Der Bundespräsident reist aktuell etwas um die Welt. In Berlin zeigen sich aus unterschiedlichsten Gründen graue Wolken am Himmel, da bot es sich für Frank-Walter Steinmeier praktisch an, nach einer kurzen Stippvisite auf den Cap Verden gleich zum "18. Arraiolos-Treffen nicht-exekutiver Staatspräsidenten der Europäischen Union" in Portugal weiterzufliegen. Zum Glück erinnerten sich die Terminplaner des Bundespräsidialamts dann anscheinend noch an den "Deutsch-Amerikanischen Tag", den Steinmeier zusammen mit dem US-Präsidenten in Washington zelebrieren musste.
Diesbezüglicher Veranstaltung heißt es wörtlich in der gemeinsamen Erklärung der beiden Präsidenten auf der Webseite des Weißen Hauses in Washington:
"Die Präsidenten unterstrichen die starken Verbindungen zwischen unseren Ländern und unseren Völkern, einschließlich der über 40 Millionen Amerikaner, die sich auf ihr deutsches Erbe berufen und das vielfältige Gefüge der Vereinigten Staaten stärken."
Das Ereignis scheint in den US-Medien auf eher wenig Interesse zu stoßen, da sich bis dato soweit keine dies darlegenden größeren Artikel finden. In den deutschen Medien liegt der einleitende Fokus der Berichterstattung auf der "überraschenden" Reiseentscheidung von Steinmeier. Es ist dabei das erste Aufeinandertreffen der beiden, laut Bellevue-Mitteilung wäre der Bundespräsident "auf Einladung des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika" angereist.
Laut der Süddeutschen Zeitung findet sich der Grund für die bisherige Abwesenheit von Steinmeier in Washington bei Donald Trump (Bezahlschranke). Der SZ-Artikel erklärt dabei seinen Lesern:
"Die US-Hauptstadt hatte er seit seinem Amtsantritt im März 2017 umkurvt, was anfangs daran lag, dass dort Donald Trump wütete und regierte, von Steinmeier 'Hassprediger' genannt."
In der Google-Suche findet sich dabei noch die ursprüngliche Überschrift des Artikels, die den eigentlichen Grund der Anwesenheit von Steinmeier im Weißen Haus erklären könnte. Der aktuelle Titel des Artikels lautet: "Steinmeier in Washington: 'Auf die USA ist Verlass'". Davor lautete die Überschrift:
"Steinmeier: USA und Deutschland sichern Ukraine Unterstützung"
Der Spiegel titelt zum Besuch unmissverständlicher: "Steinmeier sorgt sich um neue US-Hilfen für die Ukraine". Mit Sicherheit wurde daher auch kurz der zuverlässigen treuen Partnerschaft Deutschlands an der Seite der USA gedacht, es ist jedoch davon auszugehen, dass Steinmeier vordergründig dem US-Präsidenten die Gedankenwelt des deutschen Kanzlers erläuternd vermitteln musste. Scholz hatte zu Wochenbeginn sei erneutes Nein zu den Lieferungen von Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine mit Nachdruck medial übermitteln lassen. Der SZ-Artikel stellt diesbezüglicher Thematik fest:
"Das wichtigste Thema bei dem Treffen dürfte aber die weitere Unterstützung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland sein."
Was dabei der Bundespräsident zu Protokoll geben durfte, im Rahmen seiner aktuell angedachten und offiziellen Funktion und Stellung, obliegt reinen Mutmaßungen. Steinmeier darf zumindest jedoch als einhundertprozentiger Ukraine-Versteher in den USA gelten, da der Vertrag einer vermeintlichen "Vereinbarung über die Beilegung der Krise in der Ukraine" aus dem Jahre 2014 mit von Steinmeier, in seiner damaligen Funktion als deutscher Außenminister, unterzeichnet wurde.
So heißt es in der jüngsten Erklärung im Rahmen "der Zusammenarbeit als NATO-Bündnispartner" zum Thema Ukraine:
"Und unser Bündnis ist von entscheidender Bedeutung für unsere anhaltenden Bemühungen zur Unterstützung der Menschen in der Ukraine und ihrer mutigen Verteidigung ihres Landes, ihrer Freiheit und ihrer Zukunft."
Steinmeier soll "rund eine Stunde" mit US-Präsident Joe Biden gesprochen haben, bevor er "in den German-American Friendship Garden spazierte, beobachtet von deutschen Reportern und Touristen". Das Weiße Haus teilte im Anschluss mit, man wolle "die engen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland bekräftigen". Dabei gehe es auch um eine "enge Abstimmung als NATO-Bündnispartner in einer Reihe von wichtigen Fragen". Als Beispiele nannte das Weiße Haus "die Verteidigung demokratischer Werte" und die "gemeinsame Verpflichtung, die Ukraine bei der Verteidigung gegen die russische Invasion zu unterstützen".
Die kommenden Tage werden zeigen, welche potenziellen Erwartungen, Vorschläge und Forderungen Steinmeier an Bundeskanzler Olaf Scholz, Verteidigungsminister Boris Pistorius und Außenministerin Annalena Baerbock übermitteln wird. Der Bundespräsident wird schon einmal mit der persönlichen Wahrnehmung zitiert:
"Ich wäre kein Transatlantiker, wenn ich nicht an die Kraft und die Widerstandskraft der Demokratie glauben würde."
Die Demokratie sei "stärker als die, die sie angreifen und verächtlich machen", diese Überzeugung "vereine Biden und ihn", so Steinmeier gegenüber der deutschen Presse. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), ebenfalls ein überzeugter Ukraine-Versteher, gab dem Berliner Tagesspiegel zu Protokoll, dass er den Besuch Steinmeiers im Weißen Haus "als eine Chance, die USA von einem weiteren Engagement in Europa zu überzeugen" sehe. Und weiter:
"Vielen in Deutschland und Europa scheint nach wie vor unklar zu sein, dass im Wesentlichen die USA mit ihrer massiven NATO-Präsenz unsere Sicherheit und unseren Frieden garantieren."
Der Spiegel zitiert Steinmeier mit den wenig deeskalierend wirkenden Worten: "Die Menschen in der Ukraine wissen: Was Deutschland zusagt, das wird gehalten. Auf Deutschland ist Verlass."
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