Die Kabarettistin Christine Prayon hat die Zusammenarbeit mit der ZDF-"Satiresendung" heute-show beendet. Dort war sie seit 2011 als Reporterin "Birte Schneider" zu sehen. Ihren letzten Auftritt hatte sie im September 2022. In einem langen Interview mit der Stuttgarter Wochenzeitung Kontext erklärte Prayon die Gründe für ihren Ausstieg. Die Sendung habe sich geändert, sie könne sich mit ihr nicht mehr identifizieren:
"Ich habe mit der Art, wie die großen gesellschaftlich prägenden Themen seit Corona behandelt werden, zunehmend Bauchschmerzen bekommen. Ich habe auch mit den Verantwortlichen dort geredet und betont, dass ich mich nicht daran beteiligen will, Andersdenkende der Lächerlichkeit preiszugeben."
Satire dürfe sich nicht daran beteiligen, den Diskurs zu verengen:
"Und jetzt findet genau dies wieder statt beim Krieg in der Ukraine. Da werden Narrative und Positionen von Gruppen, die gesellschaftlich in der Hierarchie weit oben stehen, unablässig wiederholt und gleichzeitig wird Stimmung gegen Andersdenkende gemacht. Das hat nach meinem Dafürhalten nichts mehr mit Satire zu tun."
Zwar habe man ihr bei der heute-show und auch bei der Anstalt des ZDF die Tür offen gelassen, aber sie sei keine Freundin von Satiresendungen mehr, auch nicht von Böhmermann. Auf das Nachhaken der Interviewerin, dass Jan Böhmermann "mit seinem Rechercheteam gut dabei" sei, Missstände aufzudecken, entgegnete die 49-Jährige:
"Auch er hat die gängigen Narrative verstärkt. An eine Sendung kann ich mich noch gut erinnern. Da ging es um Nichtgeimpfte, und dann lehnte er sich zurück und zeigte zwei Stinkefinger. Ich dachte, wie kann man das machen?"
Prayon beklagte die Verengung der Debatte in der Corona-Krise. Auch sie habe Unsicherheiten und Fragen in Bezug auf die Impfstoffe. Es sei aber schwierig gewesen, sich eine Meinung zu bilden, weil auf der einen Seite immer die Gleichen geladen würden, und man auf der anderen Seite keine "obskuren Kanäle" anklicken dürfe:
"Diese Verunmöglichung eines Diskurses verschärft nur die Spaltung. Wie wenig bedarf es mittlerweile, um als rechts gebrandmarkt zu werden. Wann bin ich rechts, wann bin ich eine Verschwörungstheoretikerin, eine Schwurblerin? Ich habe Fragen, ich habe Kritik, ich möchte mich äußern dürfen, ich möchte auch zuhören dürfen, ich möchte auch den hören, der für das Letzte gehalten wird."
Mit Satire, die das nicht mehr möglich macht, könne sie nichts mehr anfangen. Das sei ein Simulieren von Freiheit:
"Und seit Stuttgart 21, seit dem Demokratietheater, das ich dort miterlebt habe, sehe ich, dass vieles ausgehöhlt ist. Mir fällt es seitdem schwer, auf das Grundgesetz zu pochen oder den Rechtsstaat."
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