In einer persönlichen Erklärung auf Facebook verkündete am Wochenende die aktuelle Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali ihre für die Partei desaströse Entscheidung. So heißt es in ihrem Posting:
"Ich habe mich entschieden, bei der kommenden Vorstandswahl nicht mehr für den Fraktionsvorsitz der Linken im Bundestag zu kandidieren. Diese Entscheidung hat politische Gründe."
Die finale Entscheidung fußt für die enttäuschte Mohamed Ali vordergründig auf dem Umgang und dem Streit der Parteispitze und der Mitglieder mit Sahra Wagenknecht. Dieser basiert auf dem einstimmigen Beschluss des Parteivorstandes vom 10. Juni 2023, welcher besagt, dass Wagenknecht "in der Linken keine Zukunft mehr habe". Dieser Beschluss entspräche nicht ihrem "Verständnis von Pluralität und Solidarität".
Zudem nennt Mohamed Ali das für sie stetig wachsende Problem, den Kurs der Parteiführung in der Öffentlichkeit glaubwürdig zu vermitteln. Seit 2021 ist Mohamed Ali gemeinsam mit Dietmar Bartsch Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag. Der Vorstand soll im Herbst neu gewählt werden. Wörtlich heißt es darlegend:
"Es ist auch Aufgabe einer Fraktionsvorsitzenden, den Kurs der Partei, allen voran der Parteiführung, in der Öffentlichkeit zu stützen und zu vertreten. Diese Aufgabe fiel mir zunehmend schwer und ist mir mittlerweile unmöglich geworden."
So habe sich nach Ansicht der Fraktionsvorsitzenden aktuell "in der Parteiführung und unter einer Mehrheit von Funktionären ein Kurs durchgesetzt, der meinen politischen Überzeugungen an vielen Stellen deutlich widerspricht und der die Linke zunehmend in die politische Bedeutungslosigkeit treibt". Dazu gehöre unter anderem auch die halbherzige Kritik an der amtierenden Ampelregierung. Diesbezüglicher Wahrnehmungen schreibt Mohamed Ali:
"Es wird bewusst kein klares und grundsätzliches Nein zum falschen Kurs der Ampelkoalition formuliert, der den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet und damit massiv Wohlstand und Arbeitsplätze bedroht, der nichts tut gegen Kinderarmut, gegen Löhne, die zum Leben nicht reichen, gegen Armutsrenten."
Die Bundesregierung betreibe dabei eine Klimapolitik, "die nicht den Klimawandel bekämpft, sondern vor allem das Alltagsleben vieler Menschen noch schwieriger und teurer macht". Des Weiteren kritisiert die Linken-Politikerin nachdrücklich, dass es "an einem klaren 'Ja' zu konsequenter Friedenspolitik" und dazugehöriger Diplomatie fehle. Zu diesem Punkt heißt es wörtlich:
"Besonders deutlich wurde das, als der Parteivorstand sich im Februar weigerte, zur Teilnahme an einer der größten Friedensdemonstrationen der letzten Jahre aufzurufen. Eine konsequente Friedenspolitik ist aber eine der wichtigsten Aufgaben der Linken und Teil unserer historischen Tradition.
Mit dem Kurs der Parteiführung sollen in erster Linie enttäuschte Grünen-Wähler gewonnen werden. Dies gelingt nicht und es gelingt so erst recht nicht, die Menschen zu erreichen, für die eine linke Partei vor allem Politik machen sollte."
Der Linken-Bundestagsabgeordnete Alexander Ulrich bezeichnete den Rückzug von Mohamed Ali laut einem Zeit-Artikel "als weiteren Sargnagel für die Partei". Ulrich wird mit den Worten zitiert:
"Ich kann die Gründe völlig nachvollziehen. Die Parteiführung schafft es nicht nur die Partei zu zerlegen, sondern nun auch die Bundestagsfraktion. Die Linke verkommt leider zu einer Sekte. Wir hoffen auf Sahra Wagenknecht."
Mit dem jetzigen Kurs und Verhalten der Parteispitzehabe die Partei keinerlei Chancen mehr, nochmals in den Bundestag zu kommen. Ex-Linken-Vorsitzender Klaus Ernst bedauert demnach die Entscheidung von Mohamed Ali, zeige jedoch für die Entscheidung "größtes Verständnis". Die Linken-Bundestagsabgeordnete Jessica Tatti resümierte unmissverständlich, dass Mohamed Ali nicht bereit sei, sich "dem Anti-Wagenknecht-Kurs der Parteiführung zu beugen".
Die Linken-Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan nahmen die Ankündigung "mit Respekt zur Kenntnis". Zudem dankten sie Mohamed Ali "für ihre jahrelange Arbeit als Vorsitzende der Linksfraktion". Reaktionen oder Kommentare zu den unmissverständlichen Vorwürfen der Parteikollegin gab es bis dato nicht.
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