Die "Flugblattaffäre" scheint den Freien Wählern in Bayern nicht geschadet zu haben, ganz im Gegenteil: Weniger als einen Monat vor der Landtagswahl in Bayern liegen die Freien Wähler in den Umfragen weiterhin vorn. Laut dem am Dienstag vom Bayrischen Rundfunk (BR)veröffentlichten "Bayern Trend" kämen sie trotz der "Flugblattaffäre" um den Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, auf 17 Prozent Zustimmung, wenn am Sonntag Landtagswahl wäre. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) droht hingegen eine historische Pleite: Die CSU kommt in den Umfragen nur noch auf 36 Prozent.
Für die Freien Wähler bedeutet das Ergebnis gegenüber der Umfrage des "Bayerntrends" vom Mai einen Zuwachs von fünf Prozentpunkten, die CSU verliert hingegen deutlich und schneidet drei Prozentpunkte schwächer ab. Bereits im Jahr 2018 holte Söder mit der CSU ein historisch schlechtes Wahlergebnis ein: Lediglich 37,2 Prozent der Stimmen stellten das niedrigste Wahlergebnis seit fast 70 Jahren dar.
Unter den Oppositionsparteien kann dem BR zufolge nur die AfD zulegen, sie verbessert sich um einen Punkt auf 13 Prozent. Die Grünen verlieren einen Punkt und kommen auf 15 Prozent. Die SPD verliert zwei Punkte und liegt nun bei neun Prozent. Die FDP würde mit drei Prozent aus dem Landtag ausscheiden. Mittlerweile wurde durch einen Bericht der Welt auch bekannt, dass die bayrische SPD im Vorfeld über die von der Süddeutschen Zeitung (SZ) initiierte "Flugblattaffäre" Bescheid wusste. In Bezug auf die "Flugblattaffäre" sagte Aiwanger Ende August:
"Ich bin überzeugt davon, dass die SZ, womöglich mit Hilfe anderer Kreise, von langer Hand geplant hatte, mich massiv zu beschädigen und politisch zu vernichten."
Damit habe man die Freien Wähler schwächen und Stimmen auf andere Parteien steuern wollen. Belege für die erwähnte Kampagne lieferte Aiwanger zwar nicht, dies erfolgte jedoch teilweise durch die SZ: Die Zeitung hatte öffentlich gemacht, dass ein ehemaliger Lehrer Aiwangers den Journalisten den entscheidenden Hinweis auf das Flugblatt gegeben hatte.
Kurz darauf hatten andere Medien den mutmaßlichen Tippgeber der Zeitung identifiziert. Dieser, ein Mann namens Franz G., war 2020 zur Gemeindewahl in Mallersdorf-Pfaffenberg angetreten – für die SPD. Auf Aufnahmen ist er auch mit Ruth Müller zu sehen, seit 2013 SPD-Landtagsabgeordnete und seit Januar dieses Jahres Generalsekretärin der Bayern-SPD. Auf eine Anfrage der Welt teilte eine Sprecherin Müllers mit:
"Frau Müller kennt Herrn G. seit mehreren Jahren durch ihr Engagement für die Erinnerungskultur und Veranstaltungen zu diesem Thema, an denen beide teilgenommen haben."
Darunter seien zum Teil auch Veranstaltungen der lokalen SPD gewesen. G., so die Sprecherin, sei "weder Mitglied der SPD noch ein 'aktiver SPD-Lokalpolitiker'". Weiterhin stellte die Sprecherin klar:
"Frau Müller wurde – wie auch andere Politiker – von Herrn G. informiert, dass die SZ in der Sache recherchiert. Im Anschluss hat Frau Müller Herrn von Brunn [Florian von Brunn, Spitzenkandidat der bayrischen SPD, Anm. d. Red.] über die Angelegenheit in Kenntnis gesetzt. Von wem die SZ die Informationen bekommen hatte, ist uns nicht bekannt."
Auf weitere Nachfragen gab es von der bayrischen SPD und ihrem Spitzenkandidaten Florian von Brunn keine Antworten mehr.
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