Für die Bundesregierung ungeahnt und überraschend stoppte das Karlsruher Bundesverfassungsgericht die Pläne von der Ampelkoalition, das kontrovers wahrgenommene Heizungsgesetz noch vor der Sommerpause zu verabschieden. Das Gericht gab dem entsprechenden Eilantrag des CDU-Abgeordneten Thomas Heilmann statt. Die Entscheidung ist mit 5:2 Stimmen ergangen.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich teilte unmittelbar informierend dem ZDF mit: "Wir nehmen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Kenntnis und werden diese Woche im Bundestag nicht mehr entscheiden". FDP-Fraktionschef Christian Dürr stellte fest:
"Karlsruhe hält es angesichts der außergewöhnlich umfangreichen Änderungen für möglich, dass Rechte der Abgeordneten verletzt würden, würde das Gesetz diese Woche beschlossen. Die Entscheidung unterstreicht daher, dass das Gebäudeenergiegesetz vom Kopf auf die Füße gestellt wurde."
Auch die FDP werde den Gerichtsbeschluss "selbstverständlich respektieren", so Dürr. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, resümierte zur Roten Karte für die Regierungspläne:
"Die Ampel hat vollmundig betont, das Parlament wieder zu einem Ort der Debatte zu machen. Stattdessen zieht sich ihre Missachtung parlamentarischer Regeln wie ein roter Faden durch ihre Regierungszeit. Die Koalition muss endlich zur Besinnung kommen und ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren neu starten."
Antragsteller Heilmann äußerte sich zufrieden und erleichtert über den Gerichtsbeschluss:
"Natürlich war ich davon überzeugt, dass effektiv vier Tage Parlamentsbeteiligung nicht unseren Ansprüchen an die Demokratie genügen kann. Ich freue mich, dass das Bundesverfassungsgericht mir nun gefolgt ist. Das wird sicher Folgen für den Parlamentarismus haben, die ich so spontan noch nicht ganz übersehen kann."
Schlagzeilen lauteten am Morgen danach:
- Bild-Zeitung: "Scholz beim Feiern kalt erwischt - Regierung völlig überrumpelt
- Der Spiegel: "Merz wertet Heizungsurteil als schwere Niederlage der Regierung."
- Der Merkur: "'Murks endlich einstampfen': Habecks Heizungsgesetz vorerst gestoppt."
CDU-Chef Friedrich Merz reagierte via Twitter-Beitrag mit der Deststellung:
"Dem unsäglichen Umgang der Bundesregierung mit dem Parlament und der Öffentlichkeit wurde nun ein Riegel vorgeschoben. Klimaschutz gelingt nicht mit der Brechstange, sondern nur durch gute und gründliche Beratung im Bundestag. Scholz und seine Bundesregierung wären gut beraten, das Urteil aus Karlsruhe zum Innehalten zu nutzen. So wie bisher kann es im Bundestag nicht weitergehen."
AfD-Fraktionsführerin Alice Weidel kommentierte lediglich in einer ersten Reaktion: "Das Eilverfahren, dem sich auch Abgeordnete der AfD als Kläger anschlossen, hatte Erfolg". Der stellvertretende Vorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, erkennt in dem Beschluss die "verdiente Quittung für die Grünen, die in dieses Verfahren einen unerklärlichen Druck hineingegeben haben", so der FDP-Politiker.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt fordert nun laut dem SPD-nahen RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) das gesamte Heizungsgesetz nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts zurückzuziehen, um festzustellen:
"Die wiederholte Missachtung des Parlaments durch die Ampel-Regierung hat jetzt durch das Bundesverfassungsgericht ein Stoppschild aufgestellt bekommen."
Für viele Bürger überraschend, hat Bundesminister Karl Lauterbach die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch nicht kommentiert. Auch seitens Wirtschaftsminister Habeck gab es bis dato keinen entsprechenden Kommentar. Der ehemalige Bild-Chefredakteur Julian Reichelt schrieb zum Beschluss auf Twitter:
"Die größte Mehrheit, die Robert Habeck je geschaffen hat, ist eine Mehrheit gegen sich sich selbst und die Bundesregierung. Mit seinem Heizungsgesetz hat er unser Land geeint, das oft als gespalten beschrieben wird – gegen das Heizungsgesetz."
Die Ampel-Fraktionsspitzen werden laut Medieninformationen an diesem Donnerstagmorgen über das weitere Vorgehen beraten. Die Ampelkoalition wollte das Gesetz bis zur Sommerpause verabschieden, die am Ende der Woche beginnt. Der Gesetzentwurf hätte daher am Freitag im Bundestag beschlossen werden müssen. "Ausdrücklich weist das Gericht auf die Möglichkeit einer Sondersitzung hin, über die nun beraten werden muss", so SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch gegenüber dem RND feststellend.
Dem Gerichtsbeschluss zufolge, könnte das Gebäudeenergiegesetz dabei immer noch zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Dafür müsse nur im Juli noch eine parlamentarische Sondersitzung abgehalten werden.
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