"Meinungsfreiheit verteidigen!" – Initiative gegen Verengung der Debattenräume gegründet

Die Meinungsfreiheit, garantiert durch Artikel 5 des Grundgesetzes, ist in den vergangenen Jahren unter Druck, ja in Gefahr geraten. Eine Initiative wendet sich nun gegen die zunehmenden Einschränkungen dieses Grundrechts, das für eine Demokratie unverzichtbar ist.

Mitte März 2023 hat eine private Initiative, die sich um die Berliner Friedensaktivistin Laura von Wimmersperg und den Rechtsanwalt Hans Bauer gebildet hatte, einen Appell veröffentlicht, der zur Verteidigung der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit aufruft. Den Anstoß zum Verfassen des Appells gab die Beobachtung, dass politische Meinungsäußerungen immer häufiger "Benachteiligungen und sogar Konsequenzen auf juristischer Ebene zur Folge haben", wie es in der begleitenden Pressemitteilung heißt, die RT DE zusammen mit dem Appell vorliegt.

Überparteiliche Initiative

Die Initiatoren, denen sich bislang rund 40 Unterstützer angeschlossen haben, betonen, dass sie zwar "unterschiedlichen Parteien, Organisationen oder Vereinen" angehören, "aber nicht in deren Auftrag oder Namen" handeln. Die "Beschränkung der freien Meinungsäußerung, wie sie sich bereits durch "Anzeichen von Vorsicht oder von Angst" beispielsweise in Diskussionsrunden zeige, stelle ein Gefahrenpotenzial für die Demokratie dar. Die Initiatoren und Unterstützer sind überzeugt, dass sich nur "eine aufgeklärte, informierte Gesellschaft souverän für die Erhaltung des im Grundgesetz garantierten Artikel 5 einsetzen" kann.

So diagnostiziert der Appell zur Verteidigung von Artikel 5 zunächst eine umfassende Krise, in der sich Deutschland befindet. In den vergangenen Jahren hätten deutsche Innen- wie Außenpolitik die Gesellschaft insgesamt in eine krisenhafte Lage gebracht:

"Sanktionen und Wirtschaftskrieg, Aufrüstung und Kriegsbeteiligung, Corona- und Klimapolitik haben zu Inflation, Preissteigerung, Energiekrise und in deren Folge zu einem massiven sozialen Abstieg für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung geführt."

Zudem habe sich der Eindruck verfestigt, die "politisch Verantwortlichen" seien "unfähig und unwillig, ihrer verfassungsmäßigen Pflicht, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden sowie dem Friedensgebot des Grundgesetzes gerecht zu werden".

Antirussische Transatlantiker

So habe die deutsche Außenministerin eine "deutsch-amerikanische 'Führungspartnerschaft'" verkündet, während der Wirtschaftsminister dem "US-Präsidenten eine 'dienende Führungsrolle' im Kampf gegen Russland" versprochen habe. Mit dem "Ziel, Russland zu ruinieren", ruiniere man das eigene Land. Klar benennt die Initiative die Verantwortung der Berliner Regierung für die zunehmende Kriegsgefahr in Europa:

"Als NATO-Mitglied und mit Führungsanspruch in der EU tragen Bundesregierung und Bundestag mit ihren Entscheidungen zur Eskalation der militärischen Auseinandersetzungen in der Ukraine bei und schüren mit Waffenlieferungen in das Kriegsgebiet und mit Feindseligkeiten insbesondere gegen Russland die Konfrontation zwischen den Staaten. Diplomatische Wege zur Beendigung des Krieges und zur Lösung des Konflikts werden abgelehnt."

Diese Politik sei eine "des wirtschaftlichen und sozialen Niedergangs", der mit dem "Abbau demokratischer Rechte" einhergehe. Dazu heißt es weiter im Appell:

"Besonders betroffen sind die Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit, wie sie in Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert sind. Obwohl demokratische Mitbestimmung voraussetzt, dass sich jeder – so auch verfassungsrechtlich entschieden – 'aus allgemeinen Quellen ungehindert unterrichten kann', wird dieses Recht durch die mediale Dominanz der Regierungspolitik zunehmend eingeschränkt."

Staatsmedien

Allerdings verhinderten auch Konzern- und öffentlich-rechtliche Medien eine "allseitige Informiertheit und somit eine freie unabhängige Meinungsbildung", stellt der Appell fest. Die gegenwärtige Medienkultur zeichne sich durch "Desinformation und Manipulation der Bevölkerung" aus. Dazu konstatiert die Initiative:

"Wer die verordnete offizielle Meinung zum Ukraine-Krieg nicht teilt, kritisiert und dies öffentlich kundtut, wird diffamiert, bedroht und sanktioniert oder ausgegrenzt."

Selbst praktische Solidarität und humanitäre Hilfe – etwa für die Menschen im Donbass – werde "medial diffamiert und unterliegt Sanktionen". Kritische Medien, die jenseits des Mainstreams berichteten, "werden in ihrer journalistischen Arbeit durch behördliche Maßnahmen behindert". Auch russische Künstler und Wissenschaftler sähen sich einem Generalverdacht ausgesetzt. Dazu stellen die Initiatoren fest:

"Normale zwischenstaatliche Beziehungen zu Russland werden abgelehnt. Freundschaft mit Russen macht verdächtig. Das Zeigen sowjetischer und russischer Symbole und Freundschaftsbekundungen zur Russischen Föderation werden staatlich missbilligt oder gar verboten."

Kriminalisierung

Selbst die Kriminalisierung Andersdenkender hat eine neue Stufe erreicht. Der Appell führt als Beispiel den Fall des Berliner Friedensaktivisten Heinrich Bücker an. Bücker, der Betreiber des Coop Anti-War Café ist, wurde bloß aufgrund einer Meinungsäußerung vom Amtsgericht Tiergarten in Berlin zu einer hohen Geldstrafe verurteilt (RT DE berichtete).

Seine Rede im Rahmen einer Friedenskundgebung am 22. Juni 2022 am sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park, Berlin, gehalten anlässlich des Jahrestages des Überfalls auf die Sowjetunion, war ihm zum Verhängnis geworden. In diesem Zusammenhang stellt der Appell fest:

"Kriminalisiert wird, wer die historische Entwicklung zum heutigen Konflikt aufzeigt, deren Wurzeln schon im Raub- und Vernichtungskrieg Nazi-Deutschlands gegen die UdSSR und in der Kollaboration ukrainischer Faschisten mit den deutschen Besatzern liegen. Kriminalisiert wird, wer den Einfluss der Nachfolgeformationen dieser Nazi-Kollaborateure auf die heutige Politik der ukrainischen Regierung benennt und sich mit den Beweggründen Russlands zur militärischen Intervention befasst."

Als weitere Einschränkung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung machen die Initiatoren auf die Tatsache aufmerksam, dass allzu freimütige politische Äußerungen nun zum Fall für die Strafjustiz gemacht worden seien:

"Durch die Erweiterung des Strafrechts mit der neuen Fassung des §130 StGB wird die Gesinnungsjustiz noch verschärft."

Die Verfasser ziehen aus den genannten Beobachtungen die Schlussfolgerung, dass in "einer solchen Atmosphäre" nunmehr "offene Debatten, der Austausch und die Darstellung unterschiedlicher Auffassungen in Medien, Wissenschaft, Kunst, Kultur und anderen Bereichen kaum mehr möglich" seien. Das öffentliche Abwägen unterschiedlicher Argumente als Voraussetzung für eine "wirklich freie Meinungsbildung" sei "ausgeschlossen". Die Folgen zeigten sich in "Voreingenommenheit und Unkenntnis, aber auch Einschüchterung, Angst, Selbstzensur und Heuchelei". Und weiter: "Mit der Würde des Menschen und der Freiheit der Persönlichkeit ist dies unvereinbar."

Der Appell zur Verteidigung der Meinungsfreiheit schließt mit folgendem Aufruf:

"Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte fordern wir, dieser gefährlichen Entwicklung Einhalt zu gebieten. Wir rufen dazu auf, die grundgesetzlich verbriefte Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit zu verteidigen, wo und wann immer sie eingeschränkt wird."

Unterstützt wird der Appell von: Dr. Wolfram Adolphi, Politikwissenschaftler, Schriftsteller; Rolf Becker, Schauspieler; Prof. Dr. Wolfgang Bittner, Schriftsteller und Publizist; Marguerite Blume-Cárdenas, Bildhauerin; Volker Bräutigam, Journalist; Gudrun Brüne, Malerin, Graphikerin; Dr. Reiner Burkhardt; Dr. Diether Dehm, Liedermacher, Komponist; Tino Eisbrenner, Lyriker, Komponist, Autor; Wolfgang Gehrcke, ehem. MdB; Uli Gellermann, Journalist, Filmemacher; Gabriele Gysi, Schauspielerin, Regisseurin; Klaus Hartmann, Präsident der Weltunion der Freidenker; Evelyn Hecht-Galinski, Publizistin; Heidrun Hegewald, Malerin, Graphikerin, Autorin; Ulrich Heyden, Korrespondent in Moskau; Prof. Dr. Helga Hörz, Philosophin: Benedikt Hopmann, Rechtsanwalt; Friedhelm Klinkhammer, Publizist; Dr. Hartmut König, Liedermacher. Publizist; Prof. Dr. Anton Latzo, Historiker; Dr. med. Karl-Gustav Meyer; Amir Mortasawi, Arzt, Autor; Dr. Matthias Oehme, Verleger; Prof. Dr. Norman Paech, Völkerrechtler; Major a. D. Florian Pfaff, Darmstädter Signal; Gina Pietsch, Sängerin, Schauspielerin; Bernd Quinque, Handwerksmeister; Christiane Reymann, Publizistin; Dr. Jürgen Rose, Oberstleutnant a. D., Darmstädter Signal; Walfriede Schmitt, Schauspielerin; Renate Schoof, Schriftstellerin; Dr. Arnold Schölzel, Journalist; Eberhardt Schultz, Menschenrechtsanwalt; Ekkehard Sieker, Wissenschaftsjournalist; Margot Wahl, Publizistin; Willi Wahl, Publizist; Andreas Wessel, freier wissenschaftlicher Autor, Publizist; Dr. Anne Wessel, Erziehungswissenschaftlerin; Prof. Dr. Karl-Friedrich Wessel, Philosoph.

Heruntergeladen werden kann der Appell zur Verteidigung der Meinungsfreiheit hier:

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