung" weiter fördern – die groß angekündigte Abschiebeoffensive spielt fast keine Rolle mehr. "Superreiche" sollen darüber hinaus stärker zu Kasse gebeten werden – wie, bleibt aber unklar.

Auf dem SPD-Parteitag in Berlin dominieren Die Jusos und der linke Parteiflügel. Sie fordern vehement einen anderen Migrationskurs, als die von Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigte Abschiebeoffensive, wie das Neue Deutschland berichtet. Ein neues Papier ist erstaunlich konkret.

Für den Parteitag von Freitag bis Sonntag in Berlin sind fast 60 Anträge zum Thema Migration bei der Parteiführung eingegangen, die jetzt in einem Leitantrag mit dem Titel "Deutschland ist ein Einwanderungsland – wir gestalten Einwanderung" zusammengeführt wurden. SPD-Vorstand und -Präsidium berieten am Donnerstag über den Entwurf, der der unter anderem auch dem RedaktionsNetzwerk Deutschland vorliegt.

Bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber wird darin die "Förderung einer freiwilligen Ausreise" betont. Zur zwangsweisen Abschiebung heißt es nur: "Wird die freiwillige Ausreise allerdings abgelehnt, so ist eine Abschiebung erforderlich."

Der Antrag setzt sich auch für die umstrittene staatliche Förderung der Rettung von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer durch Hilfsorganisationen ein. In dem Papier heißt es dazu:

"Die Seenotrettung ist eine Verpflichtung aus dem internationalen Seerecht. Zivile Seenotrettung, die diese Aufgabe und humanitäre Verantwortung übernimmt, Menschen aus Not zu retten, darf demnach auch nicht kriminalisiert werden und wird weiter von uns unterstützt."

Zwei Personalien scheinen diese Positionen künftig zu stärken: Saskia Esken und Lars Klingbeil wurden am Freitag im Amt als SPD-Vorsitzende bestätigt. Beide gelten als ausgesprochen migrationsfreundlich.

Am Freitag wurde ebenfalls beschlossen, "Superreiche" mit einer einmaligen "Krisenabgabe" zur Kasse zu bitten und für einen Umbau der Wirtschaft, die Schuldenbremse zu "reformieren". Im Gegenzug soll für 95 Prozent der Bevölkerung die Einkommensteuer sinken.

Die jüngsten Krisen hätten die "soziale Ungleichheit in Deutschland verstärkt", heißt es in dem Beschluss. Daher sollten die Menschen mit den allerhöchsten Vermögen stärker zur Verantwortung gezogen werden. Außerdem sollen Erbschaften und Schenkungen höher besteuert werden, sodass sich Multimillionäre und Milliardäre stärker an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligen. Unklar bleibt, wie das konkret umgesetzt werden soll – erst recht mit einem SPD-Kanzler, der im Cum-Ex-Skandal zahlreiche Gedächtnislücken aufweist.

Nur noch 20 Prozent sind derzeit mit der Arbeit des SPD-Politikers in diesem Amt zufrieden. Seit 1997 – so lange gibt es den "DeutschlandTrend" – hatte noch niemals ein Bundeskanzler einen derart niedrigen Zustimmungswert zu verzeichnen. 27 Prozent der Befragten finden immerhin, dass Scholz seinem Amt gewachsen ist, 68 Prozent sind jedoch vom Gegenteil überzeugt. Nur 12 Prozent bescheinigen diesem Kanzler eine überzeugende Kommunikation, 84 Prozent können eine solche nicht erkennen. Ob die neue Asyloffensive die SPD beflügeln wird, darf unter diesen Vorzeichen bezweifelt werden.

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