Verkehrswende? Der öffentliche Nahverkehr wird geschrumpft

Eigentlich sind sich alle einig, dass der öffentliche Nahverkehr gefördert und ausgebaut werden müsse. Aber zuletzt häufen sich die Meldungen, nach denen Kommunen und Verkehrsverbünde ihr Angebot stattdessen einschränken.

Während die Bundesregierung nach wie vor von "Verkehrswende" redet, sieht die Wirklichkeit vor Ort ganz anders aus. Nicht nur, dass vielerorts auch diese Infrastruktur unter jahrzehntelangen zu niedrigen Investitionen leiden. Das Deutschlandticket macht zwar einerseits ein vergleichsweise günstiges Angebot, erhöht aber andererseits die Defizite der Verkehrsbetriebe und damit der Kommunen. Inzwischen ist es nicht nur Geld-, sondern auch oft Personalmangel, der dazu führt, dass der öffentliche Personennahverkehr eingeschränkt und nicht ausgebaut wird.

In München wurden etwa jüngst viele Buslinien ausgedünnt, teils auf die halbe Frequenz, also beispielsweise auf einen Abstand von zwanzig statt von zehn Minuten. Die Begründung? Es fehlen zu viele Busfahrer. In Leipzig reduziert die S-Bahn ihr Angebot, wegen Personalmangels, ebenso in Dresden. Von einem massiven Ausbau ist nirgends die Rede. Allerdings von Fahrpreiserhöhungen für reguläre Tickets.

Nach einer neueren Studie haben in Deutschland 27 Millionen Menschen gar keinen oder nur einen sehr schlechten Zugang zum öffentlichen Nahverkehr. Die Tendenz zu weiteren Einsparungen, die sich angesichts der Haushaltslage der deutschen Kommunen noch weiter verstärken wird, dürfte diese Zahl weiter erhöhen.

Was von der "Verkehrswende" auf jeden Fall übrig bleibt, ist die Verteuerung des Individualverkehrs. Eine besondere Risikogruppe, so einer der Autoren der Studie, seien "Menschen, die häufig Auto fahren müssen, ein geringes Einkommen haben und kaum auf andere Verkehrsmittel umsteigen können."

Nachdem auch öffentliche Verkehrsmittel mit Strom oder Diesel fahren und beide Energiequellen teurer geworden sind, die vorhandenen Fahrer meist so schlecht verdienen, dass sie deutliche Lohnerhöhungen bräuchten, um die Inflation ausgleichen zu können, und die kommunalen Kassen auf absehbare Zeit leer sind, besteht derzeit keine Aussicht auf Besserung.

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