Bereits am 25. August erschien in der Schweizer Zeitung Zeitgeschehen im Fokus ein Beitrag, der die Aufnahme von Verhandlungen fordert, um das Blutvergießen in der Ukraine zu beenden. Es handelt sich dabei um einen vollständig ausgearbeiteten Verhandlungsvorschlag, der die Positionen von sowohl der Ukraine als auch Russlands berücksichtigt.
Verfasst haben diesen Vorschlag der Bundeswehr-General a. D. Harald Kujat, der unter anderem den Bundeskanzler Helmut Schmidt beraten hatte, und drei Professoren, nämlich Horst Teltschik, der ehemalige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz und zuvor enger Vertrauter des Ex-Bundeskanzlers Helmut Kohl, der emeritierte Historiker Peter Brandt, Sohn von Willy Brandt, sowie der ebenfalls emeritierte Politikwissenschaftler Hajo Funke.
Die vier Autoren fordern die Rückkehr zu einer vernunftbasierten Politik in Europa. Das Recht auf Selbstverteidigung berechtige die Ukraine nicht, sämtliche Prinzipien der Vernunft über Bord zu werfen, schreiben sie:
"Die Legitimität der bewaffneten Selbstverteidigung auf der Grundlage des Art. 51 der UNO-Charta entbindet die Regierung in Kiew und die sie unterstützenden Staaten allerdings nicht von der Verpflichtung – nicht zuletzt gegenüber dem eigenen Volk –, Vernunft walten zu lassen, sich der Steigerung von Gewalt und Zerstörung nicht hinzugeben und die Erlangung eines gerechten und dauerhaften Friedens politisch zu befördern. Auch während des Krieges – und gerade währenddessen – darf das stete Bemühen um eine diplomatische Lösung nicht nachlassen."
Sie erinnern auch die verantwortlichen deutschen Politiker an das im Grundgesetz verankerte Friedensgebot und die gegenüber den UN eingegangenen Verpflichtungen, gegen welche die Verweigerung von Gesprächen und stattdessen das Befeuern des Konflikts durch immer umfassendere Waffenlieferungen verstoßen:
"Das gilt ebenso für die mittelbar Beteiligten, auch für die Bundesrepublik Deutschland, die durch das Friedensgebot des Grundgesetzes sogar besonders verpflichtet ist. Zudem hat die Bundesregierung am 2. März 2022, wenige Tage nach Beginn des russischen Angriffs, einer von der Ukraine eingebrachten, von der Generalversammlung der Vereinten Nationen beschlossenen Resolution zugestimmt, die eine 'friedliche Beilegung des Konfliktes zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine durch politischen Dialog, Verhandlungen, Vermittlung und andere friedliche Mittel' fordert."
Die Alternative zu Verhandlungen wäre eine immer weitergehende Eskalation dieses Konflikts. Die Autoren sehen die Gefahr einer Ausweitung des Krieges auf ganz Europa. Da die militärischen, vor allem personellen Möglichkeiten der Ukraine weitgehend erschöpft sind, bliebe als ein Ausweg die Einbeziehung westlicher Länder in den Konflikt. Dass die Kiewer Führung bereit ist und auch darauf abzielt, über Provokationen eine westliche Beteiligung zu erreichen, hat sie mehrfach bewiesen.
Mit ihrem Verhandlungsvorschlag unterbreiten hochrangige deutsche Persönlichkeiten einen ersten deutschen Vorschlag für eine Friedenslösung, nachdem sich bereits zahlreiche andere Länder um eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts bemüht haben.
Im direkten Vergleich wird auch das Manko dieses deutschen Vorschlags unmittelbar ersichtlich. Denn während die Vorschläge aus Brasilien, China und aus den afrikanischen Ländern direkt aus Regierungskreisen kamen, besitzt dieser deutsche Vorschlag keinerlei Rückhalt bei der jetzt amtierenden Bundesregierung. Zwar wurde er von namhaften Experten erarbeitet, die jedoch alle nicht mehr im aktiven Dienst sind und keine politisch relevanten Ämter mehr bekleiden. Der Vorschlag, so durchdacht er auch ist, bleibt damit vor allem kosmetischer Natur, denn ein tatsächlicher Friedenswille ist unter den Regierungsparteien der "Ampel" aktuell nicht zu erkennen.
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