Der Vizekanzler und Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Bündnis 90/Grüne) hat den beiden russischen Prankstern Wowan und Lexus ein Telefoninterview gegeben – unfreiwillig. Ein Mitschnitt, der Auszüge des Gesprächs wiedergibt, ist auf Telegram und russischen Internet-Kanälen zu finden.
Die beiden Russen, die sich Habeck gegenüber als einen Vertreter der Afrikanischen Union ausgaben, konnten, soweit dies aus den publizierten Mitschnitten hervorgeht, Habeck einige bemerkenswerte Formulierungen entlocken, die nicht ganz den sonst regierungsseitig bekannten Stehsätzen entsprechen.
Der Großteil des veröffentlichten Gesprächs dreht sich um das Getreideabkommen, das der Ukraine – und Russland – den Export über das Schwarze Meer ermöglichen sollte.
Habeck äußert in diesem Zusammenhang, dass Putin "die ganze Welt und insbesondere Afrika als Geiseln nehmen" wolle. In dieser Angelegenheit könne sich der Standpunkt afrikanischer Länder als sehr nützlich erweisen. Denn wenn die afrikanischen Politiker sich deutlich äußerten, würde Putin darauf reagieren und Rücksicht nehmen, so Habeck.
Darauf stellt der vermeintliche "Vertreter der Afrikanischen Union" (im Folgenden mit AU abgekürzt) Folgendes fest und führt den deutschen Minister aufs Glatteis:
"Ich habe da noch eine Frage, zur Schwarzmeer-Getreide-Initiative. Wahrscheinlich weniger als 30 Prozent dieses Getreides wurde an die Länder Afrikas geliefert. An die Länder Europas wurden die restlichen 70 Prozent geliefert. Was denken Sie über die Position des UN-Generalsekretärs, der vorgeschlagen hat, auf die Forderungen Russlands im Rahmen des Getreideabkommens einzugehen?"
Habeck scheint dem Vorschlag zunächst zuzustimmen, bis er merkt, dass er dann von der westlichen Linie abweichen würde.
Habeck: "Ich denke, das entspricht vollkommen ... Entschuldigung ..."
AU: "Ja, sie sind bereit, die Blockade gegen die russische Bank vollständig aufzuheben."
Inzwischen hatte Robert Habeck sich gefangen – und den nötigen antirussischen Fluchtpunkt für sein Statement gefunden.
Habeck: "Ich meine, der Generalsekretär sagt vieles, was unserer Ansicht entspricht. Wenn man jedoch die Lage mehr von der geopolitischen Ebene aus betrachtet, dann, so scheint es mir, fürchtet sich Putin, Einfluss in Afrika zu verlieren, und er versucht, Afrika zwischen dem Westen einerseits und China und Russland andererseits aufzuteilen.
Wenn die Afrikaner sich untereinander einig wären und ihre Kräfte bündelten, zusammen mit der UNO und Europa, dann könnte Putin daran nicht vorbei.
Ich denke, Druck ist die einzige Sprache, die Putin versteht."
Doch der "afrikanische Politiker" lässt nicht locker und möchte wissen, welche Schritte Habeck in dieser für die afrikanischen Länder wichtigen Frage des Getreideexports gegenüber der Ukraine unternimmt. Darauf kommt Habeck auf die Lage an den ukrainischen Fronten zu sprechen.
AU: "Dreimal ja. Aber die Ukraine hasst diese Initiative, die Sanktionen gegen die russische Bank aufzuheben. Was ist da Ihre Position? Da gibt es bestimmte Probleme, bestimmte Gegenaktionen seitens der Ukraine. Aber für mich ist das ... Ich weiß nicht, was ich tun soll. Auf unserem Kontinent gibt es gerade die nächste Eskalation."
Habeck: "Sie haben ja Recht, ja Sie haben Recht. Die Situation auf dem Schlachtfeld ist angespannt. Viele Soldaten sterben jeden Tag. Und es ist nicht zu erwarten, dass der Krieg bald zu Ende gehen wird. Danach sieht es nicht aus. Und man muss davon ausgehen, dass der Krieg auch noch bis Ende nächsten Jahres weitergeht. Sie haben Recht, die Lage ist absolut schockierend und alles andere als gut.
Die Ukraine wollte alles Getreide ausführen, weil das natürlich eine gute Einnahmemöglichkeit ist. Und wir wollten das auch und haben ihnen geholfen. Klar, der Seetransport ist der einfachste Weg."
AU: "Ja, einverstanden. Wenn der Krieg tatsächlich noch lange weitergeht, werden die Weltwirtschaftsprobleme riesig. Ich denke da an die Ausgaben im bevorstehenden Winter. Das heißt, die bevorstehende Eskalation führt zur Verschärfung der wirtschaftlichen Lage. Außerdem erhöhen sich die Preise für Gas, Heizung und andere Energieträger."
Habeck: "Ja, aus meiner Sicht ist der Markt für LNG, der Gasmarkt ziemlich groß und ziemlich flexibel. Aber die Preise sind trotzdem noch hoch, zu hoch, das ist ein Problem."
Die Antworten des deutschen Ministers sprechen für sich.
Mehr zum Thema - Plappern wie Habeck: Ein Wirtschaftsminister entdeckt das Wort "Arbeitsplätze"