Laut vorläufigem Ergebnis nach Auszählung aller Wahlkreise kommt die CDU bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin mit ihrem Spitzenkandidaten Kai Wegner auf 28,2 Prozent. Das ist ein Plus von gut zehn Punkten im Vergleich zur Wahl 2021, die wegen der damaligen Pannen nun wiederholt wurde. Die Christdemokraten fuhren damit ihr bestes Ergebnis seit 1999 ein.
Die Sozialdemokraten schnitten mit 18,4 Prozent so schlecht ab wie nie seit 1950. Bei der Wahl 2021 kam die SPD noch auf 21,4 Prozent. Die Grünen, die seit 2016 in der Hauptstadt mit Linken und SPD regieren, erreichten ebenfalls 18,4 Prozent, lagen aber 105 Stimmen hinter den Sozialdemokraten. Bei der Wahl 2021 erreichten die Grünen 18,9 Prozent. Auf die Linke entfallen 12,2 Prozent (-1,9 Punkte) der Stimmen. Die AfD legte auf 9,1 zu (8,0). Ein bitterer Wahlabend war es für die FDP, die mit 4,6 Prozent aus einem weiteren Landesparlament flog. Bei der Wahl 2021 kamen die Liberalen noch auf 7,1 Prozent.
Die Berliner CDU fuhr das stärkste Ergebnis seit gut 20 Jahren ein und erhob den Anspruch, eine Regierung unter ihrer Führung zu bilden. Möglich wäre ein Zweierbündnis – entweder mit der SPD oder den Grünen. Doch könnten auch SPD, Grüne und Linke ihre bisherige Koalition fortsetzen. Weil die SPD nach Auszählung aller Stimmen knapp vor den Grünen liegt, könnte SPD-Regierungschefin Franziska Giffey in diesem Fall Regierende Bürgermeisterin bleiben.
Nach Angaben des Landeswahlleiters gibt es 159 Sitze. Davon erhält die CDU 52. Die SPD und die Grünen bekommen je 34 Mandate. Die Linke kommt auf 22 Sitze, die AfD auf 17.
CDU-Spitzenkandidat Wegner sprach von einem "phänomenalen" Erfolg und sagte:
"Unser Auftrag ist es, eine stabile Regierung zu bilden."
Berlin habe den Wechsel gewählt. Er kündigte an, SPD und Grüne zu Sondierungen einzuladen. Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz schrieb auf Twitter:
"Der klare Regierungsauftrag für die CDU ist der erste Schritt hin zu unserem Ziel, dass die Bundeshauptstadt besser funktioniert."
Franziska Giffey sprach derweil von einem schweren Abend für ihre SPD – und "daran gibt es nichts zu deuteln". Doch sei es kein Automatismus, dass nun die CDU den Regierungschef stelle. "Auch ein Herr Wegner wird politische Mehrheiten organisieren müssen."
Grünen-Spitzenkandidatin Jarasch betonte ihre Präferenz für die Fortsetzung der bisherigen Koalition mit SPD und Linken. Der Weg zu einer möglichen Koalition mit der CDU ist aus ihrer Sicht im Wahlkampf "ein Stückchen weiter geworden". "Denn da wurden diverse Dinge nochmal zugespitzt", sagte sie am Sonntagabend im ZDF. Die Grünen empören sich über Äußerungen von CDU-Politikern in der Integrationsdebatte nach den Krawallen in der Silvesternacht und fremdeln mit deren betont autofreundlicher Verkehrspolitik. Gleichwohl werde ihre Partei auch mit der CDU reden, so Jarasch.
Nach Einschätzung von Experten profitierte die CDU unter Wegner bei der gerichtlich angeordneten Wiederholungswahl von der Unzufriedenheit mit dem rot-grün-roten Senat. Nur selten habe es für Regierungspolitik schlechtere Noten gegeben, hieß es am Sonntagabend in einer Analyse der Forschungsgruppe Wahlen. Mitverantwortlich für das gute CDU- und das historisch schwache SPD-Ergebnis sei auch gewesen, dass Giffey wenig Zugkraft entfaltet habe. Hinzu komme die Schwäche der FDP und eine gute Mobilisierung der CDU bei älteren Wählern.
Den Wahlforschern zufolge punktete die CDU besonders beim Thema Innere Sicherheit. SPD und Grünen bescheinigte die Forschungsgruppe Wahlen Kompetenzverluste bei den Top-Themen der Wahl – dem Wohnungsmarkt und dem Verkehr.
Wahlberechtigt zur Abgeordnetenhauswahl waren etwa 2,4 Millionen Menschen. Die Wahlbeteiligung lag bei 63,1 Prozent. 2021 waren es 75,4 Prozent, doch wurde in dem Jahr gleichzeitig auch der Bundestag gewählt.
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(rt/dpa)