Bereits der aktuelle ARD-DeutschlandTrend schockierte den Mainstream in Politik und Medien. Denn 18 Prozent der Befragten würden für die Alternative für Deutschland (AfD) stimmen – ebenso viele wie für die SPD. Und nur noch ein Fünftel der Wähler sei mit der Arbeit der Bundesregierung zufrieden. In der ARD-Umfrage sahen die Meinungsforscher die Union mit 29 Prozent vorn und die Grünen mit 15 Prozent deutlich hinter der AfD. Die FDP könnte gegenwärtig noch mit sieben Prozent rechnen, während die Linke es nur auf vier Prozent brächte und damit den Bundestag verlassen müsste, würde am morgigen Sonntag gewählt.
Die aktuellen Umfragedaten spiegeln die Stimmungslage am Ende eines Monats wider, der von Enthüllungen über fragwürdige personelle Verflechtungen und Interessenkonflikte im Verantwortungsbereich von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und der darauf folgenden Entlassung seines Staatssekretärs Graichen gekennzeichnet war. Habeck und die von ihm eingesetzten Spitzenbeamten stehen exemplarisch für die kontrovers diskutierte "Energie- und Wärmewende" der Bundesregierung.
AfD im Osten vorn
Noch drastischer fällt nun der Erfolg für die AfD in einer INSA-Umfrage aus, die die Bild in Auftrag gegeben hatte. Demnach könnte die zweitgrößte Oppositionspartei sogar auf 19 Prozent kommen. Auch die INSA-Demoskopen sehen einen Gleichstand der AfD mit der SPD. Schlechter schneiden hier jedoch die Union mit nur 27 Prozent und die Grünen sogar mit nur 13 Prozent ab. Allerdings bringt es die FDP bei INSA dafür auf neun Prozent, und die Linke würde es knapp wieder in den Bundestag schaffen (fünf Prozent).
Alarmiert zeigt sich das Springer-Blatt über die Tatsache, dass die AfD besonders in den Ostbundesländern, einschließlich Berlins, punkten kann. Hier erreicht sie durchschnittlich 30 Prozent – im Gegensatz zu immerhin 16 Prozent im Westen der Republik. Damit überrundet die AfD die Union in den östlichen Bundesländern deutlich (25 Prozent).
Was die Geschlechter- und Altersverteilung in der Wählerschaft betrifft, gibt es keine Überraschungen: 23 Prozent der möglichen Wähler sind Männer, aber nur 15 Prozent Frauen. Nach Altersgruppen gerechnet, stimmen am ehesten die 50- bis 59-Jährigen für die AfD.
Verglichen mit den Umfrageergebnissen von vor einem Jahr, konnte die AfD um mehr als das Doppelte zulegen. Im Juni 2022 hatten die INSA-Meinungsforscher die AfD noch bei neun Prozent gesehen.
Perfider Verwechslungstrick
Im Kommentar der Bild zu den neuesten Umfrage-Erfolgen der AfD werden die Reaktionen der Bundestagsparteien "so erwartbar wie wohlfeil" genannt. Unter der Überschrift "Nährboden für Verfassungsfeinde" gibt er die Richtung für die Erklärung vor. In Gänze wird die AfD als "Rechtsaußen"-Partei markiert, die von der ungelösten Migrationsproblematik profitiere. Mit dazu beigetragen habe Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die sich gegen feste Grenzkontrollen sträube. Hinzu komme der Habecksche "Heiz-Hammer", was insgesamt zu einer Politik geführt habe, "die nicht hilft, sondern die Leute im Stich" lasse.
Wenn es um die Bewertung des Höhenfluges der AfD geht, hilft man sich mit einer Unterstellung. Die politische Gegnerschaft zur konkreten Politik der "Ampelkoalition" wird nicht als solche eingeordnet, sondern von der Bild als grundsätzliche Ablehnung der politischen Ordnung des Landes hingestellt: Die aktuelle Bundespolitik sei "leider Nährboden auch für Verfassungsfeinde". Will heißen: Wer die Habeckschen Heizungspläne ablehnt, ist potenzieller Verfassungsfeind.
Würde die Berliner "Ampel" zu einer "Politik der praktischen Vernunft finden", könnte der "Höhenflug der Protestpartei AfD schnell ein Ende haben", gibt sich das Boulevardblatt gewiss. Denn den Bürgern habe die AfD "doch außer dummen Parolen gar nichts anzubieten".
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