Ostermarschabschluss: "Es gilt, den Frieden zu gewinnen, nicht den Krieg"

Mit großer Beteiligung von Vertretern linker Parteien wurde der mehrteilige Ostermarsch Rhein-Ruhr in Dortmund beendet. Neben der Überzeugung, dass Deutschland keine Waffen gegen Russland liefern dürfe, wurde auch vorgetragen, weitere westliche Waffenlieferungen führten nur zu einer sinnlosen Verlängerung eines bereits verlorenen Krieges.

Von Felicitas Rabe

Zwischen Köln, Düsseldorf und verschiedenen Ruhrgebietsstädten sind Friedensinitiativen zu einer Rhein-Ruhr-Ostermarschkoordination zusammengeschlossen. Von Karfreitag bis Ostermontag haben sie 14 Friedensveranstaltungen in der Region durchgeführt. Am Ostermontag, endeten die diesjährigen Rhein-Ruhr-Ostermärsche mit einem letzten Friedensmarsch bis zum Hansaplatz in Dortmund. Dort versammelten sich rund 500 Friedensaktivisten zur Abschlusskundgebung. 

Am Abschluss in Dortmund beteiligten sich neben Friedensinitiativen, und neben Naturfreunden und mehreren NGOs auch viele Vertreter linker Parteien und Organisationen. Die roten Fahnen der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) und anderer linker Parteien und Institutionen waren deutlich präsent. Neben der DKP nahmen Vertreter der Linkspartei, der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) oder der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken teil.

Während andere Ostermarschorganisatoren laut den Aufrufen das Mitführen von Parteifahnen und -abzeichen kategorisch ausschlossen, war das unter den eher linken Friedensaktivisten im Ruhrgebiet offensichtlich kein Thema. Wie sich der Unterstützerliste vom März entnehmen lässt, wurde der Aufruf zum Ostermarsch Rhein-Ruhr neben Friedensorganisationen gleich mehrfach von DKP-Stadtverbänden und Kommunalvertretungen der Partei der Linken unterzeichnet.

Eröffnet wurde die Abschlusskundgebung von der langjährigen Friedensaktivistin Doris Borowski vom Dortmunder Friedensforum. Insbesondere aufgrund seiner Geschichte und der Schuld am Tod von Millionen Russen im Zweiten Weltkrieg dürfe Deutschland nicht "getrieben von EU und NATO" mit Waffenlieferungen wieder einen Krieg gegen Russland unterstützen, erklärte Borowski und appellierte an die Kundgebungsteilnehmer:

"Es gilt, den Frieden zu gewinnen, nicht den Krieg!" Der Haltung der deutschen Außenministerin, wonach Russland zu minimieren sei, dürfe man nicht folgen.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag war durch Lühr Henken in Dortmund vertreten. Nachdem 62 Prozent der Deutschen laut einer Umfrage des Allensbacher Instituts für Meinungsforschung gegen Waffenlieferungen in die Ukraine seien – in Ostdeutschland 76 Prozent und in Westdeutschland 58 Prozent –, vertrete die Bundesregierung mit ihrer Pro-Waffenlieferungs-Position eine Minderheitenmeinung, erläutere Henken die Stimmung in Deutschland. Auch er plädierte für einen sofortigen Waffenstillstand im Ukrainekrieg.

In seiner Begründung erklärte er, dass die Ukraine nach militärischen Berechnungen schließlich gar nicht mehr in der Lage sei, den Krieg zu gewinnen. Um Russland wieder aus seinen Stellungen in der Ukraine zu vertreiben, bräuchte das ukrainische Militär eine zwei- bis dreifache Überlegenheit an Material und Menschen. Nach einem Jahr Krieg verfüge sie aber nur noch über 1.000 Kampfpanzer, zudem seien ihre Panzerfabriken zerstört. Russland habe weiterhin rund 2.700 Kampfpanzer im Einsatz und dazu noch 5.000 solcher Panzertypen im Depot.

Aus dem Westen könnten aktuell nur ein paar hundert Kampfpanzer geliefert werden. Bulgarien und Rumänien könnten noch jeweils 50 Kampfpanzer aus alten Sowjetbeständen bereitstellen. Mit diesem Kräfteverhältnis könne die Ukraine den Krieg nicht mehr gewinnen, betonte der Friedensratssprecher. Und weil der Krieg demnach schon verloren sei, müsse man jetzt verhandeln, so quasi Henkens Darlegung. Wortwörtlich sagte er:

"Die Kräfteverhältnisse lassen nur einen Schluss zu – dass die Ukraine 2023 nicht gewinnen wird. … Die Ukraine ist gut beraten, jetzt in Verhandlungen einzutreten."

Im Gespräch mit der Berichterstatterin fasste Borowski die Forderungen der Friedensbewegung zusammen: verhandeln, deeskalieren und keine Waffenlieferungen an die Ukraine. Zum Streit innerhalb der Friedensbewegung, ob man Russland einen Angriffskrieg vorwerfen solle, stellte sie fest, dass es jetzt nicht um diese Frage gehen sollte. Ihrer Meinung nach ist es viel wichtiger, darauf hinzuweisen:

"Dieser Krieg wäre zu verhindern gewesen, wenn man Russland in die Friedenssicherung Europas einbezogen hätte."

Wie es dazu gekommen sei, dass die deutsche Friedensbewegung in der Frage der Waffenlieferungen gespalten sei und so viele Friedensaktivisten für Waffenlieferungen an die Ukraine votierten, wollte die Autorin von Borowski wissen.

"Die Medien haben Russland schon seit langer Zeit als Feindbild aufgebaut – viele sind darauf hereingefallen."

Doch mittlerweile sei die Stimmung in Deutschland gekippt. Die Mehrheit der Deutschen sei gegen Waffenlieferungen. Aber die Politik höre nicht darauf. Die 79 Jahre alte Friedensaktivistin setze sich für den Frieden ein, solange sie denken könne.

"Wir können nicht jedes Mal einen Feind aus jemanden machen, der anders denkt. Und vor allem dürften wir nicht denken, wir seien in Fällen unterschiedlicher Auffassung immer die Guten."

Als Warnung vor der Weiterführung dieses Kriegs zitierte die Dortmunderin aus Bertolt Brechts "Offenem Brief an die Künstler und Schriftsteller aus dem Jahr 1951":

"Das große Karthago führte drei Kriege. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr aufzufinden."

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