Der Angriff auf das Rentensystem in Deutschland geht weiter. Während die Bundesregierung die nächste "große" Reform des Sozialstaats plant, deren Einzelheiten sie in den kommenden Wochen bekannt geben will, forderte am Wochenende die "Wirtschaftsweise" Veronika Grimm in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, das Renteneintrittsalter bei steigender Lebenserwartung automatisch anzuheben.
Grimm wörtlich:
"Man sollte die Regelaltersgrenze für den Renteneintritt an die Lebenserwartung koppeln.Die Formel in Zukunft könnte sein: Nimmt die Lebenserwartung um ein Jahr zu, so würden zwei Drittel des zusätzlichen Jahres der Erwerbsarbeit zugeschlagen und ein Drittel dem Ruhestand."
Grimm ist Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.
Welche konkreten Auswirkungen dies auf das vor Kurzem erst auf 67 Jahre angehobene Renteneintrittsalter hätte, sagte Grimm nicht. Nach geltender Rechtslage wird die Altersgrenze von 65 auf 67 Jahre angehoben. Die Regelaltersgrenze von 67 Jahren gilt für alle Geburtenjahrgänge ab 1964. Eine weitere Anhebung hatte die Ampelkoalition bisher ausgeschlossen, Insidern zufolge könnte sie in dem neuen "Reformpaket" dennoch enthalten sein.
Die Ökonomin beklagte außerdem eine zunehmende Zahl von Frühverrentungen. Um den Fachkräftemangel in Deutschland zu bekämpfen, müsse die Erwerbsbeteiligung auch bei Älteren steigen:
"Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen länger arbeiten wollen und auch können, dass also das tatsächliche Rentenalter steigt. Der Trend zur Frühverrentung darf sich nicht fortsetzen."
Unterstützer hat die Idee der Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung bereits in der CDU. Sie diskutiert aktuell die Aufnahme dieses Vorschlags in ihr neues Grundsatzprogramm.
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) wollen ihre Rentenpläne demnächst präsentieren. Durchgesickert ist bislang, dass das Rentenniveau auf 48 Prozent des Erwerbseinkommens sinken soll.
Zusätzlich will die Bundesregierung einen Teil der Beiträge zur Rentenversicherung künftig in Aktienfonds leiten. Letzteres wurde bereits unter dem Schlagwort "Generationenkapital" vorgestellt. Heil kündigte an, dass die gesetzliche Rente sich künftig aus drei Quellen finanzieren solle: den Rentenbeiträgen, einem Steuerzuschuss und aus Erträgen vom Kapitalmarkt. Dass aus Erträgen auf dem Kapitalmarkt schnell Verluste werden können, spielt in den Überlegungen der Bundesregierung bislang offenbar keine Rolle.
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