Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) hat gemeinsam mit dem Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko den Springer-Medien ein Interview gegeben.
Darin nahm Baerbock Stellung zum Ukraine-Konflikt und legte erneut ihre Sicht auf die Entstehung des Konflikts dar. Auf die Frage nach weiteren Waffenlieferungen und die zunehmend größer werdende Skepsis vieler Bürger gegenüber der Ukrainepolitik der Bundesregierung sagte Baerbock:
"Auch wenn man mit denjenigen, die Waffenlieferungen ablehnen, wirklich diskutiert, also nicht nur mit Gegenargumenten konfrontiert wird, wird immer wieder deutlich, wenn man fragt, was würdet ihr denn tun, wenn ihr in so einem Bunker sitzt, wenn ihr wisst, eure Kinder hängen in der Ostukraine fest und niemand kommt an sie heran, würdet ihr wollen, dass die Welt wegschaut?"
Damit ließ sie die Frage unbeantwortet.
Auch die Frage, warum sich die deutsche Außenministerin nicht für Verhandlungen einsetzt, beantwortete Baerbock ausweichend.
"Da habe ich hier in Chemnitz, aber das mache ich auch in München oder wenn ich auf Diskussionen in London bin, deutlich gemacht, dass gerade die Bundesrepublik Deutschland durch die Rolle, die sie hatte in dem Verhandlungsformat, was ja Minsk technisch heißt, bis zur letzten Minute vor Ausbruch dieses brutalen russischen Vernichtungskrieges alles getan hat, dass eine weitere militärische Eskalation abgewendet wird."
Vermutlich meinte Baerbock hier die völkerrechtlich bindende Vereinbarung Minsk II, die allerdings kein Verhandlungsformat war, sondern ein ausgearbeiteter, dreizehn Punkte umfassender Fahrplan zur Beendigung des ukrainischen Bürgerkriegs, in dessen Mittelpunkt der Umbau der Ukraine zu einem föderalen Staat stand. Dieser Fahrplan sah vor, dass die Donbasser Volksrepubliken einen autonomen Status erhalten, aber Teil der Ukraine bleiben. Minsk II sollte die territoriale Integrität der Ukraine erhalten. Das ist nicht gelungen.
Unter anderem Deutschland hatte damals die Umsetzung von Minsk II sabotiert. Die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit zugegeben, der Plan sei nie die Umsetzung der Vereinbarung gewesen. Es sei darum gegangen, der Ukraine Zeit zu verschaffen, damit sie "stärker werden" kann. Gedeutet wird dies als Bekenntnis zur Aufrüstung der Ukraine durch den Westen. Angesichts dieser Tatsachen wirken die Aussagen Baerbocks über das Minsker-Abkommen uninformiert. Die Außenministerin weiß offenkundig nicht, wovon sie spricht.
Baerbock behauptete faktenwidrig, die Ukraine sei bereits seit 2014 mit Russland im Krieg. Eine relevante Anzahl russischer Truppen war zwischen 2014 und dem Beginn der militärischen Spezialoperation nachweislich nicht in der Ukraine. Der Ausbruch des Bürgerkriegs war eine Reaktion auf den Putsch in Kiew und die sich daran anschließende Beschneidung der Rechte der russischsprachigen Bevölkerung im Osten des Landes.
Baerbock bleibt im Interview ihrer Politik der Eskalation treu. Sie würde gern mehr Waffen liefern.
"Mit jedem Tag des Kriegs versuchen wir alles, was uns zur Verfügung steht, zu leisten, damit die Ukraine diesen Krieg gewinnen kann", sagte sie.
Eine Verhandlungslösung lehnte Baerbock erneut ab. Sie wünsche sich zwar, mit Putin zu verhandeln, aber es sei notwendig, der Realität des "brutalen russischen Angriffskriegs" ins Auge zu blicken.
Wichtig sei, die Unterstützung der Ukraine nicht gegen soziale Probleme in Deutschland in Stellung zu bringen. Es würde ihr natürlich wehtun, wenn die Menschen nicht genug Geld hätten in den Urlaub zu fahren. Aber das Leid in Deutschland gegen die Ukraine auszuspielen, nütze in Deutsschland niemand. Die gestiegenen Preise in Deutschland und der damit verbundene sinkende Wohlstand habe nichts mit dem Krieg in der Ukraine zu tun.
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