Bundeskanzler Olaf Scholz hat im Rahmen eines Pflichttermins das SPD-Europafest im westlich von Berlin gelegenen Falkensee besucht. Mit seiner Anwesenheit wollte Scholz den Wahlkampf der lokalen Bürgermeisterkandidatin der SPD unterstützen. Im direkten Gespräch mit den Bürgern machten mehrere Demonstranten lautstark auf sich aufmerksam. Anschließend fand eine Diskussion zwischen dem Kanzler und dem ebenfalls anwesenden brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) statt.
Bereits beim Betreten der Bühne wie auch während der Rede der Oberbürgermeisterkandidatin äußerten jedoch Teile der Zuhörerschaft ihren Unmut:
Den Kern der lautstarken Gruppe bildeten Demonstranten aus dem Umfeld des in Berlin und Umgebung mittlerweile bekannten Kritikers der Corona-Maßnahmen und Friedensaktivisten "Captain Future". Ihr Protest richtete sich hauptsächlich gegen die aktuelle Ukrainepolitik der Bundesregierung. Im Gespräch mit den Demonstranten äußerten diese dem Julian Reichelt-Portal Pleiteticker zufolge "ihren Unmut über das Sondervermögen für die Bundeswehr, die Flüchtlingspolitik und das Misstrauen gegenüber etablierten Medien".
Nachdem der Kanzler während seine Rede immer wieder als Kriegstreiber tituliert worden war und Zwischenrufe wie "Heuchler", "Frieden schaffen ohne Waffen", "Hau ab!" und "Wir sind das Volk!" zu hören bekam, reagierte er in vergleichsweise impulsiver Weise. Scholz wörtlich zu den Kritikern:
"Und weil Putin der Kriegstreiber ist, der hier von euch ausgeschrien wird, wenn Ihr irgendeinen Verstand in euren Hirnen hättet …"
Zu Beginn seiner Rede teilte der Bundeskanzler den Zuhörern bereits mit:
"Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Schreihälse! Kriegstreiber ist Putin. Er ist mit 200.000 Soldaten in die Ukraine einmarschiert. Er hat noch viel mehr mobilisiert. Er darf nie wieder die eigenen Bürger riskieren für einen imperialistischen Traum. Putin will die Ukraine zerstören und Europa hat er auch noch im Blick."
Scholz behauptete des Weiteren, dass der russische Präsident für "100.000, vielleicht auch 150.000" tote russische Soldaten verantwortlich sei, um erneut seine Sicht auf die politische Lage klarzustellen. Der Kanzler machte deutlich, dass er keine Alternative zur fortdauernden Unterstützung für die Ukraine mit Waffen sieht:
"Ja, das ist notwendig, wenn ein Land angegriffen wird, dann muss es sich, dann darf es sich verteidigen, was denn sonst?"
An anderer Stelle sagte Scholz: "Es ist und bleibt richtig, die Ukraine zu unterstützen" und "Wir tun es nach den USA am meisten als Deutsche. … Wir werden es alle gemeinsam tun, solange das notwendig ist."
Der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) kommentierte die lautstarken Scholz-Kritiker mit den Worten:
"Diese Demo gehört doch eigentlich auf den Roten Platz in Richtung des Kreml … Freiheit ist auch, dass ihr hier krakeelen könnt."
Die Berichterstattung der Medien über den Schlagabtausch zwischen Scholz und den Demonstranten vermittelte am Sonnabend hingegen weitgehend das übliche Bild. Getitelt wurde unter anderem:
- Bild: Kanzler Scholz wehrt sich gegen Störer – Klare Kante gegen Pöbel-Mob
- BerlinerTagesspiegel: 'Wenn ihr irgendeinen Verstand in euren Hirnen hättet': Emotionaler Kanzler-Auftritt in Falkensee
- T-Online: 'Wenn ihr Verstand in euren Hirnen hättet' – Kanzler Scholz wehrt sich auf Bühne lautstark gegen Störer
- Märkische Allgemeine: Verbale Randale: Buh-Rufe und Pfiffe gegen Bundeskanzler Olaf Scholz in Falkensee
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