Presseberichten zufolge steht der sogenannten "Ampelkoalition" neues Ungemach ins Haus. Die internen Beratungen für den Bundeshaushalt 2024 erweisen sich für die widerstreitenden Interessen innerhalb des Dreierbündnisses als unerwartet große Hürde. So konnten SPD und FDP untereinander bereits relative Einigkeit erzielen, indem sie die Grünen aus ihren Plänen erst einmal heraushielten.
Sozialliberale Vorarbeiten
Wie es heißt, sollen sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) darauf verständigt haben, eine noch bestehende Deckungslücke für den kommenden Haushalt in der Größenordnung von 20 Milliarden Euro durch allgemeine Kürzungen zu schließen. Nahezu alle Ministerien sollen ihre Ausgaben um zwei bis drei Prozent kürzen, wie die Welt unter Berufung auf Bloomberg berichtet.
Die Ausgabenkürzungen sollen alle Ressorts betreffen, mit Ausnahme des Bundesverteidigungsministeriums, wie ungenannt gebliebene Regierungskreise erklärten. Die allgemeinen "Einsparungen" könnten etwa zur Hälfte die Haushaltslücke schließen. Wie die restlichen Mittel aufgebracht werden können, sei noch unklar. Strittig sind bei den SPD-FDP-Plänen vor allem die Sozialausgaben, die der FDP-Vorsitzende Lindner ebenfalls kürzen möchte. Der Bundesfinanzminister vertritt die Ansicht, Kürzungen im Sozialbereich seien erforderlich, weil andernfalls kein "solider Haushalt" aufgestellt werden könne. Allerdings sträuben sich die Sozialdemokraten noch dagegen, insbesondere für "armutsgefährdete Kinder" wollen sie Ausnahmen vorsehen.
Im kommenden Haushaltsjahr müssen voraussichtlich zehnmal mehr Mittel für den Schuldendienst aufgewendet werden als noch im Jahr 2021, als der Wert für Zinszahlungen bei vier Milliarden lag. Ungeachtet der dadurch zu erwartenden Härten hätten die Ampelkoalitionäre sich darauf verständigt, dass die Bundesregierung ab 2024 wieder die sogenannte Schuldenbremse einhalten werde. In den vergangenen drei Jahren war die rigide Regelung – Begrenzung der jährlichen Neuverschuldung auf maximal 0,35 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts – aufgrund der Corona-Maßnahmen und der Energiekrisenpolitik ausgesetzt worden.
Eine Stellungnahme zu den Haushaltsplänen aus dem FDP-geführten Finanzministerium sei unter Verweis auf die noch laufenden Abstimmungen nicht zu erhalten gewesen, hieß es.
Rechnung ohne die Grünen
Allerdings steht zu vermuten, dass die Grünen als dritter Koalitionspartner die sozialliberalen Pläne nicht ohne Weiteres durchwinken werden. So hatte Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck bereits höhere Steuern, gerade für Besserverdienende, ins Gespräch gebracht.
Ob sich allerdings die FDP darauf einlassen wird, erscheint im Augenblick mehr als fraglich. Zumal Habeck – angeschlagen durch die Graichen-Affäre und die stockenden Beratungen über das von ihm favorisierte Wärmepumpen-Heizungsgesetz – geschwächt erscheint.
Allerdings haben die Koalitionäre noch bis Anfang Juli Zeit, ihre Pläne dem Bundestag vorzulegen. Die eigentlichen Haushaltsberatungen finden nach der Sommerpause im September statt.
Kompromisse, aber keine Kürzungen bei der Bundeswehr
Wie aus Regierungskreise verlautete, könnte ein Kompromiss mit den Grünen darin bestehen, die Subventionierung von bestimmten Dieselkraftstoffen zu kürzen. Damit käme man den Grünen entgegen, die diese Forderung schon seit längerer Zeit erheben. Aber auch hier möchte die FDP wohl keine allzu großen Einschnitte sehen. In jedem Falle würden die Kürzungen auf diesem Gebiet nicht ausreichen, um die bestehende Lücke zu schließen.
Unstrittig zwischen allen Koalitionspartnern, nicht nur der SPD und FDP, dürften die Ausgabensteigerungen für die Bundeswehr bleiben. Zwar hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) für sein Ressort einen Zuschlag von 10 Milliarden Euro verlangt, doch könnten es 2024 'nur' bis zu drei Milliarden Euro mehr werden, die die Truppe erhalten soll. Und wenn der 2022 eingeführte Nebenhaushalt von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr ("Sondervermögen") ausgeschöpft sei, seien sogar 20 Milliarden Euro zusätzlich notwendig, rechnet die Welt vor. Nur so ließe sich das seit 2014 propagierte sogenannte Zwei-Prozent-Ziel der NATO – zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das Militär – erreichen.
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