Den Hinweis "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" kennt jeder. Er ist durch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) gesetzlich vorgegeben und darf von Werbetreibenden nicht verändert werden. Nun soll der Warnhinweis nach einem Appell der Vertreter der deutschen Ärzte- und Apothekerschaft an die Bundesregierung durch eine Gesetzesänderung gendersensibler gemacht werden.
Auf Initiative Lauterbachs hatte das Kabinett beschlossen, den bisherigen Warnhinweis in der Werbung neu zu fassen. So soll es künftig heißen:
"Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt oder fragen Sie in Ihrer Apotheke."
Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) findet das unangemessen. Mit der geplanten Formulierung werde nicht nur den in den Apotheken arbeitenden Frauen vor den Kopf gestoßen, sagte die ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Sie sei auch ein Affront gegen den gesamten Berufsstand, kritisierte sie.
"Warum sollten Ärztinnen und Ärzte persönlich und genderkonform genannt werden, die Apotheke aber nur als Ort?", fragte Overwiening.
Overwiening ist die erste Frau an der Spitze der ABDA und damit zugleich auch die erste Frau an der Spitze einer Berufsvertretung der Gesundheits- und Heilberufe auf Bundesebene. Den Vorstoß der Bundesregierung zu mehr Gendersensibilität findet sie grundsätzlich begrüßenswert, schließlich machen Frauen fast 90 Prozent der in öffentlichen Apotheken tätigen Beschäftigten aus. Die ABDA schlägt nach ihren Angaben vor:
"Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und holen Sie ärztlichen oder apothekerlichen Rat ein."
Ärzte- und Apothekerschaft haben im Dezember an die Ampelkoalition appelliert, den Pflichttext bei der Arzneimittelwerbung geschlechtergerecht umzuformulieren. "Die gesetzlich vorgegebene Formulierung passt nicht mehr in die Zeit", sagte damals Ärztepräsident Klaus Reinhardt.
ABDA-Chefin Overwiening schlug mehrere Textvarianten beim Warnhinweis vor, berichtete RND: "Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" sollte etwa gleichsam mit "Fragen Sie Ihre Ärztin oder Ihre Apothekerin" zulässig sein. Aber auch die Kombinationen "Fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Apothekerin" oder "Fragen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Apotheker" seien ebenso gleichberechtigt. "Jede und jeder Werbetreibende könnte dann frei und flexibel eine dieser Formulierungen einsetzen und damit auch eine öffentlich sichtbare Selbstauskunft über das eigene Unternehmen hinsichtlich einer geschlechtergerechten Sprache geben", argumentierte sie.
Doch ihre Ideen wurden vom Gesundheitsminister nicht berücksichtigt und der Streit um die richtige Fassung im Werbetext wird offenbar weitergehen. Um jedem gerecht zu werden, könnte man allerdings von der Aufzählung der Geschlechter absehen und den Rat ganz allgemein fassen, so wie etwa in der Schweiz:
"Lassen Sie sich von einer Fachperson beraten und lesen Sie die Packungsbeilage."
Der Text aus der Schweiz ist nicht nur kurz und verständlich. Gegenüber den in Deutschland diskutierten Ideen hat er einen entscheidenden Vorteil: Von ihm könnten nicht nur Mann und Frau, sondern auch eventuell weitere Geschlechter, die noch entdeckt werden können, frei jeglicher Ausgrenzung angesprochen werden.
Während sich nun die Geister etwas "verspätet" über die gendergerechte Gesetzesänderung streiten, zeigen sich immer mehr Deutsche gegenüber dem Problem mit dem richtigen Gendern gleichgültig oder sogar ablehnend. Eine repräsentative Umfrage des WDR hat im Februar ergeben, dass nur 16 Prozent der Befragten Gendern als wichtiges Thema erachten. "Gar nicht wichtig" sei es für 41 Prozent. Diese Personengruppe ist seit 2020 um mehr als elf Prozent gewachsen. Abgelehnt werden allerdings vor allem das sogenannte Gendersternchen oder das Pausieren innerhalb eines Wortes, der sogenannte Gender-Gap, während die Doppelnennung des männlichen und weiblichen Geschlechts mehrheitlich immer noch Zuspruch erhält.
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