Wie die Bild-Zeitung meldet, wehrt sich Arne Schönbohm (54) nun auch mit einer Klage gegen das Bundesinnenministerium (BMI), das von Nancy Faeser (53, SPD) geführt wird, gegen seine faktische Entlassung als Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Von der Klage hatte Bild "aus Justizkreisen" erfahren, und eine Richterin am Verwaltungsgericht Köln habe den Eingang der Klageschrift "gegen die Bundesrepublik Deutschland" bestätigt, so die Zeitung.
Vorwürfe gegen Nancy Faeser persönlich
In dem achtzehnseitigen Schriftsatz, der "teils höchst brisante Dokumentenbeweise" enthalten soll, würden Vorwürfe nicht nur gegen die Führungskräfte des Ministeriums, sondern auch gegen Nancy Faeser persönlich formuliert. Schönbohms Klage dient der Durchsetzung von beamtenrechtlichen Schadensersatzansprüchen, die er nach seiner Entbindung von der Funktion als BSI-Chef durchsetzen will. Schönbohm wurde im Januar 2023 auf den weniger prestigeträchtigen Posten des Präsidenten der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung ("BaköV") abgeschoben.
Den Hintergrund für die Abservierung Schönbohms lieferte der ZDF-"Comedian" Jan Böhmermann. Dieser hatte Anfang Oktober 2022 den seinerzeitigen BSI-Chef in seiner Sendung mit falschen Vorwürfen diffamiert. So wurde im ZDF Magazin Royale wahrheitswidrig behauptet, Schönbohm verfüge über indirekte Kontakte zu russischen Geheimdienstkreisen. Noch im selben Monat wurde Schönbohm vom Bundesinnenministerium untersagt, sich zur Denunziation des ZDF öffentlich zu äußern. Kurz darauf hatte Schönbohm, um die Vorwürfe gegen sich zu entkräften, selbst die Einleitung eines Diszinplinarverfahrens beantragt. Daraufhin untersagte Nancy Faeser ihm "die Führung der Dienstgeschäfte" am 18. Oktober (RT DE berichtete).
Allerdings kam es nie zur Eröffnung des Disziplinarverfahrens, obwohl sich die Ermittlungen des Innenmininisteriums über viele Wochen hinzogen – länger als die eigentlich maximal erlaubten drei Monate.
Fortgesetzte "Ermittlungen" – ohne Tatsachengrundlage
Aus den Teilen der internen Untersuchungsakten, die offenbar Bild vorliegen, geht hervor, dass die Vorwürfe, die gegen Schönbohm erhoben wurde, völlig aus der Luft gegriffen waren – und dass man sich dieser Tatsache im Innenministerium spätestens seit November 2022 durchaus bewusst war. Selbst der Ministerin waren die Gerüchte offensichtlich zu dünn.
Erst am 2. März habe sich Faeser, so Bild, mit dem Leiter ihrer Zentralabteilung, Martin von Simson, getroffen, um den Vorgang zu besprechen. Nach Bild-Informationen ist von Simson gleichzeitig der Vermieter der Berliner Wohnung der SPD-Innenministerin.
Es habe dann bis Ende April gedauert, bis von Simson am 24. April Schönbohm mitgeteilt habe, dass an den Vorwürfen gegen den früheren BSI-Chef nichts dran ist:
"Die eingehende Untersuchung der Sachverhalte hat zu dem Ergebnis geführt, dass Disziplinarmaßnahmen nicht zu ergreifen sind."
Regelwidriges Vorgehen des BMI
Weiter hält sogar der interne Abschlussbericht über die Voruntersuchung fest, dass der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht der Ministerin nicht nachgekommen wurde. Offenkundig hatte Schönbohm des Öfteren die Wahrung seiner Rechte angemahnt. Der Bericht räumt ein, dass eine "nachholende Fürsorge" des Bundesinnenministeriums "im Zuge der Sendung trotz wiederholter und schriftlich vorgetragener Bitte offensichtlich" ausgeblieben sei. Vonseiten des Ministeriums sei Diffamierungen und persönlichen Abwertungen wie "Cyberclown" nicht entgegengetreten worden.
Die laut Aktenvermerk am 2. März "sichtlich unzufrieden(e)" Faeser verlangte daraufhin von ihrem Abteilungsleiter, ein weiteres (!) Mal beim Bundesamt für Verfassungsschutz nachzufragen und "alle Geheimunterlagen zusammentragen", wie es in dem Schriftstück heißt, das Bild auszugsweise publiziert. Obwohl bereits "alle relevanten Behörden und Abteilungen" abgefragt worden seien und allen Beteiligten klar gewesen war, dass "es schlicht nicht mehr gäbe", verlangte Faeser die Langversion eines Vermerks, von dem Simson meinte, sie sei "überzeugender".
Daraufhin ließ sich von Simson die Unterlagen, den "Langvermerk" in Papierform kommen, um ihn "außerhalb des Dienstweges" dann "nach oben" zu geben. So sei der Amtschef des Ministeriums, Staatssekretär Hans-Georg Engelke (59), umgangen worden. Nach Weitergabe des Papiers habe es noch weitere sieben Wochen gedauert, bis es zur längst überfälligen Einstellung der Voruntersuchung gekommen sei.
Die Ministerin hatte, das geht aus dem publizierten Vermerk hervor, um "Nacherhebungen" im Vereins- und Handelsregister gebeten. Dabei ging es um angebliche frühere oder noch bestehende Russland-Kontakte eines Vereins und eines Unternehmens, das Schönbohm allerdings bereits verkauft hatte. Den Nachweis über den Verkauf hatte Schönbohm zu diesem Zeitpunkt längst an das Innenministerium gesandt.
In der Gerichtsakte habe Schönbohms Anwalt die unwürdige Behandlung des BSI-Chefs so zusammengefasst:
"Das BMI behandelte den Kläger so, als sei er niemals Präsident des BSI gewesen und geräuschlos von seinem Dienstposten verschwunden".
Dieses Vorgehen könne "in der Gesamtwürdigung als Mobbing durch das BMI und besonders die Ministerin" bezeichnet werden. Bild gegenüber hätten sich weder Nancy Faeser noch Arne Schönbohm zu dem Verfahren äußern wollen.
Erst gestern war bekannt geworden, dass Schönbohm das ZDF auf Schmerzensgeld verklagt hat (RT DE berichtete). Außerdem behält sich der Ex-BSI-Chef vor, Ansprüche gegen Jan Böhmermann zu erheben.
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