Von Bernhard Loyen
Der unantastbare Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stellt sich seit Beginn seiner verantwortungsvollen Tätigkeit in der Ampelkoalition sehr gerne als "frühzeitiger Erkenner", also Analyst und dringend benötigter Macher in rein von ihm erkannten Problemen dar. Gerne äußert er sich dabei über sein favorisiertes Kommunikationstool, die Plattform X/Twitter. Seine Formulierungen sind dem Medium entsprechend kurz und knapp verfasst, wobei die Kürze der Texte, die eigentlichen Aussagen und Wahrheiten täuschen können. Ob diese Realität von Lauterbach unbewusst oder manipulierend bedacht und eingesetzt wird, ist rein spekulativ.
Der Hinweis auf eine von ihm gelobte Studie wird sicherlich nur in den allerwenigsten Fällen von X-Nutzern gegengelesen oder überprüft. Der Hinweis auf einen von ihm als "sehr gut" bedachten Artikel oder als "hervorragend" befundenes Interview muss schlicht zur Kenntnis genommen werden, wenn der Hinweislink direkt zur Bezahlschranke des Mediums X führt. Anders schaut es aus, wenn eindeutig bewertbare, weil persönliche Aussagen oder Einschätzungen erfolgten. So geschehen am 21. August. Lauterbach teilte auf X/Twitter mit:
"Wir haben ausreichend und frühzeitig den angepassten COVID Impfstoff besorgt. Er wird ab dem 18. September wahrscheinlich in den Praxen sein. Jeder Ü 60 sollte eine Auffrischungsimpfung wenn nötig wahrnehmen. Auch die jüngeren Risikopatienten."
Manch Betrachter wird müde "weggeklickt", das Thema oder den Verfasser gewechselt haben, mich persönlich interessierten genauere Details zu den Formulierungen. Es erfolgte daher die schriftliche Anfrage bei der Pressestelle des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Der Fragenkatalog wurde mit etwas Verzögerung sehr freundlich beantwortet. Die erste Frage bezog sich auf den Hinweis des Ministers, dass "wir" demnach "ausreichend und frühzeitig" die bereits existierenden COVID-Impfstofflager erneut auffüllen werden. Das "wir" werden seine Zuarbeiter in den Ministerien sein, daher ging es in der Frage um die zu erwartende Größenordnung der Bestellung. Die Antwort fiel ausführlich aus.
Der Bund würde aktuell "die notwendige Überführung der COVID-19-Impfstoffversorgung in die Regelversorgung gestalten", so die Mitarbeiterin des BMG ausführend. Aufgrund der zurückliegenden "Beteiligung an der Impfstoffinitiative der Europäischen Kommission (KOM) während der COVID-19-Pandemie" bestünden jedoch "derzeit noch Abnahmeverpflichtungen des Bundes". Dies beträfe "COVID-19-Impfstoffe der Hersteller Pfizer/BioNTech und Novavax". Diese "Abnahmeverpflichtungen" gegenüber dem Krisengewinner Nummer eins aus Mainz, würden dabei für den Bund, also die Steuerzahler, bis zum Jahr "2025 bestehen". Die dazugehörigen Größenordnungen laut BMG-Antwort:
- 2023: 14,2 Mio. Dosen
- 2024: 14,2 Mio. Dosen
- 2025: 15,6 Mio. Dosen
Die Verpflichtungen des Bundes gegenüber dem Hersteller Novavax "in Höhe von 10,6 Mio. Dosen aus einem EU-Beschaffungsvertrag" müssen noch dazu addiert werden.
Da zerbröselt schon einmal das "Macher-Argument" des Herrn Lauterbach, er/wir habe/n eine Bestellung "ausreichend und frühzeitig" in die Wege geleitet. Es handelt sich in der Realität schlicht um eine "Abnahmeverpflichtung", daher ist die Formulierung von Lauterbach als bewusst manipulativ für kenntnisarme Leser zu bewerten. Der folgende Satz des Antwortschreibens ist ein anschauliches Beispiel für die offizielle "Steifheit" in der Formulierung, denn auch hier sollen Realitäten schlicht verschönt werden. So heißt es:
"Die Bundesregierung hat ihre Bedarfsplanung bei der Vertragsanpassung mit Pfizer/BioNTech insbesondere auf die jeweils aktuell gültige STIKO-Empfehlung sowie den Erfahrungen zu Bedarfen mit saisonal durchgeführten Impfungen wie der Grippe gefußt."
"Bedarfsplanung" soll nach vorsichtigem und vor allem bewussten Agieren klingen. Rein zum Wohle der Menschen im Land. Die Ständige Impfkommission (STIKO) glänzte wenig in den drei dunklen Jahren und agierte rein nach den Vorstellungen der Bundesregierung. Zur Erinnerung, die STIKO "hat 12 bis 18 Mitglieder". Diese Mitglieder werden vom BMG "im Benehmen mit den obersten Landesgesundheitsbehörden grundsätzlich alle drei Jahre neu berufen". Wer möchte da die berufliche Karriere schon durch individuelle "Empfehlungen" gefährden.
Am 7. August informierte die BioNTech-Presseabteilung, dass die vom Unternehmen anvisierte Auslieferung, eines erneut angepassten und an "Mäusen erfolgreich getesteten" mRNA-Wirkstoffs im September "vorbehaltlich der behördlichen Zulassung" erfolgen werde. Sollte dem nicht so sein, mit den Erfahrungswerten der mehr als fahrlässig in Rekordzeit erfolgten "bedingten Zulassungen" und dann schlussendlichen Freigaben auf die Menschheit mehr als erwartbar, wollte ich erfahren, wie der Bund und das BMG reagieren würden. Die Antwort lautet:
"Rechtliche Hürden für einen Markteintritt in die Regelversorgung bestehen nicht. Daher ist es in Folge dieser postpandemischen Übergangsphase nicht ausgeschlossen, dass durch den Bund zentral beschaffte Impfstoffe und durch die Hersteller selbst in Verkehr gebrachte Impfstoffe gleichzeitig in der Versorgung zur Verfügung stehen."
Provokativ decodiert lautet die Antwort – wird schon, hat ja bis dato auch gut geklappt. Die nächste Frage bezog sich darauf, welche Empfehlungen seitens des Bundes an ausführende Ärzte ausgesprochen würden, sollte tatsächlich kein angepasster Impfstoff für die Herbst-Wintersaison verfügbar sein. Jetzt wird es interessant, da die Beantwortung einen Punkt anspricht, der auch häufiger Bestandteil der Klagen von Impfopfern ist. Die Formulierung belegt die fatale Diskrepanz zwischen theoretischen Vorgaben/Absichten und der erlebten Impfrealität von Millionen Bürgern in Arztpraxen, in Impfzentren oder auf Supermarkt-Parkplatz-Rummelplatz-Event-Locations. So heißt es:
"Die konkrete Auswahl des Impfstoffs bleibt gemeinsame Entscheidung von Arzt/Ärztin und Patient/Patientin und hängt von zahlreichen Faktoren wie der Empfehlung der STIKO und anamnestischen Faktoren der zu impfenden Person sowie dem Anspruch der Versicherten auf Leistungen für Schutzimpfungen gemäß der Schutzimpfungs-Richtlinie des G-BA ab. Dabei ist auch das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten."
Das klingt professionell und fürsorglich, aber wie schaute es im Alltag der Jahre 2021 und 2022 wirklich aus, mit der Abwägung von Aufwand und Nutzen? Wurden die zu erwartenden und selbstverständlichen längeren Informationsgespräche wirklich geführt? Das "Wirtschaftlichkeitsgebot", also die verpflichtenden Vorgaben aus dem Sozialgesetzbuch, lesen sich auch weiterhin dabei in der Theorie als klar formulierte Richtlinie für den verwirrten und verunsicherten Bürger:
"Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten."
Das Angebot, die Situation einer neuen und mehr als attraktiven Wirtschaftlichkeit im Rahmen der Zusatzleistung, fand sich nachweislich nur für die ausführenden Impfanbieter. Die winkende Rechnungsstellung pro geleisteter COVID-Impfung machte dann doch zu viele Mediziner und Medizinerinnen eher blind, auch unmotiviert, für die eigentlich selbstverständliche und wichtige Aufklärung des abhängigen "Impfwilligen". Rund 30 Euro verdienten Ausführende pro Impfung.
Auf der anderen Seite herrschte in beeindruckender Größenordnung die – eine Anamnese überflüssig machende – Überzeugung zur Impfung, und dem gegenüber das millionenfache schlichte Einknicken vor dem gesellschaftlichen Druck. Die Angst vor dem Jobverlust, Ächtung und Brandmarkung als Störer und Ungeimpfter, gelebte Einsamkeit und damit verbundene Rückkehr ins Leben. Zur eindringlichen Erinnerung, die Wahrnehmung und Vorgabe der leitenden und gnadenlosesten Gesellschaftsspalter lautete:
- Markus Söder: "Ohne Impfen keine Freiheit"
- Karl Lauterbach: "Die Freiheit gewinnen wir durch die Impfung zurück"
- Angela Merkel: "Je mehr geimpft sind, umso freier werden wir sein"
- Alena Buyx (Ethikrat-Vorsitzende): "Die Impfpflicht schafft insgesamt die bessere Freiheitsbilanz"
Wie schaut es nach gut drei Jahren manipulativer medial-politischer Impfaufforderung mit dem aktuellen Lagerbestand von COVID-Impfstoffen beim Bund aus? Die Antwort vom BMG:
"Im August 2023 werden rund 80 Millionen COVID-19 Impfstoffdosen unterschiedlicher Hersteller zentral bevorratet."
Der BR24-Faktenfuchs informierte im Januar dieses Jahres: "Noch 134 Millionen weitere Impfstoffdosen werden zentral gelagert, sie laufen zwischen Januar 2023 und Februar 2024 ab." Es erfolgte also mittlerweile die unvermeidbare Pulverisierung von Millionen Euro Steuergeldern. Der damit geschaffene Platz wird jedoch aufgrund nachweislicher "Abnahmeverpflichtungen" zeitnah wieder aufgefüllt. Die abschließende Frage hinsichtlich möglicher Pläne einer erneuten Kampagne zum Thema wurde ebenfalls freundlich beantwortet und belastet auch hier wieder zeitnah die Steuerzahler:
"Das Bundesministerium für Gesundheit plant im Herbst auf die Corona-Auffrischimpfung für Personen ab 60 Jahren und bestimmte Risikogruppen aufmerksam zu machen."
Interessierte und kritische Bürger mit wachem und aufrechtem Blick im Alltag dürfen sich dann wieder an den neuesten "kreativen" Auswüchsen von engagierten Werbeagenturen erfreuen und im Stillen oder auch Lauten denken: "Danke, Bund, BMG und Karl Lauterbach – Danke für nichts".
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