Wenn die Regierung eines Landes Hunderte Millionen EUR in professionell erstellte Werbekampagnen stecken muss, um den Bürgern ihre Politik zu verkaufen, dann kann es mit der Politik nicht weit her sein, könnte man meinen. In dem Fall muss es um die Politik der deutschen Bundesregierung besonders schlecht bestellt sein. Wie die Antwort der Bundesregierung (Drucksache 20/6676) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion kürzlich nämlich zeigte, sind die jährlichen Ausgaben für PR-Maßnahmen von gleich mehreren Ressorts der Bundesregierung enorm.
Die Abgeordneten wollten wissen, wie viel Geld die Bundesregierung für "Informationsmaßnahmen, Anzeigen, Kampagnen und Werbung" 2020 bis 2022 pro Jahr ausgegeben hat, auch für welche Themen bzw. Kampagnen und welche Werbeagenturen bzw. Influencer beauftragt wurden.
Die in der Antwort angegebenen Ausgaben entsprechen nicht den Budgets, die an die Dienstleister gezahlt wurden, sondern den Gesamtausgaben der Bundesregierung. Sie verschaffen aber einen guten Eindruck, wie ertragreich und daher wichtig ein gutes Verhältnis zur Bundesregierung für die Werbe- und Medienbranche ist. Denn in der Tat sind es Unsummen an Steuergeldern, die die Bundesregierung zum Zweck ihrer eigenen Politik ausgibt.
Budgets für Influencer relativ gering
So waren es allein 2020 schon rund 177 Millionen EUR. Im Haupt-Coronajahr 2021 stiegen die Ausgaben aber noch einmal kräftig auf 202 Millionen EUR an und blieben im Folgejahr mit 195 Millionen EUR fast gleich hoch. Der Löwenanteil fällt hier auf die Sparten Außenwerbung mit 146 Millionen EUR, Druckerzeugnisse mit 136 Millionen EUR und Online-Werbung mit 121 Millionen EUR. Erst mit deutlichem Abstand folgen Fernsehen, Radio und Kino.
Bei den Ausgaben für Influencer sind die Kosten jedoch eher gering. Die Kosten pro Influencer liegen durchschnittlich im vierstelligen Bereich (die jeweiligen Budgets müssen, wie zuvor erwähnt, niedriger liegen). Den mit Abstand größten Aufwand hatte die Bundesregierung für ihre Kampagne für die "Corona-Warn-App". Fast 100 Influencer nahmen an der Kampagne teil.
Über eine Million EUR ließ das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung sich diese Kampagne kosten, also rund 11.000 EUR pro Influencer. Die Kampagne "Lass dich impfen", an der fünf Influencer teilnahmen, kostete knapp 250.000 EUR und damit sogar fast 50.000 EUR pro Influencer.
Verglichen mit den regelmäßigen Kampagnen der verschiedenen Ministerien sind die Kosten für Influencer relativ gering. Die Werbefirmen verdienen da schon besser, wenn auch die meisten Ausgaben im vier-, fünf- oder sechsstelligen Bereich liegen. Bei besonders wichtigen Themen geht es aber richtig ins Geld. Dann werden auch gut und gerne mehrstellige Millionenbeträge für Kampagnen gezahlt, die die Regierungspolitik bewerben. Besonderen Werbebedarf hatten in den letzten drei Jahren offenbar, welch Überraschung, das Gesundheitsministerium, das Verteidigungsministerium und das Wirtschaftsministerium.
141 Millionen EUR für "Corona-Kommunikation"
Das Wirtschaftsministerium gab bereits 2020 und 2021 mehrere Millionen EUR für augenscheinlich "grüne" Themen aus. 2022 verneunfachten sich aber dann die Kosten, als für die sogenannte "Energiewechsel-Kampagne" 36 Millionen EUR ausgegeben wurden. Das Verteidigungsministerium gab drei Jahre in Folge im Durchschnitt 25 Millionen EUR für die Personalwerbung aus.
Die nur sechsstelligen jährlichen Beträge, die das Auswärtige Amt für ihre Ausbildungswerbung und Stellenanzeigen ausgibt, erscheinen hier schon beinahe bescheiden. Die Frage stellt sich aber trotzdem: Will sich etwa partout niemand bewerben oder wie darf man die gleichbleibenden Kosten verstehen?
Keines der anderen Ressorts der Bundesregierung hatte aber annähernd so viel Steuergelder für Werbung ausgegeben und kein Thema war der Politik so teuer wie die "Corona-Kommunikation" des Gesundheitsministeriums unter Jens Spahn. 2020 entstanden für insgesamt zehn Kampagnen zum Thema "Corona-Kommunikation" bzw. "Unterstützung der Pflegekräfte" Kosten von fast 8 Millionen EUR. 2021 stiegen diese Kosten auf stolze 141 Millionen EUR.
Den dicksten Fisch zog offenbar die Carat Deutschland GmbH an Land. Kosten der Kampagne: über 134 Millionen EUR. 2022, als der Corona-Goldrausch noch nicht ganz abgeflaut war, ließ das Gesundheitsministerium noch einmal 110 Millionen EUR für entsprechende Werbung springen.
Gute Beziehungen zur Bundesregierung lohnen sich
Offenbar hat bei der Wahl der Agentur jede Bundesregierung da ihre Vorliebe. Während 2020 und 2021 noch die Carat Deutschland GmbH bei Aufträgen des Wirtschaftsministeriums, des Finanzministeriums, des Justizministeriums, des Landwirtschaftsministeriums, des Familienministeriums, des Bildungsministeriums und des Presse- und Informationsamts überwiegt, ist es 2022, ein Regierungswechsel später, nun die Mediaplus Gruppe. Beliebt sind aber offenbar auch die Weischer.JvB GmbH, die PHD Germany GmbH, die ZANATTA media group, die DIEMEDIAFABRIK Agentur für Mediaberatung, die SYZYGY Performance Marketing GmbH, die add2 GmbH und die Scholz & Berlin GmbH.
Für das Jahr 2023 hat das Wirtschaftsministerium übrigens bereits Mittel über schlappe 5 Millionen EUR für die Kampagne zum Thema "Energiewechsel" vorgesehen und eine weitere Million für das Thema "Fachkräftesicherung". Beide Aufträge gingen an Mediaplus. Die Werbebranche – oder zumindest die von der Bundesregierung bevorzugten Agenturen – werden sich offenbar auch künftig über volle Auftragsbücher freuen können.
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