Die Wiederholung der Berliner Abgeordnetenhauswahl verlief für die Sozialdemokraten katastrophal. Nicht nur, dass die SPD nicht mehr die stärkste Kraft in der Hauptstadt ist, sie brachte in 78 Wahlkreisen gerade einmal vier Direktkandidaten durch. Sogar die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey fuhr eine Niederlage in ihrem Wahlkreis in Berlin-Neukölln ein.
Giffey verlor ihr Direktmandat an den CDU-Kandidaten Olaf Schenk. Nach Auszählung aller Gebiete lag die SPD-Politikerin bei 29,6 Prozent der Erststimmen, Schenk bei 45,3 Prozent. Über die Liste ihrer Partei hat die Spitzenkandidatin Giffey aber einen Platz im Abgeordnetenhaus sicher. Bei der Wahl im September 2021 hatte die heute 44-Jährige ihr Direktmandat noch mit 40,8 Prozent der Erststimmen geholt.
Auch der Co-Vorsitzende Raed Saleh verlor sein Direktmandat. Der SPD-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus musste sich in seinem Wahlkreis in Berlin-Spandau dem CDU-Kandidaten Ersin Nas geschlagen geben. Nach vorläufigen Ergebnissen kam Nas auf 33,6 Prozent der Erststimmen, Saleh demnach auf 25,9 Prozent. Zuvor hatte es Saleh viermal direkt ins Landesparlament geschafft. Die Sozialdemokraten verloren insgesamt 21 Direktmandate in Berlin.
Die Grünen verloren vier von 24 Direktmandaten. Im gleichen Wahlkreis wie Saleh (Spandau 2) trat auch Grünen-Spitzenkandidatin und Verkehrssenatorin Bettina Jarasch an, sie kam auf nur 10,3 Prozent.
Der CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner schaffte es derweil sein Direktmandat in seinem Wahlkreis (Spandau 5) mit 46,9 Prozent der Erststimmen zu verteidigen. Er übertraf damit zugleich sein Ergebnis von 2021. Damals hatte der 50-Jährige den Wahlkreis mit 36,5 Prozent der Erststimmen gewonnen. Von den 78 Wahlkreisen konnte die CDU 48 direkt gewinnen. Bei der Wahl im Jahr 2021 waren es noch 21. Nicht nur die Direktmandate, die noch 2021 die SPD und die Grünen gewonnen hatten, konnten die Christdemokraten nun für sich entscheiden. Auch in zwei Wahlkreisen, die 2021 noch an die Linke gingen, verbuchte die CDU direkten Erfolg. Die Linke gewann dieses Mal vier Direktmandate, die AfD behielt ihre beiden, die sie auch 2021 gewonnen hatte.
Die CDU hat bei der wiederholten Wahl mit 28,2 Prozent der Stimmen das ohnehin stärkste Ergebnis seit gut 20 Jahren in der Hauptstadt erreicht. Im Jahr 2021 waren es noch 18 Prozent. Laut Wahlforschern verdankten die Christdemokraten das gute Ergebnis vor allem ihren hohen Zweitstimmen-Anteilen in den äußeren Bezirken Berlins: Im Süden in Tempelhof-Schöneberg holte die CDU bis zu 47,3 Prozent, im Norden in Reinickendorf waren es bis zu 43,9 Prozent. Wie es in einem Bericht von ZDF heißt, verhalfen die älteren Wähler der CDU zum Erfolg. Vor allem in jenen Bezirken, in denen der Anteil der Über-60-Jährigen größer ist, fiel das Resultat für die CDU besser aus.
In den inneren Bezirken Berlins konnten wiederum die Grünen Erfolge für sich verbuchen. Beispielsweise in Friedrichshain-Kreuzberg erreichten sie mit 38,3 Prozent ihr bestes Ergebnis. Laut Umfragedaten der Forschungsgruppe Wahlen lagen die Grünen insgesamt vor allem bei den jüngeren Wählern vorn. Bei den Unter-30-Jährigen kam die Partei mit der Sonnenblume im Logo laut Wahlforschern auf 26 Prozent, in der Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen seien es demnach sogar 27 Prozent gewesen. So heißt es etwa im ZDF-Bericht: Je höher der Anteil der 25- bis 35-Jährigen an Wahlberechtigten in einem Gebiet sei, desto besser lief es für die Grünen.
Die Sozialdemokraten schnitten mit 18,4 Prozent so schlecht ab wie nie seit 1950. Bei der Wahl 2021 kam die SPD noch auf 21,4 Prozent. Die Grünen, die seit 2016 mit der Linken und der SPD regieren, erreichten ebenfalls 18,4 Prozent, lagen aber 105 Stimmen hinter den Sozialdemokraten. Im Jahr 2021 kamen die Grünen noch auf 18,9 Prozent. Auf die Linke entfallen 12,2 Prozent (-1,9 Punkte) der Stimmen. Die AfD legte von 8,0 Prozent auf 9,1 Prozent zu. Ein bitterer Wahlabend war es für die FDP, die mit 4,6 Prozent aus einem weiteren Landesparlament flog. Bei der Wahl 2021 kamen die Liberalen noch auf 7,1 Prozent.
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