Die Kollateralschäden der Corona-Politik und die fatalen Verwerfungen, mit denen diese Politik verbunden war, kommen auch langsam auch in den Mainstream-Medien an. Eine politische Aufarbeitung der Fehler in der Bundesrepublik lässt hingegen weiter auf sich warten.
In anderen Ländern ist man bereits weiter: In Italien hat beispielsweise das Parlament am 6. Juli für einen Gesetzentwurf zur Einrichtung einer Untersuchungskommission gestimmt. Die Kommission soll unter anderem Entscheidungen der italienischen Regierung in Bezug auf die Masken- und Impfpflicht, entsprechende Verbote und staatliche Ausgaben überprüfen.
In der Bundesrepublik gab es zwar ähnliche Vorschläge, aber eine entsprechende Kommission lässt bisher auf sich warten. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki sieht die Gründe dafür auch in der derzeitigen Regierungskoalition. Der Berliner Zeitung sagte Kubicki dazu:
"Leider sind vor allem unsere grünen Koalitionspartner in einen bedauerlichen Abwehrreflex gegen diese Idee verfallen."
Kubicki hatte Ende Februar 2023 gemeinsam mit seinem Parteikollegen Andrew Ullmann ein Positionspapier zur Einrichtung einer Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag vorgestellt. Es gehe "vor allem darum, eine Situation zu vermeiden, in der eine Regierung erneut im Blindflug Grundrechtseingriffe vornimmt". Für Kubicki sei es "unbegreiflich, wie man sich dagegen positionieren könne". Bei Enquete-Kommissionen handelt es sich um überfraktionelle Arbeitsgruppen, die zur Untersuchung eines bestimmten Themas berufen werden und Empfehlungen erarbeiten. Die Kommissionen werden vom Bundestag oder von Landesparlamenten eingesetzt. Zum Einsetzen einer solchen Kommission müssen im Deutschen Bundestag 25 Prozent der Abgeordneten dafür stimmen.
Die AfD forderte Mitte April ebenfalls einen Untersuchungsausschuss, deren Antrag wurde im Bundestag jedoch mit großer Mehrheit abgelehnt. Die Partei will jedoch weiter dafür arbeiten: Die AfD-Fraktion des Saarlandes gab beispielsweise bekannt, dass sie am Mittwoch im Landtag wenigstens dort die Einsetzung eines Ausschusses zur Aufarbeitung der staatlichen Corona-Politik beantragen will.
Kubicki sagte weiterhin, dass kaum ein Lebensbereich nicht durch die Corona-Politik beeinflusst wurde, daher sollte von einer solchen Kommission auch kein Bereich ausgespart werden. Der FDP-Politiker betonte jedoch, dass ein besonderes Augenmerk auf den Umgang mit Kindern gelegt werden sollte:
"Was haben wir unseren Kindern zugemutet, ohne dass es notwendig war?"
Zum Thema damals angeordneter Schulschließungen legte auch der Corona-Hardliner und derzeitige Bundesminister für Gesundheit Karl Lauterbach (SPD) eine erstaunliche Kehrtwende hin. Lauterbach ist bekannt dafür, dass er sich in der Corona-Krise regelmäßig für noch härtere Maßnahmen ausgesprochen hatte. Zu jener Zeit war Lauterbach "nur" Bundestagsabgeordneter der SPD, der Gesundheitsminister hieß Jens Spahn (CDU). In der gemeinsamen Koalition der SPD mit den Unionsparteien war Lauterbach jedoch an wichtigen Entscheidungen beteiligt. Nach der Bundestagswahl 2021 und dem folgenden Regierungswechsel wurde er bekanntlich Gesundheitsminister. Im Januar folgte dann seine persönliche Kehrtwende: Lauterbach erklärte, dass die Schließungen von Schulen und Kitas ein Fehler gewesen seien. Kubicki erklärte der Berliner Zeitung weiterhin:
"Weil sich die Verantwortlichen bei Corona fast ausschließlich von Virologen und Modellierern haben leiten lassen, bedarf es dringend einer Aufarbeitung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen. Ich möchte nie wieder erleben müssen, wie derartige wichtige Fragen in den Hinterzimmern des Kanzleramtes ausgehandelt werden und das Parlament zum Zaungast herabgestuft wird, wie es unter der letzten Bundesregierung geschehen ist."
Es müsse daher dringend auch aufgearbeitet werden, wie während der Corona-Jahre Entscheidungen getroffen wurden. Eine andere Frage, die hierzulande – anders als in den USA – immer noch kaum diskutiert wird, ist die Frage nach dem tatsächlichen Ursprung des Corona-Virus. Kubicki hält dies allerdings nicht für ein Thema, das für einen deutschen Untersuchungsausschuss geeignet wäre:
"Das wäre der Fall, wenn die Bundesregierung absichtlich Informationen unterdrückt oder manipuliert hätte, wofür ich keine Anhaltspunkte habe."
Er erwarte "natürlich trotzdem, dass die Bundesregierung alle ihre Kenntnisse umfassend mit dem Parlament teilt".
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