Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ist seit November 2018 stellvertretender bayerischer Ministerpräsident sowie bayerischer Wirtschaftsminister. Am 8. Oktober dieses Jahres wird in Bayern gewählt. Aiwangers Auftritt bei einer sogenannten "Heizungsdemo" im bayerischen Erding wurde von der Opposition, hinsichtlich seiner Kritik an der verantwortlichen Politik in Berlin, vehement kritisiert. Die Grünen verlangten eine Entlassung Aiwangers, die SPD seinen Rücktritt. Die Koalitionsfraktionen von CSU und Freien Wählern stimmten am Mittwochabend geschlossen gegen einen entsprechenden Antrag.
Die bayerische Opposition nutzte dabei erneut am 14. Juni die Debatte über eine Regierungserklärung von Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zu scharfer Kritik am Wirtschaftsminister. Wegen seiner eindeutigen Wortwahl bei der Demonstration am vergangenen Wochenende attackierte laut dem Sender BR24 vor allem Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze Aiwanger scharf. Dieser sei von "Verschwörungstheoretikern gefeiert" worden, weil er "in Fäkalsprache die Bundesregierung attackierte". Seine Wortwahl sei für einen Vize-Ministerpräsidenten nicht angemessen gewesen. Aiwanger gab in Erding Formulierungen wie "Berliner Chaoten" oder "Arsch offen" von sich. Der größte Aufreger bei seiner Rede vor rund 13.000 Menschen war der Satz:
"Jetzt ist der Punkt erreicht, wo endlich die schweigende große Mehrheit dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen muss."
Katharina Schulze ist wiederum auch nicht gerade zurückhaltend, bei ihrer Wortwahl in Auftritten und Reden. So warnte sie den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), der ebenfalls in Erding sprach, mit der Feststellung: "Heranwanzen an Populisten stärke am Ende das Original". Söder war bei Aiwangers Regierungserklärung und der gestrigen Debatte nicht anwesend.
Bei der erhitzten Debatte im Landtag stellte Schulze klar, Aiwanger "sei Teil der parlamentarischen Demokratie, draußen wiegele er Menschen dagegen auf". Seine Aussagen erinnerten sie "an Worte des AfD-Politikers Alexander Gauland und von Ex-US-Präsident Donald Trump" und stellten daher die "Lehrbuchbeschreibung eines astreinen Rechtspopulisten und geistigen Brandstifters" dar:
Schulze fand in ihrer lauten Rede zudem für ihren Parteikollegen und verantwortlichen Wirtschaftsminister Robert Habeck rein wohlwollende Worte. Sie sei ihm "dankbar, für seine großartige Arbeit". Nach vernehmbarer Reaktion der Anwesenden in dem Plenarsaal, echauffierte sich Schulze empört und lautstark:
"Sorry, Leute, während ihr jetzt hier aufstöhnt, wer hat uns gut durch diesen letzten Winter gebracht? Wer hat die Gasspeicherwerke gefüllt? Wer hat dafür gesorgt, dass die erneuerbaren Energien entfesselt wurden? Das war Robert Habeck! Während ihr nur von einer Deindustrialisierung schwätzen könnt, arbeitet dieser Mann."
Nutzer der sozialen Medien zeigten sich entsetzt bis irritiert und erinnerten an Schulzes Rede aus dem Dezember 2021, in der sie eine "Verschärfung der Kontaktbeschränkung für ungeimpfte Erwachsene" forderte. Wörtlich sagte sie:
"Zweitens wollen wir, dass der Handel endlich für Ungeimpfte geschlossen wird: 2G im Einzelhandel, mit Ausnahme der Grundversorgung, sowie 2G plus im touristischen Beherbergungswesen, in der Gastronomie und bei körpernahen Dienstleistungen."
Aiwangers Parteikollegen konterten im Anschluss an Schulzes aktueller Rede und verteidigten den bayerischen Wirtschaftsminister. Der parlamentarische Geschäftsführer der Freie-Wähler-Fraktion, Fabian Mehring, warf Schulze eine "doppelzüngige, ziemlich billige Politshow" vor, mit dem Ziel, vom "politischen Versagen" der Grünen in Berlin abzulenken, so BR24 zusammenfassend.
Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl betonte, seine Fraktion blicke "mit Stolz auf unseren Wirtschaftsminister" und "wir wissen, wie die Regierungsarbeit in Bayern geht, und wir haben dieses Land durch die Krise geführt". Die Ampel in Berlin sei gescheitert und eigentlich "jetzt schon Geschichte". Der bayerische AfD-Fraktionsvize Gerd Mannes zeigte sich verwundert über die Rücktrittsforderungen an Aiwanger: "Warum soll ein Wirtschaftsminister zurücktreten, wenn er in viereinhalb Jahren einmal eine vernünftige Rede hält?".
In der gestrigen Regierungserklärung Aiwangers mit dem Titel "Wohlstand sichern durch eine starke Wirtschaft" erkannte dieser "Fehlentwicklungen" und "wirtschaftspolitische Sünden im Bund". Insbesondere kritisierte er laut BR24 "neben dem Heizungs- auch das Energieeffizienzgesetz, das zu Deindustrialisierung führe".
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