Nach IT-Problemen an Flughäfen: Tausende Flugausfälle wegen Streiks

Vor den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst in der kommenden Woche streiken am Freitag zahlreiche Beschäftigte an sieben Flughäfen. Hiervon ausgenommen sein sollen unter anderem der Transport von Hilfsgütern sowie Privatflüge zur Münchner Sicherheitskonferenz (MSC).

Nachdem am Mittwoch die IT-Systeme der größten deutschen Airline, Lufthansa, wegen eines Kabelschadens zusammengebrochen waren, sind am Donnerstag die Internetseiten mehrerer deutscher Flughäfen offenbar durch Cyber-Attacken lahmgelegt worden. Und für Freitag hat die Gewerkschaft Verdi an sieben deutschen Flughäfen die Beschäftigten mehrerer Bereiche zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Allein am BER fallen am Freitag voraussichtlich 56 Flüge aus. Nicht betroffen von dem Chaos scheinen Privatflieger mit Ziel "Münchner Sicherheitskonferenz" zu sein.

Den Kabelschaden soll ein Bagger verursacht haben. Von den Cyberattacken auf die Webseiten war zwar der Flugverkehr nicht direkt betroffen, allerdings waren Reisende aufgrund der geplanten Streiks angehalten, sich auf den Internetseiten der Flughäfen über mögliche Störungen im Betrieb, wie Flugausfälle oder Verspätungen, zu informieren.

Der Flughafenverband ADV erwartet, dass am Freitag weite Teile des innerdeutschen und internationalen Luftverkehrs nicht stattfinden werden. Die Flughäfen Frankfurt, München, Stuttgart und Hamburg kündigten an, den regulären Passagierbetrieb einzustellen. Laut ADV werde der Warnstreik zu gut 2.340 Flugausfällen führen. "Über 295.000 Passagiere werden zum Spielball der Verdi-Streiktaktik", kritisierte der Verband und sprach von einer "beispiellosen Eskalation".

Von der Arbeitsniederlegung sind auch Dortmund, Hannover und Bremen betroffen. Sie soll am frühen Freitagmorgen beginnen und in der Nacht auf Samstag enden. Nach der ADV-Statistik für das Jahr 2022 stehen die sieben Flughäfen für knapp zwei Drittel (64,5 Prozent) der Fluggäste in Deutschland. Überraschend rief Verdi am Donnerstag noch zu einem Warnstreik am Leipziger Flughafen auf, der am selben Tag um 15:00 Uhr beginnen und bis Freitag, 6:00 Uhr, dauern sollte.
Mit dem Ausstand wollen die Beschäftigten ihren Forderungen im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen Nachdruck verleihen. Neben dem öffentlichen Dienst gibt es örtliche Verhandlungen für die Bodenverkehrsdienste sowie eine bundesweite Tarifrunde für die Luftsicherheit.

Der reguläre Passagierbetrieb werde in Frankfurt am Freitag nicht möglich sein, teilte die Betreiberin Fraport mit. Ausgenommen seien Notflüge. Allein in Frankfurt waren für Freitag 1.005 Flugbewegungen geplant. Fraport sprach von 137.000 betroffenen Passagieren. Sie rief die Fluggäste auf, nicht zum Flughafen zu kommen und sich bei ihrer Fluggesellschaft zu informieren. Auch Umsteiger sind betroffen. Die Lufthansa muss allein an ihren wichtigsten Standorten Frankfurt und München rund 1.200 Flüge streichen, wie ein Sprecher am Mittwochabend angekündigt hat. Tausende Passagiere müssen auf andere Flüge oder die Bahn umgebucht werden.

Hilfsflüge in die Türkei und nach Syrien sind jedoch größtenteils vom Streik ausgenommen, dafür hat Verdi Notdienstvereinbarungen getroffen. Mit Köln, Düsseldorf, Leipzig und Frankfurt-Hahn werden zudem wichtige Frachtstandorte nicht bestreikt. Am größten Cargo-Drehkreuz Frankfurt gehen Frachter von Lufthansa Cargo und Turkish Airlines mit Hilfsgütern an den Start. Geplante Passagierflüge in die Türkei können laut Betreiber Fraport starten, wenn sie von den Gesellschaften als Hilfsflüge deklariert werden. In jedem Fall sei es aber unmöglich, dass Passagiere zustiegen.

Der Stuttgarter Flughafenbetreiber hat erklärt, dass es am Freitag auch keine Frachtflüge geben werde. Verdi hatte angekündigt, im Rahmen einer Notdienstvereinbarung zehn Flüge mit Hilfsgütern und Angehörigen in die Türkei zu ermöglichen. Die Flugsicherung solle mit Notschaltern besetzt sein. Ein Verdi-Sprecher erläuterte, dass es lediglich mit den Luftsicherheitsdiensten eine Notdienstvereinbarung gebe, nicht aber mit der Betreibergesellschaft. Wenn diese sage, der Flughafen sei geschlossen, seien der Gewerkschaft die Hände gebunden. Ziel sei weiter, die zehn Flüge zu ermöglichen. Der Flughafensprecherin zufolge sind nur militärische Flüge, Sicherheitslandungen oder medizinische Flüge ‒ etwa dringende Organspenden ‒ am Freitag möglich.

Der Warnstreik findet zum Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz statt, die von Freitag bis Sonntag dauert. Von der Aussetzung des normalen Passagierbetriebs in München sind Flüge für die Sicherheitskonferenz ausgenommen, betonte der Flughafen. Die Konferenz arbeite daran, die Anreise der Teilnehmer gewährleisten zu können. Verdi-Vizechefin Christine Behle hatte die Anreise mit der Bahn oder über den Flughafen Nürnberg empfohlen.

Am Freitag würden derzeit mehr als 50 Privatflüge zur Sicherheitskonferenz erwartet, sagte der Flughafensprecher. Auch den Donnerstag nutzten einige Teilnehmer demnach bereits zur Anreise. Am Vormittag war die US-Vizepräsidentin Kamala Harris in München gelandet.
Die Münchner Sicherheitskonferenz sei nach Darstellung der Gewerkschaft bei der Entscheidung zum Streik kein Faktor gewesen. "Das ist tatsächlich Zufall. Das war in der Planung überhaupt keine Größe", sagte ein Sprecher von Verdi Bayern. Schließlich werde am Freitag auch dort gestreikt, wo keine Sicherheitskonferenz stattfinde. Auch an den Flughäfen in Frankfurt, Hamburg, Stuttgart, Dortmund, Hannover und Bremen hatte die Gewerkschaft zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen.

Verdi und der Beamtenbund DBB fordern im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. Die Laufzeit soll zwölf Monate betragen. Die Arbeitgeber haben die Forderungen zurückgewiesen. Die zweite Verhandlungsrunde ist für den 22. und 23. Februar in Potsdam geplant. Ein Angebot der Arbeitgeber liegt bislang nicht vor.

Die Arbeitgeber der Luftsicherheitsbranche kritisierten den Ausstand. Der Verband BDLS wehrte sich gegen die gewerkschaftliche Strategie, dass seine Verhandlungen mit denen des öffentlichen Dienstes und der Bodenverkehrsdienste verquickt werden. "Verdi macht gemeinsame Sache mit mehreren anderen Gewerken, und so verschwimmen für Außenstehende die Ziele und Grenzen des Streiks. Dies wird ganz bewusst so ausgenutzt", sagte BDLS-Verhandlungsführer Rainer Friebertshäuser.

Verdi will die Arbeitgeber dazu bewegen, ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen. "Die Beschäftigten, die gerade an den Flughäfen häufig prekär beschäftigt sind, brauchen jetzt Zeichen von den Arbeitgebern, dass sie sich bewegen, und sie brauchen vor allem schnell deutlich mehr Geld", so Verdi-Vizechefin Behle. Im Vordergrund stehen die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst, die am Mittwoch und Donnerstag kommender Woche in zweiter Runde fortgesetzt werden.

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(dpa/rt)