Habeck unzufrieden mit deutschen Geheimdiensten wegen Ukraine-Konflikt

Vizekanzler Robert Habeck bemängelt, dass die deutschen Geheimdienste weder den Beginn der russischen Sonderoperation noch seine Weiterentwicklung richtig eingeschätzt haben. Die Geheimdienste hätten gesagt, "das sei eine Übung, das Schlimmste werde nicht passieren", so Habeck.

Im Gegensatz zu anderen westlichen Sicherheitsdiensten habe der Bundesnachrichtendienst (BND) die Entwicklungen im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine wiederholt gravierend falsch eingeschätzt, sagte Vizekanzler Robert Habeck dem Journalisten Stephan Lamby in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview.

Erstmals hätten deutsche Geheimdienste kurz vor Beginn der russischen Operation im Februar 2022 die Risiken einer direkten militärischen Konfrontation zwischen den beiden Nachbarn nicht richtig eingeschätzt, so Habeck. Die US-amerikanischen und britischen Geheimdienste hätten schon damals "sehr eindringlich" vor der Gefahr eines möglichen Konflikts gewarnt, fügte er hinzu.

"Andere Dienste haben gesagt: Das ist eine Übung, das Schlimmste wird nicht passieren", sagte er und fügte hinzu, dass schließlich "das Schlimmste doch passiert ist". Auf die Frage, ob er mit "anderen Diensten" den deutschen Geheimdienst meine, antwortete Habeck, der auch Wirtschaftsminister ist: "Ja".

Lamby sagte, er habe das Interview am 23. Juni geführt. Im April sagte der Vizekanzler dem Journalisten, dass auch der BND unmittelbar nach Beginn des Konflikts eine gravierende Fehleinschätzung getroffen habe, indem er behauptete, dass "in 48 Stunden [der russische Präsident Wladimir] Putin die gesamte Ukraine besetzen würde", und stellte fest, dass dies nicht eingetreten sei. Deshalb habe Berlin erst zwei Tage nach Ausbruch des Konflikts beschlossen, Kiew militärische Hilfe zu leisten.

Der BND sah sich bereits wiederholt mit Vorwürfen der Inkompetenz inmitten des anhaltenden Konflikts zwischen Moskau und Kiew konfrontiert. Im Februar 2022 berichteten deutsche Medien, dass der Dienst von der potenziellen Gefahr eines Konflikts so wenig wusste, dass sein Leiter, Bruno Kahl, kurz vor Beginn der Moskauer Operation nach Kiew reiste.

Der Spionagechef versäumte es dann, zusammen mit anderen deutschen Diplomaten und Geheimdienstmitarbeitern rechtzeitig zu evakuieren, woraufhin der BND ein Team von Agenten schickte, um seinen Chef abzuholen. Kahl wurde schließlich in einem Fahrzeugkonvoi nach Polen gebracht, während der Konflikt bereits in vollem Gange war.

Anfang Juli berichteten die deutschen Medien außerdem, dass der BND die Regierung nicht rechtzeitig über die Aktion Prigoschins in Russland Ende Juni informiert habe. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte damals vor Journalisten, dass die deutschen Geheimdienste von den Plänen des privaten russischen Militärunternehmens Wagner Group "nichts gewusst" hätten und nur "berichtet haben, was zu beobachten war".

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