Ob die Rettung des Euros, die Grenzöffnung 2015 oder die Corona-Maßnahmen – seit Jahren können immer mehr Deutsche über die Politik in der Bundesrepublik nur noch den Kopf schütteln. Manch einer glaubt, dass sich die Berliner Republik sogar bereits überlebt hat. Denn auch die vorhergehenden deutschen Nationalstaaten hielten sich maximal wenige Jahrzehnte.
Für den Publizisten Roland Tichy (Tichys Einblick) ist der nicht enden wollende tägliche Wahnsinn noch lange kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. Im Interview mit dem Arzt und Publizisten Paul Brandenburg im gleichnamigen Format auf Youtube, Odysee und anderen Plattformen sprach er über die Gründe für seinen Optimismus.
Als Kind der Bonner Republik wuchs Tichy noch im alten System auf, das Jahrzehnte wachsenden Wohlstands und Freiheit garantierte, machte Karriere als Journalist. Doch umso größer ist das Rätsel, vor dem wir heute stehen. Wie konnte die Erfolgsgeschichte der BRD zu einer Gegenwart werden, in der der Verfall überall greifbar wird? Oder wie Brandenburg es ausdrückt: Wo ist diese Republik falsch abgebogen?
Moral schlägt Recht
Für die Gegenwart kann Tichy festhalten, dass wir es in Deutschland mit einem Verlust der Regelungskultur zu tun haben. Gesetze und Regeln gibt es genug. Sie würden aber immer weniger eingehalten. Wer sich nicht an die Regeln der Marktwirtschaft hält, wird eine Staatswirtschaft erhalten, so Tichy. Ähnlich beim Rechtsstaat: Wenn sich keiner an die Paragraphen hält, sind die schlicht nichts wert. Ein Regelungssystem lebt, indem man es befolgt. Durch den Hang zum Moralisieren würden die alten Regelungen jedoch aufgegeben und das Chaos hat freien Lauf.
Dabei wurde die BRD gerade nach dem Chaos der Gesetzlosigkeit des NS-Staates für seine Ordnung so wertgeschätzt, betont Tichy, ebenso ihre Rechtsstaatlichkeit und ihre Demokratie. Werte wie Pünktlichkeit, Fleiß und Regelkonformität, die die Ordnung braucht, seien heute hingegen nichts mehr wert.
Einen Schlüssel zum Verständnis des Verfalls sieht Tichy in der Person von Angela Merkel und ihrer Sozialisation in der DDR. Zumindest gibt es Parallelen zwischen der marxistischen Ideologie, die in der DDR herrschte, und der Situation der Berliner Republik heute. Denn auch in der DDR gab es ein Gesetzbuch, das ihrem Pendant im Westen nicht unähnlich war. "Es wurde halt jederzeit beseitegeschoben, wenn die Klugheit der Partei es für notwendig erachtete."
Wer die Regeln befolgt, ist der Dumme
In der DDR überstieg der moralische Sieg über den Kapitalismus und den Klassenfeind jedes Recht, in der BRD ist es heute unter anderem die Flüchtlingspolitik. "Es geht kreuz und quer." Millionen Menschen seien durch einen Schwindel nach Deutschland geholt worden, die, einmal angekommen, dann sagen: "Super, so geht das hier also. Ich bin nicht mehr gezwungen, mich ans Recht zu halten." Auch das führe zur Auflösung des Rechtsbewusstseins.
Doch es geht auch um Vertrauensverlust und gebrochene Versprechen. Als Beispiel nennt Tichy die neue Grundsteuerregelung, für die jeder Hausbesitzer Angaben zu machen hatte. "Ich bin so ein Kind der alten Bundesrepublik, ich mache noch das, was man mir vorschreibt." Olaf Scholz habe immerhin versprochen, es würden keine höheren Steuern kassiert. "Pustekuchen!" Der Dumme ist heute folglich derjenige, der sich immer noch an Regeln hält und Versprechungen glaubt.
Früher war also alles besser und die Zukunft ist verloren? Nein. Journalisten müssen auf die Missstände hinweisen, so Tichy, dass es auch anders und besser geht als aktuell. Beispiel: Berlinwahl 2021. Hier wurde die Beweislage für eine verpfuschte Landes- und Bundestagswahl, die Journalisten erarbeitet hatten, so unerträglich, dass die Neuwahl unumgänglich war – zumindest auf Landesebene.
"Wir müssen wieder zurück"
Den Bürger müsse man hingegen immer wieder sagen, wenn sie diese Regellosigkeit der Politik akzeptieren, dürfen sie sich nicht wundern, dass sie als Wähler "behumpst" werden, dass Rentner Pfand sammeln müssen und dass "junge Männer" auf Kosten des Sozialstaats leben.
Die Entwicklung, die Deutschland erlebt, hält Tichy nicht für unendlich: "Sie muss jetzt umgedreht werden. Wir müssen wieder zurück." Und wie? "Im öffentlichen Bewusstsein. Die Leute müssen es wieder wollen." Noch ein Beispiel: Der afghanische Vergewaltiger von Regensburg, der auf Heimaturlaub fuhr und für seine Straftaten praktisch freigesprochen wurde. "Wir müssen das thematisieren und wir müssen es kritisieren und wir müssen sagen, dass hier eine solche Kette von Unrecht stattfindet, dass man es eben immer nur benennen muss."
Wie könne es etwa sein, dass ein Flüchtling in dem Land, aus dem er flieht und in dem er angeblich schikaniert wird, seinen Urlaub verbringt? "Es wäre völlig undenkbar, dass ein deutscher Jude, der emigriert ist, nach Palästina oder die USA, 1939 gesagt hätte, oh, ich komme zu Weihnachten oder zu Chanukka nochmal nach Berlin." Dies ist für Tichy der Punkt, wie es gemacht werden müsse: darauf hinweisen, dass die Herrschaft des Unrechts wieder umgedreht werden muss in die Herrschaft des Rechts, "und zwar ganz knallhart".
AfD und CDU – eine Lösung gegen das Chaos?
Die Frage eines Zuschauers, ob die "bürgerliche Option", eine Koalition von AfD und CDU, eine Lösung für das Chaos sein könnte, bejaht Tichy: "Ich glaube nicht, dass man auf Dauer 20 bis 40 Prozent der Wähler, je nach Bundesland und nach Region, ausschließen kann." Man habe noch gar nicht begriffen, dass die Brandmauer nicht nur eine Partei aussperrt, sondern auch sehr viele Menschen.
Allein die Masse an Bürgern, die vom System bereits ausgeschlossen werden, gibt Tichy Grund zur Hoffnung. Früher seien unliebsame Personen einfach aus der Stadt vor die Mauer geschickt worden. Nur außerhalb dieser Brandmauer gebe es ja wahnsinnig viele, so Tichy, auch Verlage und Organisationen. Eine ganze Gegenwelt sei im Entstehen, mit vielen Schattierungen. "Die vertragen sich auch nicht alle so gut. Das ist aber auch gar nicht so wichtig." Denn die Verzweiflung sei ja bei den anderen, in der Stadt, wo man spüre, dass die Gefolgschaft abnimmt, bis die Macht irgendwann "futsch" ist.
Macht ist auch der Polizeiknüppel. "Du kannst aber ein Volk nicht immer nur unterdrücken. Irgendwann zerbröselt diese Macht, die nicht von den Menschen mitgetragen ist." 40 Prozent der Bevölkerung könne man mit dem "Staatsfunk" gar nicht mehr erreichen. "Das war in der DDR nicht wirklich anders." Die gleiche Entwicklung bei den Tageszeitungen. "Die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die hatte mal 350.000 verkaufte [Exemplare] und heute noch 150.000. [...] So geht das ja mit immer mehr Bereichen. Das ist das, worauf ich meinen Optimismus setze."
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