Von Tom Dannert
In Deutschland ist es längst keine Seltenheit mehr, dass Rentner in den Unternehmen weiterbeschäftigt werden. Denn zahlreiche Menschen in der Bundesrepublik wollen (oder müssen) mit ihrem Erreichen der Regelaltersgrenze weiterhin berufstätig bleiben, um sich etwas zum Lebensunterhalt dazuzuverdienen oder im Alltag nicht in ein tiefes Loch aus Langweile zu fallen.
Dass sich immer mehr Senioren nach dem vermeintlichen Ende ihrer Berufslaufbahn für das Weiterarbeiten entscheiden, ist aber auch aus Sicht der Unternehmen ein positiver Aspekt. Schließlich können sie dadurch in der heutigen Krisenzeit, wenn in der deutschen Wirtschaft vor allem Fachkräftemangel herrscht, auf einen größeren Personalpool zurückgreifen.
Für die Unternehmen scheint es generell sinnvoll zu sein, Rentner zu beschäftigen, da diese Maßnahme diverse Vorteile mit sich bringt: Mit der Beschäftigung ehemaliger Angestellter im Ruhestand kann man besser auf Personalengpässe oder Ausfälle reagieren und somit besser planen. Alteingesessene Mitarbeiter verfügen zudem bereits über die benötigte Kompetenz und haben daher keine Einarbeitungszeit nötig, im Gegensatz zu frischgebackenen Berufseinsteigern. Darüber hinaus können Berufserfahrene auf gutes und bewährtes Fachwissen sowie zusätzliches Know-how aus vergangenen Zeiten zurückgreifen – unbestritten ein Wettbewerbsvorteil, den jüngere Mitarbeitern nicht bieten können.
So wächst der Anteil älterer Menschen im Erwerbsleben in Deutschland inzwischen, wie das Statistische Bundesamt kürzlich meldete. Demnach stieg die Zahl der Erwerbstätigen im Rentenalter (65 bis 70 Jahre) von 11 Prozent im Jahre 2012 innerhalb von zehn Jahren auf 19 Prozent im vergangenen Jahr.
Dies hat auch eine aktuelle Umfrage vom ifo Institut, dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V., ergeben, dass nämlich 70 Prozent der Unternehmen Rentner beschäftigen, berichtet das Magazin Der Spiegel. Die meisten dieser Firmen – wiederum 70 Prozent – bieten den Senioren Minijobs an. Laut der Ifo-Umfrage, bei der Mehrfachnennungen möglich waren, geht es in 45 Prozent der Fälle um eine Teilzeitanstellung, bei 11 Prozent gibt es Vollzeitstellen und 4 Prozent sind Vereinbarungen über eine freie Mitarbeit. Angesichts des demografischen Wandels geben mehr als 75 Prozent der aktuell befragten Unternehmen an, sich um die Senioren besonders zu bemühen.
Wie eingangs erwähnt, gilt der Mangel an Fachkräften in Deutschland offiziell als der Hauptgrund für solche Maßnahmen. Laut der Ifo-Umfrage betrachten etwa 42 Prozent der Unternehmen den Fachkräftemangel als ein schwerwiegendes Hindernis für den Ausbau ihrer Produktion. Am deutlichsten ist dieses Problem in den sogenannten Neuen Bundesländern zu spüren, wo die demografische Krise stärker zu beobachten ist als in Westdeutschland.
Um den Mangel an Fachkräften zu beheben, gehe es aber nicht nur darum, die älteren Beschäftigten bei Laune zu halten, damit sie nicht sogar noch vorzeitig in Rente gehen, meinen deutsche Experten. Zusätzlich fordern sie dennoch auch mehr Migration in die Bundesrepublik. So brauche Deutschland nach Angaben des "Sachverständigenrates zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Lage" künftig 1,5 Millionen Zuwanderer pro Jahr.
Die Bundesregierung hat sich diesen Vorschlag offenbar zu Herzen genommen und beschloss deshalb, die Zuwanderung merklich zu erleichtern. Nach langen Verhandlungen haben sich die Gesetzgeber auf ein neues Zuwanderungsgesetz geeinigt, das im vergangenen Juni verabschiedet wurde. Dieses Gesetz soll drei Voraussetzungen implizieren, um als Arbeitsfachkraft in Deutschland willkommen zu sein: Qualifikation, Erfahrung oder Potenzial.
Nicht zu vergessen ist, dass Fachkräfte mit anerkanntem Abschluss bereits heute einwandern dürfen. Wer mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und ein Gehalt über einer bestimmten Schwelle nachweisen kann, darf ebenfalls zuwandern, und zwar auch ohne abgeschlossenes Anerkennungsverfahren. Im Grunde wird dieses Prinzip durch die Gesetzesnovellierung ergänzt, die es Menschen auch ohne Arbeitsvertrag ermöglichen soll, nach Deutschland zu kommen.
Inwiefern die derzeit von Rezession und der Unternehmensabwanderung geplagte deutsche Wirtschaft in absehbarer Zeit überhaupt noch Bedarf für ausländische Fachkräfte haben wird, ist allerdings offen. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die benötigte Zuwanderung nicht unproblematisch zu bewerkstelligen werden dürfte. Angesichts der angespannten wirtschaftlichen Situation stellt sich etwa auch die Frage, wie bei Millionen neuer Einwanderer, die ins Land kommen, deren Situation gegen mögliche Probleme abgesichert werden könnte.
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