Ab einer Größenordnung von 500.000 Menschen wird statistisch von einer Großstadt gesprochen. Laut jüngster Mitteilung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) besagt eine aktuelle Hochrechnung der Gesamtwerte, dass im Verlauf des Jahres 2022 in Deutschland "607.000 Menschen wohnungslos" waren. Davon lebten rund "50.000 ganz ohne Unterkunft auf der Straße". Zum Stichtag 30. Juni 2021 hatte die BAG W die Zahl von 268.000 wohnungslosen Menschen ermittelt. Die Jahresgesamtzahl für das Jahr 2021 lag laut BAG W-Hochrechnung dann bei 383.000 wohnungslosen Personen. Von den erwachsenen Betroffenen waren 58 Prozent männlich und 42 Prozent weiblich.
Die Hochrechnung der BAG W ist laut Mitteilung mit der Bundesstatistik vergleichbar. Im Gegensatz zum Bundesamt, das nur untergebrachte Menschen ohne Bleibe zählt, werden von der Wohnungslosenhilfe auch diejenigen Wohnungslosen mitgezählt, die vorübergehend bei Freunden und Bekannten unterkommen, sowie Obdachlose.
Die Hochrechnung der BAG W bezüglich wohnungsloser Menschen im Jahr 2022 zum Stichtag 30. Juni lautete 447.000 Menschen. Damit stieg die Zahl der Wohnungslosen vom Stichtag 2021 zum Stichtag 2022 um 67 Prozent und in der Jahresgesamtzahl um 58 Prozent.
Laut den vorliegenden Daten zeige sich "eine Differenzierung zwischen deutschen und nicht deutschen Wohnungslosen". Am Stichtag 2022 lag der Anteil der deutschen wohnungslosen Personen bei 29 Prozent und der Anteil der nicht deutschen bei 71 Prozent. Dazu heißt es weiter:
"Bei den deutschen Wohnungslosen ergibt sich ein Anstieg um 5 Prozent, bei den nicht deutschen um 118 Prozent. Letzteres ist insbesondere auf die enorme Zunahme der Zahl wohnungsloser Geflüchteter zurückzuführen."
Dazu schreiben die Autoren des BAG W-Berichts:
"Insgesamt kommen die meisten Menschen ohne feste Wohnung aus der Ukraine, Syrien, Afghanistan und dem Irak."
In der Statistik unberücksichtigt blieben Geflüchtete im Asylverfahren, mit Duldung oder Fiktionsbescheinigung und daraus resultierender Wohnungslosigkeit. Weitere statistische Erhebungen zum Thema "Struktur der Wohnungslosigkeit"ergaben, dass 36 Prozent aller Wohnungslosen in Einpersonenhaushalten sowie 64 Prozent in Mehrpersonenhaushalten leben würden. Bei den wohnungslosen Menschen "mit nicht deutscher Staatsbürgerschaft sind vor allem Familien von Wohnungslosigkeit betroffen", so dargelegt in dem Bericht.
26 Prozent aller wohnungsloser Personen sind Kinder oder Jugendliche. "Bei den deutschen Wohnungslosen liegt der Anteil der Minderjährigen bei knapp 9 Prozent, bei den Nicht-
Deutschen bei knapp 34 Prozent." Das Geschlechterverhältnis innerhalb der Zuordnung deutsch und nicht deutsch unterscheidet sich laut Mitteilung "ebenfalls erheblich". Dazu heißt es:
"Von den deutschen volljährigen Wohnungslosen sind 72 Prozent männlich und 28 Prozent weiblich, bei den nicht deutschen Personen ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichen: 50 Prozent männlich, 50 Prozent weiblich."
Zu möglichen individuellen Gründen der Wohnungslosigkeit werden die Eckpunkte "Armut, Wohnungsmangel und Flucht" genannt. Diesbezüglich wurden Daten aus dem "Dokumentationssystem zur Wohnungslosigkeit (DzW)" genutzt. Diese hätten ergeben:
"Insgesamt 57 Prozent verlieren die Wohnung aufgrund einer Kündigung. Weitere wichtige Auslöser waren mit 21 Prozent Miet- und Energieschulden, mit 20 Prozent Konflikte im Wohnumfeld sowie mit 16 Prozent Trennung/Scheidung."
Nicht deutsche Wohnungslose hätten statistisch mehrheitlich in Deutschland noch nie eine Wohnung besessen. Den Hauptauslöser stelle ihr Fluchtereignis dar. Werena Rosenke, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, resümiert in der Mitteilung:
"Der fehlende bezahlbare Wohnraum ist und bleibt der Hauptgrund für die Wohnungsnot in Deutschland: Deutsche wie nicht deutsche Wohnungslose können daher nicht angemessen mit eigenem bedarfsgerechtem Wohnraum versorgt werden."
So sei der Anteil der verfügbaren Sozialwohnungen seit 1989 "dramatisch" gesunken – nach Berechnungen der BAG W um 62 Prozent. Hinsichtlich der damit verbundenen, parallel steigenden Notwendigkeiten einer Versorgung von Obdachlosen wurde im September exemplarisch für nur bedingt nachvollziehbare politische Entscheidungen der Gegenwart bekannt, dass der aktuelle Haushaltsentwurf in der Hauptstadt Berlin vorsieht, "Kürzungen bei medizinischen Angeboten für Obdachlose" vorzunehmen.
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