Die Enttäuschung und daraus resultierender "Frust" seien in der deutschen Wirtschaft und bei den Verbraucherschützern "riesengroß", so heißt es einleitend in einem Artikel des Springerblatts Bild. In das jüngst beschlossene Gebäudeenergiegesetz sind demnach "so gut wie keine Anregungen der Verbände eingeflossen". Das geht aus den jetzt veröffentlichten Stellungnahmen hervor, aus denen der Bild-Beitrag ausführlich zitiert.
Vorab seitens der Bundesregierung erbetene Stellungnahmen der Fachverbände wurden von insgesamt 88 Verbänden wie erwünscht eingereicht. Hinzugekommen seien noch "Kritik und Anregungen" von den Ministerien der Landesregierungen. Am Ende hätten den Gesetzesmodellierern "105 Stellungnahmen" mit einer Größenordnung von "800 Seiten" zur Verfügung gestanden. Der Chef des Städte- und Gemeindebunds Gerd Landsberg wird nach einem Blick auf den Gesetzesentwurf mit den Worten zitiert:
"Ich habe ernsthafte Zweifel, ob überhaupt Interesse daran besteht, unsere Kritik aufzunehmen. Wir fühlen uns schlicht übergangen."
Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten wirft dem Habeck-Ministerium vor:
"Wir haben eine Stellungnahme im Ministerium abgeliefert, die sagt: Ihr müsst das sozial abfedern. Die Mieter werden bisher mit den Kosten alleine gelassen. Ein Problem ist die Umlage der Kosten auf Mieter. Die muss abgeschafft werden. Und wir fordern die deutliche Ausweitung des Fördervolumens."
Zukünftig betroffene Mieter werden laut Siebenkotten damit "durch das Gesetz weder vor Mieterhöhungen in Folge des Heizungsaustausches noch vor hohen Heizkosten nach der Umstellung auf erneuerbare Energien geschützt". Sollte das Gesetz unverändert in Kraft treten, wären "umfassende Reformen des Mietrechts und eine echte soziale Flankierung" von unbedingter Notwendigkeit.
Für Thomas Engelke von der Verbraucherzentrale Bundesverband muss die finanzielle Unterstützung "insbesondere für Haushalte mit geringem Einkommen" verbessert werden, damit "auch diese die Investitionen für neue teure Heizungen stemmen können". Der Sozialverband VdK schrieb mehr als warnend in seiner Stellungnahme an Habeck:
"Das Aufbringen der Investitionsmittel überfordert viele Menschen finanziell. Im Gegenteil: Es gibt einen signifikanten Anteil von 12,8 Prozent, die komplett ohne eigenes Finanzvermögen sind. Die Hälfte der Eigenheimbesitzer besitzen gerade einmal 34.500 Euro, welche sie für den Umbau ihres Hauses ebenso einsetzen müssen wie für ihre Alterssicherung und Bestattung."
Kai Warnecke, Verbandspräsident von Haus & Grund, erkennt in dem Agieren Habecks ein "Spielen mit den Bürgern". Sein Resümee lautet daher:
"Wer Deutschland umbauen will, muss die Menschen mitnehmen. Das Gesetz wurde aber durchs Kabinett gepeitscht. Die breite gesellschaftliche Diskussion muss das Parlament jetzt nachholen."
Die Bayerische Ingenieurskammer schrieb mahnend an das Habeck-Ministerium: "Die Vorgabe, bereits zum 1. Januar 2024 nur noch 65-Prozent-EE-Anlagen zu verbauen, erscheint vor dem Hintergrund der gegenwärtig vorliegenden Rahmenbedingungen nicht realistisch." EE-Anlagen steht für "Erneuerbare-Energien-Anlagen".
Fachverbände erinnerten in ihren Stellungnahmen daran, dass vorhandene Fachkräfte "für die neuen Anforderungen weitergebildet" werden müssten. Neue ungelernte Fachkräfte benötigen laut der Ingenieurskammer "eine Ausbildungszeit von etwa 2,5 bis drei Jahren". Dazu das generelle Problem – die Lieferzeiten von Wärmepumpen betragen aktuell "zwischen sechs und zwölf Monaten", so die Ingenieurskammer vorwarnend. Forstkammer-Präsident Roland Burger richtete folgenden Sorgenpunkt an Habeck und seine Mitarbeiter:
"Mit der aktiven Bewirtschaftung leisten die Waldbesitzer seit Jahrzehnten einen wesentlichen Beitrag für eine klimafreundliche Bau- und Energiewirtschaft mit dem heimischen Rohstoff Holz. Weitere Eingriffe der Politik erschweren eine nachhaltige Versorgung in der Zukunft."
Abschließend setzen demnach alle beteiligten Verbände ihre Hoffnung auf eine kommende Bundestagsanhörung. Dort soll der kritisierte Gesetzesentwurf "ab Ende Mai beraten werden" – inklusive einer Anhörung der ungehörten und missachteten Expertenvorschläge und Mahnungen aus der Wirtschaft und von den Verbraucherschützern.
Mehr zum Thema - Das neue Gadget der Bundesregierung: die Wärmepumpe