Die Initiative "Köln ist aktiv" hatte am Samstag unter dem Motto, "wir stehen weltweit für Frieden" zu einem Friedensspaziergang durch Köln aufgerufen. Nach Polizeiangaben beteiligten sich daran etwa 700 Menschen.
Gegen die Kundgebung hatte sich in fünfzig Meter Abstand auf dem Kölner Alter Markt eine kleine Gegendemo formiert, die die Friedensaktivisten lautstark attackierten. Zum Auftakt der Demonstration wurde das Friedenslied "99 Luftballons" von Nena gespielt. Ein Aktivist hatte dafür zeitnah vor Ort Luftballons aufgeblasen, die er an die Demonstranten verteilte.
"99 Kriegsminister, Streichholz und Benzinkanister, hielten sich für schlaue Leute, witterten schon fette Beute",
schallte es da über den Kölner Alter Markt. In seiner Eröffnungsrede sprach einer der Veranstalter von "Köln ist aktiv" darüber, wie sehr er sich gewünscht habe, dass Deutschland im Krieg in der Ukraine als Vermittler und Friedensbotschafter geglänzt hätte und nicht als Waffenlieferant. Die bundesweit engagierte Friedensaktivistin Sandra Gabriel verurteilte in ihrem Vortrag zu Beginn die angeblich linken Teilnehmer der lauten Gegendemo. "Ihr seid keine Linken – ihr seid neoliberale Stiefelknechte des Kapitals", rief sie in deren Richtung.
"Diese angeblich linken Gegendemonstranten, wann haben sie sich für die Linken, die seit 2014 im Donbass ermordet werden, interessiert? Denen rammen sie ein Messer in den Rücken!"
In diesem Krieg ginge es um die Profite der Großkonzerne, insbesondere die des militärisch-industriellen Komplexes und die Dividenden superreicher Aktionäre. Das ließe sich leicht an der Entwicklung der Aktienmärkte erkennen und die nach dem Zweiten Weltkrieg für Deutschland geltende Mahnung, "von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen", würde nicht mehr interessieren.
Schließlich trat eines der Gründungsmitglieder der Partei Die Grünen auf die Kundgebungsbühne: Torsten Lange. Der Grünen-Mitbegründer wurde später deren Landesvorsitzender in Baden-Württemberg. Er war Obmann des Verteidigungsausschusses der BRD und Mitglied im Unterausschuss Rüstungskontrolle unter der Leitung von Egon Bahr.
Lange, der mittlerweile längst bei den Grünen ausgetreten ist, erinnerte noch einmal daran, dass diese Partei, die sich jetzt für Waffen- und Panzerlieferungen einsetze, ursprünglich aus der Friedens- und Ökologiebewegung hervorgegangen sei. Heute nehme man das große Risiko eines Atomkriegs nicht mehr ernst, sorgte sich der ehemalige grüne Spitzenpolitiker. Der Weltkrieg werde geradezu herbeigeredet. Zu den Kriegstreibern bei den Grünen gehöre insbesondere der frühere Bundesvorsitzende Anton Hofreiter (bis 2021). Hofreiter versuche geradezu, die Stimmung für Krieg und Waffenlieferungen anzuheizen.
Dabei hätten die Grünen noch im Wahlkampf 2021, Plakate mit dem Konterfei von Annalena Baerbock verbreitet, auf denen sie mit dem Slogan für sich warben: "Keine Waffen in Kriegsgebiete!" Sie versprachen also vor der Wahl, wenn die Grünen an die Regierung kämen, gebe es keine Waffenlieferungen. Mit diesem Wahlversprechen sammelten die Grünen bei der letzten Bundestagswahl Wählerstimmen, erinnerte Langer.
Es sei pure Propaganda, erklärte der Grünen-Gründer, dass Putin den Westen erobern wolle, daran könne Russland überhaupt kein Interesse haben. Man bräuchte kein Putinversteher zu sein, um einzusehen, dass Atommächte an ihren Grenzen die Stationierung von Atomraketen nicht zulassen könnten.
Im anschließenden Gespräch mit RT erklärte Lange, wie es zu so einer Umkehr der Werte in der einstigen Friedenspartei kommen konnte. Gegründet im Jahr 1980, seien die Grünen ursprünglich aus unterschiedlichen Bürgerinitiativen heraus entstanden: Anti-Atombewegung, Ökologie-Bewegung und Abrüstungsbewegung. Im Jahr 1983 seien sie erstmals im Parlament vertreten gewesen. Im Prinzip sei die Partei "ein Kind von Helmut Schmidt" gewesen, weil die SPD die Themen Ökologie und Atomkraft nicht angemessen aufgegriffen habe.
Während die grüne Basis weiterhin idealistisch geblieben sei, hätte es Lange zufolge bei den Bestrebungen an die Regierungsmacht zu kommen, unter den Grünen von Anfang an zwei unterschiedliche Motivlagen gegeben. Es habe diejenigen grünen Politiker gegeben, die an die Macht wollten, um etwas im Sinne der grünen Werte bewegen zu können, aber es habe eindeutig auch solche Personen gegeben, die nur um der reinen Macht willen mitregieren wollten, die sich um Ideale nicht scherten.
Während die Idealisten, für die Chance, ihre Ideale zu verwirklichen, bei zu vielen Kompromissen nachgaben, hätten sich andere bei ihrem Ringen um Macht von vorneherein nicht mehr für grüne Grundsätze interessiert, so der ehemalige Grüne. Schließlich wurde er gefragt, was er gerne RT gegenüber mitteilen wolle.
"Ich wünsche mir, dass auch russische Medien wieder gehört und gesehen werden dürfen",
so Lange. Von Russland wünsche er sich, dass deutschen Lesern und Zuschauern möglichst immer wieder verdeutlicht werde, dass es eine historische Freundschaft zwischen Russland und Deutschland gebe. Diese Freundschaft müsse unter Berücksichtigung beiderseitiger Sicherheitsinteressen gestaltet werden.
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