Frieden schaffen, mit noch mehr Waffen? Nach Ansicht der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des Bundestages, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, kein ihr vermittelbarer Widerspruch. Regelmäßig und bei jeder sich darbietenden Möglichkeit fordert die FDP-Politikerin daher die zeitnahe Lieferung von Taurus-Marschflugkörper an die ukrainische Armeeführung. Mediale Unterstützung erhält sie dabei von Bild-Redakteur Paul Ronzheimer. Dieser ließ nun in einem "Exklusiv"-Artikel titeln:
"Warum der Kanzler die Taurus-Raketen nicht liefert … Herber Rückschlag für die Ukraine!"
Laut Autor Ronzheimer plane demnach das politische Berlin in "absehbarer Zeit keine Lieferung der von der ukrainischen Armee so dringend erbetenen Taurus-Marschflugkörper" in die Wege zu leiten. Dies wurde der Bild-Redaktion aus "deutschen und ukrainischen Regierungskreisen bestätigt". Der regelmäßig das Kriegsgebiet aufsuchende Redakteur erklärt in dem Artikel:
"Kiew bittet seit Mai um die Langstrecken-Raketen aus Deutschland, nachdem Frankreich und Großbritannien die Marschflugkörper 'Scalp' bzw. 'Storm Shadow' geschickt hatten, womit die ukrainische Armee während der laufenden Gegenoffensive bereits Ziele aus weiter Entfernung treffen konnte."
Die F.A.Z. erklärt seinen Lesern zu der Entscheidung aus dem Kanzleramt:
"Die Ukraine könnte die deutschen Marschflugkörper gut gebrauchen. Aber Berlin will sie offenbar zumindest vorerst nicht liefern."
Die Berliner Zeitung erkennt neben der düpierten Strack-Zimmermann noch eine andere etwaig enttäuschte Koalitionskollegin des Kanzlers, die regelmäßig und nachdrücklich ihre ungebrochene Solidarität mit der Ukraine verkündet:
"Olaf Scholz gegen Annalena Baerbock: Bundeskanzler liefert keine Taurus an die Ukraine."
Diesen offensichtlichen Riss in der Ukraine-Unterstützung erkennt auch Ronzheimer in dem Bild-Artikel:
"Durch Äußerungen verschiedener deutscher Minister gab es in der Ukraine die Hoffnung, dass die Taurus-Raketen spätestens diesen Herbst kommen würden. Entsprechend äußerten sich Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP)."
Zu den möglichen Gründen, die Seiten des Kanzlers vorliegen könnten, zitiert die Bild Aussagen von Scholz, die er in einer internen Sitzung des Auswärtigen Ausschusses getätigt haben soll. So heißt es zum Thema des andauernden Nein zur Taurus-Lieferung:
"Scholz antwortet daraufhin in der Sitzung nach Angaben von Teilnehmern, dass die beiden Länder – Frankreich und Großbritannien – 'etwas können, was wir nicht dürfen, damit stellt sich die Frage nicht'. Eine klare Taurus-Absage!"
Eine weitere Sorge des Kanzlers sei zudem die erneute Einbeziehung der Kertsch-Brücke in kriegerische Aktivitäten der Ukraine. In dem Ausschuss sollen "deutsche Regierungsvertreter die Sorge geäußert haben, dass mit Taurus-Marschflugkörpern die Kertsch-Brücke (Krim-Brücke) getroffen werden könnte".
So hätte es laut Bild-Informationen in den vergangenen Wochen "Unterredungen zwischen britischen und deutschen Regierungsvertretern" gegeben, bei denen die britischen Vertreter demnach "Deutschland von der Lieferung überzeugen wollten". Weiter heißt es in dem Artikel:
"Bei diesem Gespräch äußerte die deutsche Seite nach Bild-Informationen die konkrete Sorge, dass die Brücke auf der Krim mit der deutschen Waffe zerstört werden könnte."
Der als unbedingter Ukraine-Versteher bekannte Außen- und Verteidigungsexperte der CDU, Roderich Kiesewetter, gab der Bild hinsichtlich der Informationen zu Protokoll:
"Mit der Absage der Taurus-Lieferung bestätigt Scholz den Totalausfall Deutschlands als selbst ernannte Führungsnation für europäische Sicherheit und stößt unsere Partner wie Großbritannien und Frankreich vor den Kopf."
Hinsichtlich der uneinigen Linie in der Ampelkoalition lautet die Einschätzung von Kiesewetter:
"Er opfert somit bewusst das Leben vieler unschuldiger Ukrainer und stellt sich gegen die Koalitionspartner FDP und Grüne, offenbar weil er nicht will, dass Russland verliert."
Marie-Agnes Strack-Zimmermann äußerte sich in gewohnt arroganter Wortwahl zu den Inhalten des Bild-Artikels:
Der Bundeskanzler würde sich laut Bild-Resümee eine "Option für die Zukunft theoretisch offen halten", dabei gelte "eine Lieferung aber als höchst unwahrscheinlich". Ein eindeutiges "offizielles deutsches Nein" zur Taurus-Lieferung an die Ukraine würde weiterhin nicht vorliegen. Eine Sprecherin des Kanzleramts erklärte nach entsprechender Bild-Anfrage:
"Zur Frage von Taurus-Marschflugkörpern gibt es keinen neuen Sachstand mitzuteilen. Über vertrauliche Gespräche der Bundesregierung mit Vertretern anderer Staaten unterrichten wir grundsätzlich nicht."
Zu "vermeintlichen Aussagen aus vertraulichen Sitzungen" äußere sich das Kanzleramt zudem "generell nicht".
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