Von Björn Kawecki
Der regierungsfreundliche Journalist Tilo Jung ist bekannt für seine bohrenden Fragen. 2022 brachte er sogar den ukrainischen Botschafter Andrej Melynk zu Fall, als er ihn nach seinem Verhältnis zum Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera befragte. Der ARD-Vorsitzende und SWR-Intendant Kai Gniffke und die Medienstaatssekretärin Heike Raab hatten sich aber offenbar auf eine Sonderbehandlung durch Jung eingestellt. Denn anstatt auf die offenen Wunden vorbereitet zu sein, die es bei der ARD zu Haufe gibt – fehlende Objektivität, Vetternwirtschaft, Verschwendung, enorme Gehälter und Renten für Angestellte, sinkende Löhne für freie Mitarbeiter – versuchten sich Gniffke und Raab in Schönfärberei.
Sogar auf die einfache Frage, ob der Rundfunkbeitrag steigen müsse, verweigerte Gniffke die Antwort. Dabei ist die Höhe des Rundfunkbeitrags im Missverhältnis zu seiner Leistung einer der Hauptgründe, warum viele Bürger die Öffentlich-rechtlichen mittlerweile kritisch sehen.
Im kommenden April wird das Geld angemeldet, das die ARD für die Jahre 2025 bis 2028 brauchen wird. Wird man mehr Geld brauchen als jetzt oder nicht? "Wir reden über das Geld von Krankenpflegern, Polizistinnen, das uns anvertraut worden ist", so Gniffke. Mit diesem Geld müsse man verantwortlich und sorgsam umgehen.
Auch die dritte Nachfrage durch Jung, der sich das spöttische Lächeln schon nach fünf Minuten Sendezeit nicht mehr verkneifen kann, bringt keine Erkenntnis. Stattdessen spielt Gniffke die Böse-Wirtschaft-Karte. Man dürfe nicht zulassen, dass eine Handvoll großer Medienkonzerne den ganzen öffentlichen Diskurs betreibe. Darum ging es.
Mit ihren über acht Milliarden Euro Einnahmen pro Jahr reicht kein deutscher Medienkonzern auch nur annähernd an die ARD heran. Doch natürlich wird keiner der Rundfunk-Funktionäre diese Goldader freiwillig versiegen lassen. Sonst könnte man wenigstens über das Thema Staffelung reden. Medienstaatssekretärin Raab winkt ab: "Ich will mal über Mediennutzungskosten reden." Haushalte zahlten nicht nur die Rundfunkgebühren, sondern auch andere Angebote wie Netflix und Amazon. Im Gegensatz dazu seien die Rundfunkgebühren günstig.
Jung wirft ein, dass der Rundfunkbeitrag bekanntlich nicht freiwillig gezahlt wird. Warum ist es fair, dass eine Studentin genauso viel zahlt wie ein Millionär? Warum zahlen alle den gleichen Beitrag? "Diese Frage ist total berechtigt", so Raab. Doch die sich anschließende Ausflucht ist haarsträubend. Es gebe die ärmeren Bafög-Studenten und die reicheren Start-up-Studenten, so Raab. Den Aufwand, das Gehalt zu kontrollieren, könne niemand leisten.
Zum Schluss kommt es zum Thema politische Einflussnahme, und hier wird es richtig salzig. Als Jung darauf hinweist, dass im Rundfunkbeirat ohne die Stimmen der SPD und CDU niemand Intendant beim ZDF wird, kontert Gniffke mit: "Populismus!" Und Raab ruft dazwischen: "Fake News!". Es fehlte nur noch der Ausruf: "Rechtsradikal!" Den Spott angesichts der beiden getroffenen Hunde Gniffke und Raab trägt Jung vermutlich immer noch auf dem Gesicht.
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