Am Sonntag sind in Bayern und Hessen knapp 14 Millionen Personen zur Wahl eines neuen Landtags aufgerufen – mehr als 20 Prozent der Bundesbürger im Wahlalter. Seit 8 Uhr sind die Wahllokale geöffnet, noch bis 18 Uhr darf gewählt werden. In Hessen dürfen rund 4,3 Millionen Personen den 21. hessischen Landtag wählen gehen, zur Wahl des Bayerischen Landtags sind fast 9,4 Millionen Personen aufgerufen.
Über 3,5 Millionen Personen beantragten bei diesen Wahlen die Abstimmung per Brief, rund zehn Prozent mehr als bei der letzten Landtagswahl im Jahr 2018. Bereits damals lag der Anteil der Briefwähler mit 38,9 Prozent bei einem neuen Rekord. In Bayern lag die CSU unter Ministerpräsident Markus Söder zuletzt in allen Umfragen unangefochten an erster Stelle und hat daher gute Chancen, stärkste Kraft zu bleiben. Über ihr historisch schlechtestes Ergebnis im Jahr 2018 mit 37,2 Prozent scheint die CSU aber nicht hinauszukommen.
Um den zweiten Platz kämpfen am Sonntag die AfD, die Grünen und die Freien Wähler, die in den Umfragen bei ungefähr 15 Prozent liegen. Söder hatte bereits angekündigt, die Koalition mit den Freien Wählern fortsetzen zu wollen. Zu einer Machtverschiebung in der nächsten Regierungskoalition wird es wahrscheinlich nur aufgrund der Gewinne der Freien Wähler seit der Wahl 2018 kommen. Hubert Aiwanger, Bayerns Wirtschaftsminister, könnte sogar als erster Abgeordneter der Freien Wähler in Bayern ein Direktmandat gewinnen. Die SPD wird vermutlich unter der Zehn-Prozent-Marke bleiben. Die FDP bleibt voraussichtlich unter der Fünf-Prozent-Marke und fliegt damit aus dem Bayerischen Landtag raus.
Auch in Hessen: Kopf-an-Kopf-Rennen um den zweiten Platz
Aus der Landtagswahl in Hessen wird nach den letzten Umfragen die CDU siegreich hervorgehen. Damit würde der aktuelle Ministerpräsident und Spitzenkandidat der CDU, Boris Rhein, in seinem Amt bestätigt werden. Seit 2014 regiert in Hessen eine schwarz-grüne Koalition. Die Grünen waren mit Tarek Al-Wazir erstmals mit einem eigenen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten angetreten.
Ähnlich wie in Bayern liefern sich auch in Hessen mit der AfD, den Grünen und der SPD gleich drei Parteien ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den zweiten Platz. Die FDP könnte knapp über die Fünf-Prozent-Marke kommen, die Linkspartei mit etwa 3,5 Prozent nicht mehr.
Gegen 12:30 Uhr gab die Spitzenkandidatin der SPD, Bundesinnenministerin Nancy Faeser, ihre Stimme in einem Wahllokal in Schwalbach ab. In Hessen droht der SPD laut den letzten Umfragen erneut das historisch schlechteste Ergebnis aller Zeiten. Am Samstag hatte Faeser zum Wahlkampfabschluss in Marburg noch damit geworben, mit ihrer Wahl ein Zeichen gegen Rechts zu setzen. Die SPD sei die Partei, "die immer in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland auf der richtigen Seite gestanden" habe.
Bedeutung für die Bundesebene
Nicht nur aufgrund der vielen Wahlberechtigten gelten die Landtagswahlen bundespolitisch als wichtiger Stimmungstest. Die Themen der Bundespolitik, wie die offenen Grenzen oder das grüne Heizgesetz, überlagerten die landespolitischen Themen. Entsprechend fielen die Zustimmungsraten für SPD, Grüne und FDP.
Für die Ampel-Koalition in Berlin werden die Ergebnisse in Bayern und Hessen daher eher enttäuschend ausfallen. Nancy Faeser, die trotz ihres Amtes als Bundesinnenministerin als Spitzenkandidatin in Hessen antrat, könnte höchstens den Platz des kleinen Partners einnehmen, vorausgesetzt, die CDU würde nicht mehr mit den Grünen regieren wollen. In Berlin wird sie ihr Amt voraussichtlich als Wahlverliererin beschädigt fortsetzen.
CDU und CSU können mit mehr Zuversicht auf den Wahlsonntag schauen als die Ampel. Die Grünen könnten in Hessen wenigstens als nicht geschwächt aus der Wahl hervorgehen, wenn die Koalition mit der CDU bestätigt würde. Die FDP könnte ein schlechtes Abschneiden bei den Wahlen als Ansporn nehmen, auf Bundesebene den Grünen noch stärker Paroli zu bieten.
Es wäre ein weiteres Signal für die bundespolitische Zukunft, dass schwarz-grüne Bündnisse stabil und geräuschlos arbeiten können. Sollte die FDP in einem oder beiden Landesparlamenten an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, wäre das die Fortsetzung einer negativen Serie bei den Landtagswahlen zu Ampelzeiten. Die Neigung der Liberalen, in Berlin eigene Akzente zu setzen, würde das wohl verstärken.
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